Sie haben sich von „Max Beckmann Welttheater“ zu eigenen Kunstwerken inspirieren lassen: Jugendliche vom Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße und von der Wilhelm-Wagenfeld-Schule, Fachoberschule für Gestaltung, Design und Medien. Die Ergebnisse beeindrucken. Sie sind noch bis in den Februar hinein in einer Ausstellung im Souterrain der Bremer Kunsthalle zu sehen.
Und bis Anfang Februar wollen die 18- bis 20-jährigen Schüler, darunter 16 unbegleitete Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan, weiterhin Kunstwerke produzieren, die in der Ausstellung zu sehen sein werden. Die „Welttheater“-Sonderschau mit Beckmanns Werken zeigt die Kunsthalle bis zum 4. Februar.
„Unser Ziel war es, dass junge Geflüchtete aus den Vor- und Sprachklassen unserer beiden Partnerschulen mit Schülerinnen und Schülern aus Bremen über die Kunst in einen intensiven Austausch kommen und durch die gemeinsame kreative Arbeit mehr Verständnis füreinander entwickeln“, erläutert Hartwig Dingfelder, Leitung Bildung und Vermittlung in der Kunsthalle. „Wir wollten ein möglichst inklusives Projekt gestalten.“
Deshalb sei es kein reines Partnerschulprojekt. „Und wir freuen uns sehr darüber, dass wir dabei von privaten Spendern und der Fritz-Bollweg-Stiftung finanziell unterstützt werden.“ Helga Haslob betreut seit 2001 für die Kunsthalle die Partnerschulprojekte. Sie sagt, dass es den Flüchtlingen ganz nebenbei spielerisch gelungen sei, mehr Deutsch zu lernen und dass viele Freundschaften unter den Jugendlichen entstanden seien.
Schon zum zweiten Mal dabei ist Ramin, der bereits 2016 erste künstlerische Erfahrungen bei dem großen museumspädagogischen „Babylon“-Projekt gesammelt hat. „Damals haben wir draußen auf der Wiese ein großes Haus gebaut“, erzählt der junge Afghane, der 2015 nach Bremen kam.
Die Künstlerin und Kunstpädagogin Silvia Brockfeld vom Schulzentrum Alwin- Lonke-Straße hat die Verbindung zwischen den beiden Schulen hergestellt. An jeweils zwei Tagen wurden die insgesamt vier Klassen in die Beckmann-Ausstellung eingeführt. Das übernahmen in der Jugendbildungsstätte Lidice-Haus die Museumspädagoginnen Lisa Kärcher und Hannah Damm von der Kunsthalle.
Immer wieder Selbstporträts
Danach verbrachten die Schüler viel Zeit in der Beckmann-Ausstellung. Max Beckmann hat sich im Kontext von Theater und Varieté immer wieder selbst porträtiert und dabei gespiegelt. Das griffen die Jugendlichen vom Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße auf, indem sie die Konturen ihrer Gesichter auf selbst geschnittenen Spiegelflächen aufbrachten.
Und das funktionierte so: Zunächst wurden Fotos gemacht, die danach ausgedruckt und auf Transparentpapier abgepaust wurden. Die Elftklässlerinnen Clara, Maria und Maybritt wechseln sich bei der Erklärung des künstlerischen Verfahrens ab. Die Konturen wurden dann auf durchsichtige Folie gedruckt und anschließend auf die Spiegel-Quadrate gezogen, wie die Schülerinnen erläutern.
„Bei der Herstellung waren zwei handwerkliche Berufe gefragt: die Glaserei und die Schildermalerei“, erläutert Ute Gätjen. Sie unterrichtet Werken an der Alwin-Lonke-Straße, Schule für Gestaltung, und ist selbst Malermeisterin. Das Besondere an den Spiegel-Kunstwerken: Darin können sich die Betrachter selbst spiegeln. So entsteht ein Dialog zwischen beiden Seiten.
Collage aus 2800 Handyfotos
Kunstpädagogin Silvia Brockfeld ist stolz darauf, dass ihre Schützlinge schon beim ersten Kontakt mit dem Medium Fotografie einen Volltreffer landeten: Kostümiert und in Theater- oder Varieté-Pose, lichteten sie sich gegenseitig ab. Der Clou daran: Die Kostüme und Requisiten dafür gestalteten sie selbst aus Stoffen, Papier und Farbe.

Sie schufen unter Anleitung von Jörg Michaelis (Fachbereich für Fotografie) aus 2800 Handy-Fotos eine Collage, die die "Sinnende Frau" von Max Beckmann zeigt: Von links: Melinda Berisha (17), Anna Seyffarth (17), Atosa Keyhan Falsafi (17), Ramin Amiri (18), Simon Kirchhoff (16) und Bachir Racheed (18) von der Wilhelm-Wagenfeld-Schule, Fachoberschule für Gestaltung, Design und Medien.
Und auch die Wilhelm-Wagenfeld-Schule, Fachoberschule für Gestaltung, Design und Medien, macht ihrem Namen alle Ehre: Unter der Leitung von Jörg Michaelis vom Fachbereich Fotografie haben die Schülerinnen und Schüler aus 2800 Handy-Fotos eine riesige Collage gestaltet, die die sinnende Frau von Max Beckmann zeigt.
Der junge Afghane Ramin hat mit Anna und Melinda von der Wilhelm-Wagenfeld-Schule außerdem zwei Janusköpfe aus Pappmaché modelliert: Der eine Kopf zeigt einmal einen lustigen, dann wieder einen traurigen Clown, nach Max Beckmanns Vorbild, der sich in einem seiner Gemälde selbst als Clown porträtiert hatte. Aber auch weitere Gemälde nach Beckmanns Vorbild wurden von den Schülerinnen und Schülern geschaffen.