Der rot-grüne Senat hat sich für die kommenden vier Jahre zu wenig für die Armutsbekämpfung vorgenommen. Diese Meinung vertritt Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion in der Bürgerschaft. Trotz Armutskonferenz, einer Initiative des ehemaligen Bürgermeisters und mehreren Armutsberichten sei faktisch in Bremen und Bremerhaven kaum etwas passiert, so Vogt. Sie spricht von „Bündnissen für warme Worte“ und „Sonntagsreden“: „Wir haben das Problem lange genug analysiert, nun muss gehandelt werden.“
Der Koalitionsvertrag bleibe bei seinen Plänen zum Kampf gegen Armut fast immer „unglaublich schwammig“, kritisiert Vogt: „Zum Thema Armut gibt es vor allem Prüfaufträge.“ Der Armutsbericht von 2009 habe 80 konkrete Handlungsempfehlungen beinhaltet, davon seien bislang nur zwei umgesetzt. Unterdessen fehle es in benachteiligten Stadtteilen an Kita-Plätzen, Arztpraxen und Lehrern. „Wir haben viele Langzeitarbeitslose und eine verfestigte Armut in Bremen“, sagt Vogt. In den Familien mancher Bremer Kinder gebe es in dritter Generation keinen einzigen Erwerbstätigen. Und in Bremerhaven zeigten sich die Probleme, die Bremen habe, in zugespitzter Form, betont Nelson Janßen als Linken-Sprecher für Bremerhaven.
Die Linke legt nun ein Initiativpapier mit Forderungen zur Armutsbekämpfung vor, das sie als „programmatischen Gegenentwurf“ zum Koalitionsvertrag betrachtet. Sie fordert eine Bildungsoffensive für benachteiligte Stadtteile. In Brennpunktschulen und Kitas in armen Stadtteilen müsse es kleinere Lerngruppen geben, um die nächsten Generationen so zu fördern, dass sie eine Ausbildung und Arbeit finden können. Zudem solle in Schulen verstärkt muttersprachlicher Unterricht angeboten werden. „Es ist erwiesen, dass Kinder, die ihre Muttersprache beherrschen, auch besser Deutsch lernen können“, betont die Fraktionsvorsitzende. „Wir brauchen kein weiteres flächendeckendes Programm für Schulen, wo dann bei den Brennpunktschulen am Ende kaum noch etwas ankommt, sondern eine ganz gezielte Förderung.“ In Stadtteilen wie Gröpelingen oder Kattenturm sollten ihr zufolge nicht mehr als 15 Kinder in einer Grundschulklasse sitzen. Die Kosten einer solchen Bildungsoffensive für Schulen und Kitas beziffert Vogt mit 36 bis 38 Millionen Euro. Die Linke schlägt vor, dies durch die Aufnahme neuer Schulden zu finanzieren.
Weil Frauen besonders stark von Armut betroffen sind, brauche es zudem ein Sofortprogramm für Alleinerziehende. Dazu zählt Vogt mehr Ausbildungsplätze in Teilzeit und zumindest einige Kitas, die flexiblere Betreuungszeiten anbieten. In Bereichen mit vielen sozialen Arbeitsplätzen und Pflegeberufen, wo Bremen als kommunaler Arbeitgeber auftrete, müssten zudem höhere Löhne gezahlt werden.
Die Linke fordert außerdem, dass Sanktionen für Arbeitslose abgeschafft werden müssten. Und Bremen solle nur noch Unternehmen finanziell unterstützen, die Leiharbeit ausschließen.
Benötigt würde auch ein Förderprogramm für mittellose Gebäudeeigentümer in armen Stadtteilen, denen das Geld zur Häusersanierung fehlt.
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