In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war er der Bremer Malerfürst, später jedoch kaum noch gefragt: Arthur Fitger. Das Overbeck-Museum zeigt nun unterschiedliche Werke des Künstlers.
Um ihn haben sich die reichen Bremer Bürger gerissen – wenn irgendwo in der Stadt eine Privatvilla oder das Innere eines öffentlichen Gebäudes dekorativ aufgewertet werden sollte, wenn Dampfer des Norddeutschen Lloyd mit Kunst zu verschönern waren, dann wurde zuallererst Arthur Fitger gefragt. Er war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Bremer Malerfürst, als Kunstkritiker eine unumstößliche Autorität in Fragen des künstlerischen Geschmacks, als Autor von Gedichten und Dramen national anerkannt.
Ein gutes Jahrhundert nach dem Tod dieses bedeutenden Bremers käme kein Museum in der Hansestadt oder anderswo auf die Idee, diesen Arthur Fitger mit einer Einzelausstellung zu würdigen. Das Overbeck-Museum traut sich nun dennoch, zeigt Ölgemälde, Zeichnungen und Entwürfe für Wandmalereien und konfrontiert diese Werke mit Bildern von Hermine und Fritz Overbeck.
Museumsleiterin und Kuratorin Katja Pourshirazi wagt die Gegenüberstellung der Zeitgenossen Fitger und Overbeck wegen der „frappierenden Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“, trennt deren Arbeiten in der Ausstellung aber wohlweislich strikt voneinander – allzu tief sind die Gegensätze zwischen der überladenen, rückwärtsgewandten Salonmalerei Fitgers und der damals außerordentlichen modernen naturalistischen Malerei der Overbecks. Zwischen dem idealisierenden Historismus und dem Naturalismus, der das Einfache und Alltägliche zum Bildmotiv erhebt, gibt es keine künstlerischen Brücken.
Vorbilder aus Antike und Barock
Arthur Fitger, 1840 in Delmenhorst geboren und in Kunstakademien in München, Dresden und Antwerpen ausgebildet, erlebte 1869 seinen künstlerischen Durchbruch in Bremen mit der Ausgestaltung eines repräsentativen Raums der Börse. Für Kirchen und andere öffentliche Gebäude, für die Privathäuser bekannter Bremer Familien schuf er Wand- und Deckengemälde, orientierte sich kenntnisreich an Vorbildern der Antike und des Barocks.
Seine allegorischen Darstellungen, die mit Putten und allerlei Zierrat heftig überladenen monumentalen Gemälde trafen den Zeitgeschmack, machten Fitger reich, so dass er ab 1890 in einer eigenen Villa an der Horner Heerstraße Hof halten konnte – dieses Haus wurde Anfang der 1960er-Jahre bei einem Brand zerstört. Fitger profilierte sich nicht nur als Maler über Bremen hinaus, er schrieb auch Theaterstücke und Gedichte, einige vertonte Johannes Brahms.
Zwischen 1870 und 1906 schrieb er zudem Kunstkritiken in der „Weser-Zeitung“, bei der ein Bruder Chefredakteur war. Über diese publizistische Tätigkeit zementierte er seine rückwärtsgewandte Kunstauffassung und wetterte gegen die aufkommende Moderne des Impressionismus und Naturalismus. Unvergessen ist bis heute seine 1899 geschriebene wüste Polemik gegen eine Ausstellung von Marie Bock und Paula Becker in der Kunsthalle, die sich in Wirklichkeit gegen die damals aufstrebenden Worpsweder und Direktor Gustav Pauli richtete, der Fitger einen „in die Malerei entgleisten Schriftsteller“ genannt hatte.
Zeichentalent trotz Handicap
Von Arthur Fitger, dessen Malerei ab 1900 kaum noch gefragt war, sind nur wenige dekorativen Wandgemälde im Forum Kirche an der Hollerallee, im St. Petri Dom, im Ratskeller und im Kaisersaal der Schule St. Johann erhalten. Werke von ihm befinden sich in den Depots diverser Museen, wobei die Städtische Galerie Delmenhorst mit rund 160 Arbeiten über den größten Bestand verfügt.
Von dort, aber auch aus anderen Häusern und aus Privatbesitz konnte das Overbeck-Museum Exponate ausleihen, die belegen, dass Fitgers malerische Fähigkeiten begrenzt, aber sein kompositorisches Vermögen und sein zeichnerisches Talent trotz des Handicaps eines erblindeten Auges beachtenswert war. Ein auch im Entwurf ausgestellter Puttenfries, die drei 1887 entstandenen Gemälde „Liebestraum“, „Liebeslied“ und „Liebeserwachen“, das schmale Hochformat „Eros und Psyche als Schmetterling“ (1906) und die zwischen 1880 und 1882 entstandene schwülstige „Brema mit Löwe und Fahne“ sowie weitere Gemälde belegen das.
Die in Vegesack ausgestellten Arbeiten Fitgers, der im Juni 1909 nur 20 Tage nach Fritz Overbeck starb, sind Zeugnisse des großbürgerlichen Kunstgeschmacks im 19. Jahrhundert, haben insofern vor allem eine kulturhistorische Bedeutung für Bremen. Gegen diese Salonmalerei wirken die gezeichneten und gemalten Landschaftsdarstellungen von Hermine und Fritz Overbeck leicht und frisch, als Zeugnisse für die Relevanz der These von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen.
Ab Mitte August wird es diese Gegenüberstellung in einer völlig anderen Form auch in einer Ausstellung der Städtischen Galerie Delmenhorst geben.