Ab 25. April 1945 saßen wir fast Tag und Nacht im Bunker. Durch die sauerstoffarme Luft war jeder müde, aber trotzdem angespannt. Wir Jüngeren bedienten die Luftorgel. Es war aber heiß, sodass ich mich nur noch im Unterrock auf den Betonboden legte, der etwas Kühle abgab. Keiner redete. Bomben fielen nicht mehr, dafür gab es Kanonendonner, der sich aber in Grenzen hielt. Es waren leichtere Geschütze sowie Maschinengewehre zu hören, hell und hohl klang es im Bunker.
Wenn Pause zwischen den Kanonaden war, kam etwas Bewegung auf. Leute verschwanden nach unten, ich ging auch mit. Vor der Bunkertür standen Männer und rauchten. Eine Wasserpumpe spendete herrlich kühles Nass. Jeder trank aus einer Kelle. Ein deutscher Soldat rannte die Braunschweiger Straße von Ost nach West, hielt bei uns an und bat um Wasser. Eine Frau, die aussah wie eine Puffmutter, sagte: „Einem fliehenden deutschen Soldaten gebe ich kein Wasser.“ Ihr wurde sofort die Kelle aus der Hand gerissen, er bekam sein Wasser, sie beinahe einen Kinnhaken. Ich habe mich geschämt, sollte dieser Soldat etwa so eine Frau verteidigen?
Am 27. April mittags gab es vom Bunkerwart die Durchsage, dass das Ostertor eingenommen sei, alle Männer vom 18. bis zum 60. Lebensjahr müssten den Bunker verlassen. Es wurde totenstill Dann Getrappel, Plätze wurden frei. Alle anderen sollten im Bunker bleiben oder könnten auf eigene Gefahr nach Hause gehen. Ich ging auch wieder nach unten. Einige Menschen gingen zur Lüneburger Straße, ich ging einfach mit, obwohl ich in dieser Richtung nicht wohnte.
Und da sah ich Soldaten mit Tommyhelmen, wie sie von einer Vorgartentreppe zur anderen sprangen. Mein Herz klopfte bis zum Halse. Ich dachte nur, das kann doch nicht wahr sein, wir haben doch Leid und Entbehrungen auf uns genommen, um zu siegen.
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