Die Augen blitzen, die Hände gehen hoch, der Preis steigt. Und dann schlägt Auktionator Wollmar von Taube auf den Stützpfeilerbalken und erteilt den Zuschlag: Die Kunstauktion im Overbeck-Museum ist ein im Wortsinne kurzweiliger Spaß: Für 310 Euro findet Mirco Götz’ Gemälde „Die Dame“ eine strahlende neue Besitzerin, für 300 Euro „Am Anfang war der Weg“ von Vera Schöttler.
Um 11.30 Uhr führt Museumsleiterin Katja Pourshirazi ein letztes Mal eine Besuchergruppe durch die Sonderausstellung „Natur und Abstraktion“. Zum Schluss der Runde lädt sie die Teilnehmer gleich auch noch zur Teilnahme an der Auktion ein: „Man kann mit der Ersteigerung eines Gemäldes gleich zwei gute Dinge erreichen: Man tut sich etwas Gutes mit einem tollen Bild. Und uns als Museum unterstützt es bei der Einrichtung und Ausstattung der Malklasse im Obergeschoss.“
Das hat auch Künstlerin Vera Schöttler davon überzeugt, eins ihrer Bilder zu stiften: „Das Interesse von Kindern an der Malerei darf nicht verloren gehen. Eigentlich ist das ja auch etwas ganz Elementares: Jedes Kind malt irgendwann. Aber nicht, wenn es im Elternhaus nicht einmal ein weißes Stück Papier, sondern nur den Computer gibt.“ Sie selbst arbeitet mit Kindern und zeigt ihnen, wie sie die Farbe mit einem kleinen Spachtel auf die Leinwand bringt und immer wieder mischt, bis sich geradezu von alleine ein Bild formt. Vera Schöttler: „Ich spiele selbst wie ein Kind mit der Farbe und gebe meinen Bildern meist gar keinen Titel. Zu diesem meinten die Kinder in meinem Atelier mal, dass es ein Weg sei, ein Engel und dann ein Mädchen.“ Ausnahmsweise bekam das Werk dann doch einen Titel.
Die Künstlerin erzählt das vor gut vierzig Zuhörern, bevor Overbeck-Schatzmeister Wollmar von Taube als Auktionator übernimmt und erst einmal die Regeln festlegt: „Es sollte niemand den Arm heben und sich an der Nase kratzen. Das wird als Gebot verstanden, und plötzlich geht derjenige mit zwei neuen Bildern aus dem Saal.“ Bei 200 Euro liegt das Mindestgebot, jede Handbewegung treibt den Preis um zehn Euro in die Höhe. Vera Schöttlers farbenfroher Weg hat es offenbar drei Bieterinnen angetan, die erst zögerlich, dann in schnellerer Folge die Arme heben.
Brigitte Pancerzynske aus Mülheim an der Ruhr freut sich schließlich über das neue Bild genauso wie über den Szenenapplaus des Publikums. Ob sie es für das Ferienhaus ersteigert hat, fragt Auktionator von Taube. „Nein, das kommt bei mir in der Wohnung an die Wand. Ich will es doch täglich sehen.“ Den Rahmen will sie erst nach einer Weile aussuchen. Sie flüstert mit Schwägerin Bärbel Hildebrand, die im Museum als ehrenamtliche Kraft arbeitet. Es geht um die Frage, wo denn der nächste Geldautomat ist. Ein Spontankauf also? Sie nickt: „Ich war nicht nur von dem Bild, sondern auch von dem Museum und der Museumsleiterin und ihren Plänen so angetan, dass ich es einfach haben musste.“
Die zweite Runde startet mit dem Künstler Mirco Götz, der erzählt, dass auch er zunächst ohne Plan an ein Bild geht und erst mit der Zeit sieht, was da vor ihm eigentlich entsteht: „Und dann drängt sich mir auch ein Titel auf. Bei diesem Vogel ergab sich der Titel aus der neckischen Haltung. Der Vogel, der Blick, die Haltung, die leichte Verschleierung, eine Dame eben.“ Götz hat den Klassenlehrer der Overbeck-Grundschulklasse kennengelernt, der ihm ein Video aus der Malschule zeigte: „Ich war sofort begeistert, wie die Kinder hier gearbeitet haben.“ Museumsleiterin Pourshirazi lacht und erzählt, wie die Kinder an ihren Lippen hängen: „Die saugen alles, was ich ihnen über Malerei und Abstraktion erzählt habe, wie Schwämme auf. Teilweise wussten sie zwei Wochen später noch Wort für Wort, was ich gesagt hatte.“ Im Obergeschoss soll ein echter Rückzugsort für den Künstlernachwuchs entstehen und einiges an Ausstattung und Material brauche es auch noch.
Der Auktionator bestätigt den Eifer der Schüler und bringt ins Gespräch, doch auch irgendwann einmal die Arbeiten der Klasse 3b von der Grundschule Alt-Aumund unter den Hammer zu bringen: „Die sind mit enormem Eifer dabei. Und unsere Hoffnung ist natürlich, dass wir mit der Malklasse und den anderen geplanten Aktivitäten mit Kindergärten und Schulen in Zukunft hier selbst einmal echte Künstlertalente zutage fördern.“ Dann steigt er in die Auktion ein, und diesmal ist der Bieterwettstreit um „Die Dame“ sogar noch etwas intensiver. Erst bei 310 Euro ist Schluss, und Almuth Sieben aus Bremen freut sich mit einem Blitzen in den Augen: „Ich verfolge Mircos Entwicklung schon eine Weile und finde ihn als Maler großartig.“ Ein Bild hätte sie sich natürlich auch so bei ihm kaufen können und doch sei dies hier etwas Besonderes: „Die pädagogische Arbeit hier hat mich so berührt, dass ich das unterstützen wollte. Und wenn Frau Pourshirazi den Kindern die Kunst so rüberbringt wie uns vorhin in der Führung, dann kann das Projekt nur gut werden.“