Ein leerer Raum, hell erleuchtet, nur die Zuschauer, zwei nackte Männer: „Liebes Publikum, heute Abend wird die Schwankhalle“, Kunstpause, Aufmerksamkeit, „zur Schwanzhalle.“ Über die Lautsprecher beginnen Abba „Dancing Queen“ zu singen, und ein erleichtertes Lachen geht durch die Reihen des Publikums.
Tamar Bloom aus den Niederlanden und Kajetan Uranitsch aus Österreich stürzen sich in den sportlichen Teil ihrer Performance, wiegen knapp 15 Minuten lang ihre Hüften vor und zurück – am Boden, an der Wand, im Handstand, auf der Publikumstreppe. Sie haben das Publikum schon nackt empfangen, fixieren es dann mit ihren Blicken. Eine stille Beklommenheit breitet sich aus, jeder Schritt der Tänzer über den Parkettboden mit den nackten Füßen ist deutlich zu hören. Dann beginnen sie mit der Musik den Raum zu erkunden. Der Zuschauer wird zum Voyeur.
„Vielleicht sind auch wir die Voyeure“, sagt Tänzer Tamar Bloom am nächsten Morgen über die Atmosphäre im Neuen Saal in der Schwanz-, pardon, Schwankhalle. Das Publikum weiß schließlich nicht so recht, wo es hinschauen kann, soll, darf; ob es lachen oder die Nase rümpfen darf.
Doch all die Beklemmung löst sich mit der Zeit, der Zuschauer gewöhnt sich an die Bedingungen und beginnt zu schätzen, wie die Tänzer in ihrer Performance einen vermeintlich leeren Raum zu nutzen verstehen. Schließlich und endlich nähern sich beide ruhig aneinander an, verschlingen sich zu einem menschlichen Knoten und stellen zusätzlich die Frage, wo zwischenmenschliche Distanz beginnt oder endet.
Die anfängliche Provokation entpuppt sich als Einladung, Zugang zu all jenen Aspekten zu finden. Die Performance beschäftigt Publikum und Mitwirkende des Outnow-Festivals noch bis weit in den nächsten Tag hinein. Sie bildet in der Bandbreite der fünf zwischen Schwankhalle und Kleinem Haus im Theater Bremen gezeigten Tanzdarstellungen das Extrem.
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