Es ist die erste Einzelausstellung von Luisa Eugeni und Mattia Bonafini, und fast hätte sie nicht eröffnen können. 2019 wurden die Performance- und Videokünstlerin Eugeni und der Komponist Bonafini mit dem Karin-Hollweg-Preis ausgezeichnet, 15.000 Euro Preisgeld, die Hälfte davon zur Realisierung einer Einzelausstellung, dann folgte der kulturelle Stillstand. Seit dem 16. März aber stellen sie aus, bespielen – zwischen Picasso und Miró – mit ihrer multimedialen Installation „Soma“ (aus dem Griechischen für „Körper“, aber auch italienisch für „körperliche Last“) vier Räume in der Bremer Kunsthalle.
Eugeni und Bonafini sind Teil des Künstlerkollektivs Sineumbra. Ihre Installation, die aus Videos, Webarbeiten und Klangkompositionen besteht, wird zusätzlich mit Leben gefüllt durch die Performance-Einlagen weiterer Mitglieder des Kollektivs, Antonio Stella, Gabrio Gabrielli und Anna Jäger. „Die Performance ist das verbindende Element“, erklärt Kuratorin Eva Fischer-Hausdorf dazu. „Sie verbindet die vier Räume zu einem Ganzen.“
Vier Räume, die Komponenten aus Geografie und Psychologie verknüpfen, den Wandel von Landschaft, Gesellschaft und Individuum thematisieren und den Umgang mit traumatischen Erfahrungen behandeln sollen. Mal optisch und akustisch inspiriert von Paolo Pasolinis Essay „Vom Verschwinden der Glühwürmchen“, das den Verfall der Menschlichkeit in einer Konsumgesellschaft aufgreift, mal vom „Cascata delle Marmore“, einem von Menschen geschaffenen Wasserfall nahe der italienischen Gemeinde Terni.
Am eindrucksvollsten gelingt das im dritten Raum der Ausstellung. Hier zeigen Eugenis Filmsequenzen Bilder aus verheerten italienischen Dörfern nach der Erdbebenkatastrophe von 2016, bei der mehrere hundert Menschen starben. Bonafini steuert eine bedrückende Geräuschkulisse aus Rauschen, Brummen und plötzlich auftretenden Knallgeräuschen bei. In der Mitte des Raumes ist das Esszimmer einer betroffenen Familie inszeniert. Am Kopf der Tafel laufen auf einem Bildschirm Interviews mit Pastoren, Obdachlosen oder Umweltaktivisten aus der Region. „Das menschliche Leben ist nahezu bedeutungslos“, sagt ein Seismologe auf Italienisch, während Eugeni erklärt, dass die Performance-Künstler, die sich in diesem Esszimmer bewegen, das Leben realer Personen aufgreifen.
Im Ergebnis wirken die Arbeiten von Eugeni und Nonafini nicht nur im Zusammenspiel, sondern auch für sich genommen. Kein Wunder: Der Entstehungsprozess von „Soma“ war geprägt durch die Pandemie. Das Duo arbeitete weitestgehend unabhängig voneinander, ausgetauscht wurde sich vor allem online. In den Räumen der Kunsthalle, erklärt Kuratorin Fischer-Hausdorf, verschmilzt jetzt alles zu einem Gesamtwerk.
Weitere Informationen
Die Ausstellung „Soma“ ist noch bis zum 25. April in der Kunsthalle Bremen zu sehen.
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