Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) muss sich gegen scharfe Kritik verteidigen. Politiker von FDP, CDU und den Grünen werfen ihm eine Formulierung während der Bürgerschaftsdebatte am 27. September vor. Die grüne Landeschefin Alexandra Werwath kritisiert im sozialen Netzwerk Twitter "antisemitische Lügenverbreitung"; von Mäurer erwarte sie eine Entschuldigung.
Ähnlich der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jens Eckhoff, er hält dem Senator "eine unglaubliche politische Entgleisung" vor. Auch Magnus Buhlert von der FDP-Bürgerschaftsfraktion schreibt auf Twitter, Mäurers Wortwahl gehe gar nicht, "der Innensenator muss das erklären". Am Sonntag ruderte der Senator zurück. Auf Anfrage des WESER-KURIER sagte Mäurer, er würde das Wort "hinrichten" heute nicht mehr verwenden.
Vor dem Landesparlament hatte der SPD-Senator Ende September ausgeführt, er würde auch demonstrieren, "wenn ich sehe, dass die israelische Armee am Grenzzaun Dutzende von Palästinensern einfach hinrichtet. Auch dafür habe ich kein Verständnis. Und ich kann alle diejenigen verstehen, die das zum Anlass nehmen, um hier auch sehr deutlich ihre Meinung zu sagen".
Anlass für Mäurers Aussage war eine Große Anfrage der CDU zur Sicherheitslage mit dem Titel "Sicherheit in Bremen nicht durch ausländische Konflikte und importierten Extremismus gefährden". Der Innensenator betonte in seiner Antwort, er habe Verständnis für Proteste, zum Beispiel, wenn hier gegen die türkische Militäroffensive im syrischen Afrin demonstriert werde. Das Recht auf Versammlungsfreiheit gelte auch für Nichtdeutsche. In diesem Zusammenhang fielen seine umstrittenen Formulierungen.
Einen "antiisraelischen Ausfall" bescheinigt ihm auf Twitter der frühere Grünen-Abgeordnete Volker Beck, der im Bundestag auch Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe war. Ebenfalls im Online-Dienst bekunden die FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Hauke Hilz und Magnus Buhlert ihren Unmut über Mäurer.
Israel mache sicher nicht alles richtig, doch von Hinrichtung zu sprechen, verkenne die Lage, schreibt Buhlert. Christdemokrat Eckhoff setzt noch einen drauf. "Sollte der Senator diesen Vorwurf nicht unverzüglich zurücknehmen und sich bei Israel entschuldigen, ist er als Senator in Bremen nicht mehr haltbar.“ Auch sein Fraktionskollege Claas Rohmeyer legt Mäurer auf Twitter den Rücktritt nahe.
Staatsrat Ehmke verteidigt Mäurer
Eigentlich habe er Ulrich Mäurer anders kennengelernt, sagt Hermann Kuhn, einst Abgeordneter und jetzt Grünen-Landeschef. Er schätze ihn sehr, sei aber enttäuscht über dessen Äußerungen. Kuhn ist auch Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen-Unterweser, und in dieser Funktion hat er dem Innensenator in der vergangenen Woche einen Brief geschrieben.
Darin heißt es, Mäurers Formulierung "stellt Ursache und Wirkung auf den Kopf und delegitimiert das Recht der israelischen Regierung, die Grenzen ihres Landes zu schützen". Bei den Demonstrationen am Grenzzaun seien Spreng-und Brandsätze geworfen worden. Mäurer habe zwei Dinge verwechselt, sagt Kuhn im Gespräch. Es habe sich nicht um einen Polizeieinsatz gehandelt, sondern um eine "militärisch organisierte Aktion" gegen Israel.
Staatsrat Thomas Ehmke ist Mäurers Vertreter und verteidigt ihn. Es sei "vollkommen abwegig", dem Innensenator Antisemitismus zu unterstellen. Mäurer habe als Justizstaatsrat für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Justiz gesorgt. Und als Innensenator sei er verantwortlich gewesen für die Untersuchung der Verstrickung der Polizei in den Holocaust.
"Man muss schon sehr frei von jeder Kenntnis der Politik der letzten Jahrzehnte in Bremen und ihrer Akteure sein, um einen solchen Vorwurf ernsthaft zu erheben." Zu den Äußerungen von FDP-Abgeordneten sagt Ehmke, da stelle sich die Frage, "wo die denn während der Debatte gewesen sind". Ehrliche Empörung hätten die Abgeordneten ja auch im Anschluss im Plenum vortragen können. "Wenn das erst zehn Tage später bei Twitter geschieht, ist das schon etwas merkwürdig."
Grünen-Chefin Werwath bleibt bei ihrer Kritik. Sie stelle Mäurers Verdienste bei der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit nicht infrage. Aber es sei zu unterscheiden zwischen toten Juden und den lebendigen, die das Recht auf einen eigenen Staat hätten. Und dieser Staat habe sich gegen Angriffe verteidigt. Der Senator solle sich entschuldigen.