Sicherer Badespaß "Mobile Schwimmschule" in Bremen eröffnet

Die Bürgerstiftung Bremen will mit kompetenten Partnern etwas gegen die hohe Quote der Kinder, die nicht schwimmen können, tun. Das Pilotprojekt „mobile Schwimmschule“ ist vielversprechend angelaufen.
08.06.2019, 18:22 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Ulrike Troue

Das kann doch nicht sein, wir waren schockiert“, äußert sich Eberhard Muras nach wie vor betroffen über die acht tödlichen Badeunfälle von Nichtschwimmern in Bremen und umzu allein im Jahr 2018. Ebenso unfassbar für die Bürgerstiftung Bremen, dessen Vorstandsvorsitzender er ist, dass über die Hälfte der Bremer Grundschüler nicht sicher schwimmen kann.

Daher hat die Stiftung gehandelt und sich Partner gesucht, um gemeinsam etwas gegen die hohe Quote der Nichtschwimmer bei Kindern zu unternehmen. Mit dem Landessportbund, Landesverband evangelischer Kindertageseinrichtungen, Landesschwimmverband und dem Landesverband der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) hat sie das Projekt „Schwimm mit“ initiiert. Dadurch sollen Kinder frühzeitig ans Wasser herangeführt werden. „Sie müssen wissen, dass Wasser schön sein kann, aber auch gefährlich“, betont Eberhard Muras.

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Die Kooperationspartner verfolgen drei Ansätze: Sie verteilen Schwimmbeutel, haben aktuell eine „mobile Schwimmschule“ zur Wassergewöhnung eingerichtet und überlegen, wie sie später Kinder aus den Kursen weiter unterstützen können. „Unser Ziel ist es, dass die Kinder ihr Seepferdchen machen, später das Bronzeabzeichen, weil sie erst dann sicher schwimmen können“, präzisiert Muras.

Erst einmal sind jetzt alle Blicke auf das besondere Pilotprojekt „mobile Schwimmschule“ gerichtet. Genauer gesagt, den acht mal vier Meter großen transportablen Pool, der vor eineinhalb Wochen unter einem Zelt auf dem Außengelände der evangelischen Kita St. Georg in Huchting aufgebaut worden ist. Darin können nun 70 ausgewählte Mädchen und Jungen im Vorschulalter noch bis zum 28. Juni Erfahrungen mit dem nassen Element sammeln.

Zehn Termine für jedes Kind

Sechs Gruppen nutzen den Pool jeden Tag. Für jedes Kind sind zehn halbstündige Termine vorgesehen. Die nehmen nicht nur Mädchen und Jungen der Kita St. Georg wahr, sondern ebenso Vorschulkinder aus dem Kinder- und Familienzentrum an der Höhpost. „Die Trainer geben viele Anregungen, ich sehe täglich Fortschritte“, erzählt Erzieherin Sarah Mahlstedt begeistert.

Wer das Zelt betritt, hört quietschvergnügte Laute und sieht sechs Kinder beim Planschen im 27 Grad wohlig-warmen Wasser. Juchzend werfen sich die „Hühner“ aus Wübke Adams Gruppe unterschiedlich große Bälle zu. Ein Mädchen probiert erste Brustschwimmzüge. „Ich freue mich so, dass das Schwimmbecken aufgebaut ist“, ruft Promise vorm Hechtsprung.

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Keine Angst. Das blaue Bassin mit Einstiegstreppe ist nur 95 Zentimeter tief. Zudem werden die Wassergewöhnungskurse immer von zwei, drei „hoch qualifizierten, schwimmpädagogisch ausgebildeten Trainern der DLRG“ geleitet, wie Erhard Muras betont. Die Bürgerstiftung Bremen finanziert Kurse und Poolbetrieb mit 15 000 Euro. Die gleiche Summe hat der Landesverband evangelischer Kindertageseinrichtungen fürs Equipment in die Hand genommen.

Mit sichtlichem Spaß lernen die Kinder spielerisch, sich sicher im Wasser zu bewegen, erste Schwimmübungen und das richtige Verhalten im nassen Element. „Jeder darf nun durch diesen Reifen gehen, so wie er mag. Ihr könnt durchsteigen, springen oder tauchen, aber müsst es vorher ansagen“, kündigt Kursleiterin Claudia Günther an, nachdem sie und ihre Helfer die Kleinen aufs Podest dirigiert haben. Dort gilt: Mund halten und zuhören! Alle spitzen die Ohren, als die Kursleiterin mit ernster Miene betont: „Nacheinander! Abstand halten! Wir machen Sport, da muss man Regeln einhalten.“

Kinder kommen zu wenig mit Wasser in Berührung

Dass die Kinder so früh die Baderegeln kennenlernen, gefällt Gudrun Goltz. „Von unseren 32 angehenden Schulkindern können vielleicht sieben ein bisschen schwimmen, nur zwei haben das Seepferdchen“, erzählt die Leiterin der Kita St. Georg. Die Kinder kämen zu wenig mit Wasser in Berührung. Von der Kita sei der Weg zum Schwimmbad zu weit, 45 Minuten zu Fuß. Darüber hinaus hätten Eltern ihr erzählt, die Wartezeit auf einen Schwimmkursplatz betrage eineinhalb Jahre. Und er sei sehr teuer.

Deshalb freuen sie und die Eltern sich sehr über die neue Möglichkeit der Wassergewöhnung im Kita-Garten. „So intensiv sind normale Kurse nicht“, lobt Einrichtungsleiterin Goltz die Arbeit der Trainer. „Es ist fantastisch anzugucken, wie sie die Kinder motivieren und es gelingt, Ängste zu nehmen.“

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Die Anwesenheit der Erzieher und die vertraute Umgebung sind für Gudrun Goltz zwei wichtige Faktoren für den Erfolg der „mobilen Schwimmschule“. Ein Kind, dass sich zu Hause nicht in die Badewanne getraut hätte, habe diese Angst nun überwunden, liefert sie als erstes positives Beispiel.

Jedoch dürfe nicht außer acht gelassen werden, dass die pädagogischen Fachkräfte sehr viel mehr Zeit für Hilfen beim Umkleiden benötigten als gedacht, spricht sie bei der Stippvisite von Eberhard Muras einen Punkt an, der künftig beachtet werden müsste. „Ehrlicherweise muss ich auch sagen, dass die Reinigungskraft deutlich mehr zu tun hat“, fügt die Kita-Leiterin hinzu. Die Hygiene müsse gewährleistet sein. Daher wünscht sie sich noch ein zweites Zelt zum Duschen und Umziehen.

Mobile Schwimmschule soll eine Dauereinrichtung werden

Ihre Anmerkungen stoßen bei Eberhard Muras auf offene Ohren. Sie würden in die Evaluation der Pilotphase einfließen, verspricht der Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. Er wünscht sich, dass die „mobile Schwimmschule“ eine Dauereinrichtung wird, von der auch andere Kindergärten profitieren. Dafür wäre unter anderem die weitere Finanzierung zu klären.

Mit dem Vorstoß will das Bündnis hinter dem Projekt „Schwimm mit“ etwas anstoßen, sagt Muras, in den Elternhäusern wie im politischen Raum: „Die Stadtgesellschaft sieht es als eine wichtige Aufgabe an, Kinder frühzeitig ans Wasser heranzuführen, damit diese später richtig Schwimmen lernen.“ Nachdem etliche Ehrenamtliche und Spender das einmalige Pilotprojekt unterstützt haben, sieht er die Politik gefordert, für mehr Schwimmkurse zu sorgen und finanziell schwachen Familien Badbesuche zu ermöglichen.

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