Cannabis darf seit März 2017 für medizinische Zwecke von Ärzten in Deutschland verschrieben werden. Doch bei der Versorgung, der Kostenerstattung und der Rechtssicherheit gibt es weiterhin Probleme. Die Abgabe von Cannabis auf Rezept läuft ein Jahr nach Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes nicht wirklich rund. Das wollen die Bremer Grünen gemeinsam mit Koalitionspartner SPD ändern.
Mit einem von dem Grünen-Abgeordneten Nima Pirooznia initiierten Antrag drängen beiden Fraktionen unter anderem darauf, die Engpässe bei sogenanntem Medizinalhanf möglichst schnell zu beheben und die Lizenzvergabe für dessen Anbau in Deutschland auszuweiten. „Es ist ein sehr wichtiges Thema, weil es hier um die Gesundheit der Patienten geht“, sagt Pirooznia. Die Bundesregierung habe bislang vollkommen unterschätzt, dass für sehr viele Schmerz- und Krebspatienten medizinisches Cannabis eine deutliche Linderung bringen könne.
130 Anträge bislang genehmigt
Auch in Bremen melden die Krankenkassen höheres Interesse als zunächst erwartet. Etwa 130 Anträge wurden bislang genehmigt. Laut Klaus Scholz, Präsident der Apothekerkammer, müssen die Patienten zwar keine Versorgungsengpässe befürchten. Zu Verzögerungen bei der Lieferung könne es aber durchaus kommen, vor allem bei einer sofort gewünschten Bereitstellung oder bei der kurzfristigen Verfügbarkeit bestimmter Sorten. Scholz: "In der Regel dauert es rund eine Woche, bis die Cannabisblüten für die Patienten in der Apotheke bereitliegen."
Für Niedersachsen, wo es rund 500 Cannabis-Patienten gibt, schätzt Magdalene Linz, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, die Lage ähnlich ein: Versorgungsengpässe nein, Lieferengpässe ja. "Die Abgabe des Arzneimittels läuft noch nicht richtig rund", sagt Linz. "Es gibt bislang keine Produktion von medizinischem Cannabis aus deutschem Anbau. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage gibt es immer wieder massive Lieferengpässe. Hier wünsche ich mir deutliche Verbesserungen."
Verpflichtung der Krankenkassen geplant
Pirooznia fordert ebenfalls Regeln und Rechtssicherheit für Patienten, aber auch für die Polizei, die schließlich den Konsum kontrolliere. Bestehende Unsicherheiten müssten ausgeräumt werden, betont der gesundheitspolitische Sprecher. Wer Cannabis ärztlich verordnet einnehme, dürfe deshalb nicht vor Gericht landen oder seinen Führerschein verlieren. Ein weiterer Punkt ist die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen. Weil diese häufig abgelehnt werde, sollen laut dem rot-grünen Antrag die Krankenkassen dazu verpflichtet werden, die Therapiefreiheit beziehungsweise die Verordnung der Ärzte zu respektieren. Nur in begründeten Einzelfällen dürfe dann die Kostenübernahme verweigert werden.
Eine Cannabisagentur regelt in Deutschland den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Angesiedelt ist die Agentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Zur Herstellung von Medizinalhanf werden in einer Ausschreibung Vergabekriterien festgelegt, die unter anderem Erfahrungen mit der Produktion von medizinischem Cannabis fordern. Das sorgt in Bremen für Unverständnis: „Da der Anbau bisher illegal ist, kann ja im Prinzip niemand Erfahrungen vorweisen“, sagt Stephanie Dehne, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD.
Auch wenn die Bremer Koalitionspartner nun mit diesem Antrag vorpreschen, wird es keinen Bremer Alleingang geben. Mögliche gesetzliche Regelungen müssen auf Bundesebene festgelegt werden. Ähnlich sieht es beim Thema Cannabis-Legalisierung aus, um die in Bremen heftig gestritten wird. Die Grünen pochen weiterhin darauf, den Besitz und Erwerb von bis zu zehn Gramm Cannabis künftig straffrei zu stellen und fordern auch, dass der Konsum von Cannabis nicht mehr zum Verlust des Führerscheins führen dürfe. Doch die SPD-Spitze hatte große Bedenken und legte das Thema vorerst auf Eis. Dadurch krachte es in der Koalition. Auch in der SPD selbst gibt es Gegner und Fürsprecher – wie Stephanie Dehne – einer Legalisierung.