Jubiläum: Beerdigungs-Institut der Gebrüder Stubbe Mit Leib und Seele

Das Beerdigungs-Institut der Gebrüder Stubbe wird 150 Jahre alt – mittlerweile wird es in vierter Generation geführt, und die fünfte steht schon bereit.
05.06.2017, 17:41 Uhr
Lesedauer: 6 Min
Zur Merkliste
Von Elke Gundel

Das Beerdigungs-Institut der Gebrüder Stubbe wird 150 Jahre alt – mittlerweile wird es in vierter Generation geführt, und die fünfte steht schon bereit.

Seit 150 Jahren gibt es das Bestattungsunternehmen Stubbe, das damit laut Inhaber Christian Stubbe das älteste Beerdigungs-Institut Bremens ist. 1867 lag der Firmensitz genauso wie heute am östlichen Ende der Humboldtstraße. Und all die Jahre standen Angehörige der Familie an der Spitze des Unternehmens. Grund genug, um das 150-jährige Jubiläum mit einer Veranstaltungsreihe und Mitte November mit einer Festveranstaltung im Schütting zu feiern.

Beerdigungs-Institut „Pietät“ Gebr. Stubbe – diese Firma gibt es erst seit 1922, erzählt Christian Stubbe (57), der das Unternehmen mit seinem Bruder Thomas Stubbe (53) in vierter Generation führt. Zuvor lautete der Name „Beerdigungs-Institut ,Friede' Gebr. Stubbe". Und ganz zu Anfang tauchte selbst der Begriff „Beerdigung“ nicht im Namen der Firma auf: Sein Urgroßvater, Johann Diedrich Stubbe, habe den Betrieb 1867 als Tischlerei gegründet.

Der Firmensitz in der Humboldtstraße 196 war gleichzeitig der Wohnsitz der Familie. Wie so viele Häuser in der Östlichen Vorstadt lag vorne das Wohnhaus, mit einem Hof und den Stallungen dahinter, schildert der 57-Jährige, wie es in den Anfangsjahren ausgesehen haben muss. Sein Urgroßvater habe hinter dem Haus aber keine Tiere gehalten, sondern seine Tischlerei betrieben. „Er hatte auch Gesellen und Mitarbeiter, die saßen mittags in zwei Schichten bei meiner Urgroßmutter beim Essen.“ Dabei hatte Auguste Stubbe mit ihren elf Kindern eigentlich schon genug zu tun. Doch dass die Familie im beziehungsweise für den Betrieb mit anpackt – das war bei Stubbes immer so, damals wie heute.

Der Schritt vom Holzhandwerk zum Beerdigungsunternehmen war nicht groß: „Als Tischler baut man auch Särge. Und dann machte man eben auch die Beerdigungen.“ Das sei typisch für die Entstehungsgeschichte von Bestattungsunternehmen, erklärt Christian Stubbe. Für seinen Urgroßvater, schätzt er, war deshalb weniger entscheidend, dass praktisch zeitgleich mit der Firmengründung schräg gegenüber in der Humboldtstraße die Friedenskirche gebaut wurde. „Viel wichtiger war die Nähe zum Krankenhaus in der St.-Jürgen-Straße. Dort sind praktisch ständig Tischlerarbeiten angefallen.“ Das heutige Klinikum Bremen-Mitte wurde 1851 eröffnet.

Gründer Johann Diedrich Stubbe führte den Betrieb bis 1906, dann übernahmen seine Söhne die Leitung des Geschäfts: Tischlermeister Heinrich Diedrich Stubbe und Georg Diedrich Stubbe, der für die kaufmännischen Belange verantwortlich war. Die Tischlerei gab es damals zwar weiterhin, allerdings rückten die Brüder mehr und mehr die Bestattungen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit; kurz darauf gaben sie die Tischlerei ganz auf.

1912 kauften sie die Nachbarhäuser in der Humboldtstraße 190 und 192, später kam das Grundstück mit der Nummer 194 dazu. Diese drei Gebäude sind bis heute der Stammsitz der Firma. Sie umfasst neben dem Standort im Steintor das Geschäftshaus in der Waller Heerstraße 200 sowie die Institute Kathmeyer (Gerhard-Rohlfs-Straße) und Bischoff (Lüssumer Straße) in Bremen-Nord. Die Keimzelle, das einstige Wohnhaus der Familie in der Humboldtstraße 196, gehört heute dagegen nicht mehr dazu. „Ich vermute, dass das Gebäude verkauft worden ist, um die Erweiterungen zu finanzieren“, sagt Christian Stubbe.

Überregional bekannt wurden die ersten Gebrüder Stubbe, als sie 1913 ein Motorfahrzeug als Leichenwagen einsetzten – bis dahin waren Pferdegespanne üblich. Das Auto gehörte jedoch nicht den Stubbes, das wäre damals viel zu teuer gewesen. „Es gab in der Parkallee, stadtauswärts gleich rechts hinter dem Eisenbahntunnel, ein Fuhrunternehmen“, erzählt Christian Stubbe. Von diesem Betrieb wurde der Wagen gemietet. In Fachzeitungen machten die Gebrüder Stubbe auf „ihr“ Motorfahrzeug aufmerksam. Andere Bestatter nahmen das interessiert zur Kenntnis. Etwa ein Unternehmen in Oberhausen, ebenfalls geführt von einem Stubbe, der aber mit den Bremern nicht verwandt ist. „Den Schwiegersohn habe ich später in einem Seminar zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung kennengelernt“, erzählt Christian Stubbe. Prompt habe ihm jener die alte Annonce mitgebracht, die sein Schwiegervater ausgeschnitten und sorgfältig aufbewahrt hatte.

