Fachausschuss des Beirats Gröpelingen informierte sich über Integrationsarbeit im Stadtteil Lernen im alevitischen Kulturzentrum

Gröpelingen. Syrien, Afghanistan, Ghana und Eritrea: Aus diesen Ländern stammen nahezu alle Besucher von „Ankommen im Quartier“ – der Beratungsstelle für Geflüchtete in Gröpelingen und Oslebshausen. Über 80 Prozent der Klienten haben Fragen, die im weitesten Sinne die Kommunikation mit hiesigen Behörden beträfen, insbesondere mit dem Jobcenter, und der Anteil von Männern und Frauen sei dabei grundsätzlich ausgeglichen, jedoch kommen aus Syrien nahezu ausschließlich Männer, und aus den beiden afrikanischen Ländern vor allem Frauen zu ihr.
08.05.2017, 00:00 Uhr
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Von Timo Thalmann

Gröpelingen. Syrien, Afghanistan, Ghana und Eritrea: Aus diesen Ländern stammen nahezu alle Besucher von „Ankommen im Quartier“ – der Beratungsstelle für Geflüchtete in Gröpelingen und Oslebshausen. Über 80 Prozent der Klienten haben Fragen, die im weitesten Sinne die Kommunikation mit hiesigen Behörden beträfen, insbesondere mit dem Jobcenter, und der Anteil von Männern und Frauen sei dabei grundsätzlich ausgeglichen, jedoch kommen aus Syrien nahezu ausschließlich Männer, und aus den beiden afrikanischen Ländern vor allem Frauen zu ihr. So fasste Ann-Christin Wengel auf der jüngsten Sitzung des Fachausschusses „Inneres, Soziales, Gesundheit, Jugend und Senioren“ des Stadtteilbeirates Gröpelingen ihre Arbeit in der Beratungsstelle zusammen, die im Bewohnertreff der Rostocker Straße untergebracht ist.

Die Vorstellung ihrer Tätigkeit war ausdrücklicher Wunsch des Fachausschusses, der mit der Wahl seines Tagungsortes im alevitischen Kulturzentrum in Oslebshausen gleich noch einen zweiten Schauplatz von Integration und Zuwanderung im Stadtteil direkt in Augenschein nahm. Wengel erklärte, die Beratung habe zum Ziel, den Geflüchteten Zugang zu Bildung, Gesundheit und gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Das nimmt auch die alevitische Gemeinde mit ihrem 2010 an dieser Stelle eröffneten „Alevitischen Kulturzentrum in Bremen und Umgebung“ für sich in Anspruch. Gegründet wurde das Zentrum 1993. Es ist Mitglied der Alevitischen Gemeinde Deutschland, ein Dachverband, der insgesamt rund eine halbe Million Mitglieder in knapp 150 Ortsgemeinden vertritt.

Integration nur aus Spenden

Melten Gergin als Sprecherin der Aleviten nutzte den Besuch des Beiratsausschusses, um auf die vor allem begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Aleviten bei ihren Bemühungen um die Integration hinzuweisen. Die rund 7000 in Bremen ansässigen Angehörigen dieser Glaubensrichtung stemmen ihre Gemeinde- und Kulturarbeit derzeit ausschließlich aus Spenden und Einnahmen aus eigenen Veranstaltungen.

Gergin wies dabei auf die Vielfalt des Angebots hin. Das reiche von Koch- und Sprachkursen über Kinder-, Jugend- und Frauengruppen bis zur Hausaufgabenhilfe. Die 27-jährige angehende Pädagogin verwies überdies auf das Engagement der alevitischen Jugendlichen im Bremer Jugendring. So veranstalte man im Kulturzentrum beispielsweise Tages- und Wochenendseminare zu Umweltthemen oder interkultureller Bildung.

Letzteres fand auch direkt in der Ausschusssitzung statt, als sich die Beiratsmitglieder nach Herkunft und Inhalten des Alevitentums erkundigten. Gergin hatte in diesem Zusammenhang den Irrtum auszuräumen, dass es sich dabei um eine christliche Glaubensrichtung handele. Tatsächlich betrachten sich die zumeist türkischstämmigen Aleviten als Teil des Islam, unterscheiden sich jedoch in ihrer äußeren, eher liberalen Glaubensausübung stark von sonstigen muslimischen Gemeinden.

Religiöse Vorschriften aus der Scharia, die für orthodoxe Muslime als Pflicht gelten, haben kaum Bedeutung: So wird weder nach Mekka gebetet, noch gibt es Schleier oder eine Geschlechtertrennung im Gottesdienst. Auch weibliche Vorbeter seien nichts Ungewöhnliches. Die Gleichstellung der Geschlechter sei Teil der alevitischen Lehre, und das Kulturzentrum habe einen eigenen Frauenvorstand, betonte Gergin.

Im Zentrum des alevitischen Glaubens stehe immer der Mensch als eigenverantwortliches Wesen. Wichtig sei daher vor allem das Verhältnis zum Mitmenschen, und dementsprechend teilten die Aleviten die Vorstellung universeller Menschenrechte. Von vielen westlichen Religionswissenschaftlern wird das Alevitentum daher auch als eine eigenständige Konfession innerhalb des Islam gesehen, während zahlreiche muslimische Gelehrte die Zugehörigkeit der Aleviten zum Islam grundsätzlich und vehement bestreiten.

Der Fachausschuss nahm den Einblick in die Arbeit des Kulturzentrums insgesamt wohlwollend zur Kenntnis, und Ingo Wilhelms vom Ortsamt West versprach, die aktuellen und künftigen Anliegen der Aleviten zu prüfen. Konkret ging es dem Kulturzentrum um eine finanzielle Hilfe für den Ausbau eines Kinderspielplatzes auf seinem Gelände, der momentan im Grunde nur aus einer Sandkiste bestehe.

Ali Seyrek als Vorsitzender des Kulturzentrums versicherte in diesem Zusammenhang, dass ein solcher Spielplatz dank der zahlreichen ehrenamtlichen Helfer in dem Zentrum an allen Tagen der Woche allgemein zugänglich sein könnte.

Globalmitteldebatte nicht öffentlich

Der Ausschuss nahm dieses Thema in den nicht-öffentlichen Teil seiner Sitzung mit, wo es um die Beratung über die Vergabe der sogenannten Globalmittel ging, über die die Beiräte nach eigenem Ermessen einzelne Vorhaben in ihren Stadtteilen anschieben und fördern können.

Dem Vernehmen nach war die neuerliche Befassung des Ausschusses mit den Haushaltsmitteln für den Stadtteil aber einem Verfahrensfehler geschuldet.

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