Die deutschen Notfallmediziner warnen vor Panikmache wegen steigender Zahlen von Corona-Patienten auf Intensivstationen. „Das deutsche Gesundheitssystem ist stark belastet. Wir stehen aber derzeit nicht an dem Punkt, Priorisierungen von Patienten vornehmen zu müssen“, erklärten die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Fachgruppe COVRIIN beim Robert-Koch-Institut (RKI) am Mittwochabend. „Wir haben noch Kapazitäten auf den Intensivstationen.“
Bei regionaler Überlastung seien Verlegungen in andere Regionen möglich, hieß es. Solche Vorgänge seien aber eindeutig geregelt – „dann wird innerhalb Deutschlands übergreifend verlegt, nach dem so genannten Kleeblattkonzept“. Dabei wurde Deutschland in fünf Regionen eingeteilt, um Patienten innerhalb dieser zu Gebiete verlegen. Für jede Region gibt es Koordinatoren, die sich wöchentlich untereinander abstimmen. Das DIVI-Intensivregister könne differenziert aufzeigen, in welchen weniger belasteten Regionen freie Intensivbetten zur Verfügung stünden, so die Intensivmediziner weiter. „Durch das Verlegungskonzept können alle schwerkranken Patienten diese Betten auch erreichen.“
Zuvor hatte eine Meldung aus Sachsen, dass in einer Klinik in Zittau bereits nicht mehr alle Patienten hätten behandelt werden können, für großes Aufsehen gesorgt. Der Ärztliche Direktor des Klinikums Oberlausitzer Bergland (KOB), Mathias Mengel, hatte am Dienstagabend in einem Online-Bürgerforum vor rund 100 Zuhörern offenbar berichtet, dass in seinem Krankenhaus aufgrund hoher Auslastung in den vergangenen Tagen schon mehrfach entschieden werden musste, welcher Covid-19-Patient Zugang zu den begrenzt vorhandenen Sauerstoffgeräten erhalte und wer nicht.
Wie die „Sächsische Zeitung“ unter Berufung auf andere Teilnehmer der Videorunde berichtet, erläuterte Mengel auf Nachfrage, dass es vielfach vor allem um die Entscheidung gegangen sei, welcher Patient für eine Verlegung infrage komme und eine Chance habe, einen Transport von mitunter mehreren hundert Kilometern zu überstehen.
Der Landkreis Görlitz, in dem Zittau liegt, ist einer der Corona-Hotspots in Deutschland. Das sächsische Gesundheitsministerium bezifferte die Sieben-Tages-Inzidenz, also den Wert an Neuerkrankungen je 100 000 Einwohner binnen einer Woche, am Mittwoch auf 532,6.
DIVI-Präsident Uwe Janssens wies am Mittwoch darauf hin, dass die Kliniken in Deutschland spätestens ab Montag durch die Feiertage keine verschiebbaren Operationen mehr durchführen. Das sei „ein wichtiger Fakt, der uns Entlastung auf den Intensivstationen verschaffen wird“
Rolf Dembinski
leitet die Klinik für Intensivmedizin und Notfallmedizin des Klinikums Bremen-Mitte.