Mit Hilfe des motorisierten Leichenwagens konnten die Gebrüder Stubbe Verstorbene aus weiter entfernten Orten nach Bremen überführen – ein Beleg dafür, dass Heinrich und Georg Stubbe ihr Unternehmen ständig modernisierten. Auch den Bau des ersten Bremer Krematoriums im Jahr 1907 – es war bis 1988 auf dem Riensberger Friedhof im Betrieb – haben die Brüder maßgeblich mit vorangetrieben. Für einige Bremer Familien bedeutete das Motorfahrzeug zudem die wohl einzige Möglichkeit, verstorbene Angehörige nach Hause zu bringen: Mehrfach waren Stubbes im Ersten Weltkrieg unterwegs nach Polen und Frankreich, um gefallene Soldaten an die Weser zurückzuholen.

Schwierige Zeiten erlebte das Unternehmen im Zweiten Weltkrieg: 1943 und 1944 wurde der Firmensitz von Bomben getroffen, sodass das Büro in das Wohnhaus von Georg Stubbe am Osterdeich verlegt werden musste. Dessen zweite Ehefrau, Wilma Stubbe, übernahm in den letzten Kriegsjahren zunächst die Büroorganisation und führte nach dem Tod ihres Mannes und ihres Schwagers Mitte der 1960er-Jahre das Unternehmen weiter.

Christian Stubbe hat seine Oma Wilma daher weniger als Rentnerin, denn als tatkräftige Unternehmerin erlebt. Schon als Teenager, mit 14 oder 15 Jahren, habe er angefangen, im Unternehmen zu helfen und sich so sein Taschengeld aufzubessern. Angst vor toten Menschen habe er nie gehabt. „Das muss man auch nicht“, sagt er und lacht. Im Gegenteil: Der Kontakt mit Verstorbenen gehört für ihn zum Leben dazu. Anders als bei einer Geburt oder einem 50. Geburtstag bräuchten die Angehörigen bei einem Sterbefall jedoch mehr Unterstützung – schließlich falle der Abschied von einem geliebten Menschen schwer. Er sei froh, wenn er in einer solchen Krise helfen könne.

„Für mich war immer klar, dass ich Bestatter werde“, sagt der 57-Jährige. Er möge den Kontakt zu anderen Menschen und die Abwechslung, oft auch das Unvorhergesehene in seinem Beruf. „Ich kann nicht den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen. Ich muss raus auf den Friedhof, mit Menschen reden“, eine Aufbahrung oder eine Trauerfeier dekorieren. Ganz gezielt absolvierte Christian Stubbe zunächst eine Lehre als Bankkaufmann, um sich die wirtschaftlichen Grundlagen anzueignen. 1983 trat er dann in den Betrieb seiner Großmutter ein. Zehn Jahre später stieß sein Bruder Thomas Stubbe dazu; Anfang 2001 lösten die Brüder Wilma Stubbe in der Geschäftsleitung ab.

Für ihn stehe die Würde des Verstorbenen im Mittelpunkt seiner Arbeit, sagt Christian Stubbe. Sinn einer Beerdigung sei es nicht, eine traurige und deshalb bedrückende Situation möglichst rasch und geräuschlos abzuwickeln. „Sie ist die einzige Gelegenheit, endgültig Abschied zu nehmen.“ Deshalb sei es ihm wichtig, dass seine Kunden bei einer Aufbahrung am offenen Sarg die Möglichkeit nutzen, sich von dem Verstorbenen zu verabschieden – möglichst mit der ganzen Familie inklusive kleinen Kindern. Nach 35 Berufsjahren, sagt Christian Stubbe, setze er eine Aufbahrung inzwischen auch mit sanftem Nachdruck gegen zögerliche Angehörige durch. „Weil ich weiß, dass das zur Verarbeitung des Verlusts ein wichtiger Schritt ist.“

Dass der 57-Jährige mit Leib und Seele Bestatter ist, hat seine Familie stets mitgetragen. „Ich konnte mit meinem Mann nie planen“, sagt Nicola Stubbe (53). Dafür sorgte der Bereitschaftsdienst rund um die Uhr. Egal ob Einladungen bei Freunden, Geburtstagsfeiern oder Weihnachten – stets konnte es sein, dass der Familienvater zu einem Sterbefall gerufen wurde.

Erst seit wenigen Jahren tritt Christian Stubbe in dieser Beziehung etwas kürzer: Genau genommen, seit Sohn Julius Stubbe (22) im Unternehmen mitarbeitet. „Jetzt müssen die jungen Leute nachts raus.“ Der Betrieb wird also auch in fünfter Generation von der Familie weiter geführt werden. Möglicherweise, sagt Christian Stubbe, bekommt sein Sohn dabei Unterstützung von einem Cousin oder einer Cousine: Die drei Kinder seines Bruders Thomas hätten allerdings noch nicht endgültig entschieden, welchen beruflichen Werdegang sie einschlagen wollen.

Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!
Mehr zum Thema
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)

Das könnte Sie auch interessieren

Einwilligung und Werberichtlinie

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die von mir angegebenen Daten dazu genutzt werden, regelmäßig per E-Mail redaktionelle Inhalte des WESER-KURIER seitens der Chefredaktion zu erhalten. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Ich kann diese Einwilligung jederzeit formlos mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, z.B. per E-Mail an widerruf@weser-kurier.de.
Weitere Informationen nach Art. 13 finden Sie unter https://www.weser-kurier.de/datenschutz

Schließen

Das Beste mit WK+