Bremen. Die jüngsten Asbestfunde in der Grundschule am Wasser haben Folgen. Politiker der Bürgerschaftsfraktionen wollen das Thema in die nächste Sitzung der Baudeputation bringen. Offenbar reicht die bloße Bestandsaufnahme der öffentlichen Gebäude, in denen bis Mitte der 80er-Jahre Asbest verbaut wurde, in einem Asbestkataster nicht aus. Die grüne Abgeordnete Maike Schaefer erwartet "eine Fehleranalyse", um zu erfahren, "wo das System versagt hat".
Wenn heute der Begriff Asbest fällt, ist die Angst vor Gesundheitsgefährdung, vor Krebs sofort gegenwärtig. In der Grundschule am Wasser in Bremen-Nord war das jüngst der Fall. Bei Bohrarbeiten für Kabelverlegungen trat Asbeststaub aus Deckenplatten aus. Die Schule wurde während der Überprüfung und Versiegelung der Platten geschlossen. Im kommenden Sommer wird saniert. Doch die Liste mit Gebäuden, in denen das einst als Wunderfaser bekannte Material verbaut wurde, ist lang. Ein Asbestkataster gibt es seit Beginn der 90er-Jahre. Bei dieser Bestandsaufnahme allein soll es nun nicht bleiben.
Nach Ansicht von Jürgen Pohlmann, baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, muss das Thema in der Baudeputation diskutiert werden. "Wir haben den Anspruch, einen fundierten Bericht von der Verwaltung bis Ende des Jahres zu bekommen", sagt er. "Auch in Zeiten knapper Kassen müssen wir uns dem Thema mehr widmen." Für den Politiker ist das nicht zuletzt deshalb wichtig, weil die Kosten für künftige Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden beziffert werden müssten. "Das spielt ja für die nächsten Haushaltsberatungen eine wichtige Rolle." Von Seiten der Politik sei es notwendig, "an Sanierungsstrategien festzuhalten".
Diese sehen momentan so aus, dass Asbest im Zuge anstehender Bau-, Umbau- oder Renovierungsarbeiten mit saniert wird. "Es gibt keinen eigenen Asbest-Sanierungstopf. Das wird im Rahmen des laufenden Bauunterhalts finanziert", erklärt Peter Schulz, Sprecher von Immobilien Bremen, die zuständig ist für die öffentlichen Gebäude der Stadt. Dort ist auch das Asbestkataster untergebracht. Seit Beginn der 90er-Jahre pflegt Bremen eine solche Bestandsaufnahme, in der aufgelistet wird, auf welche Weise beispielsweise in Schulen Asbest verbaut wurde. Weit über 800 Gebäude sind dort aufgeführt. Immer noch kommen Informationen hinzu.
Mit der Bestandsaufnahme und der Kontrolle der Gebäude nach einem Dringlichkeitsraster ist es indes nicht getan. Wer in mit asbesthaltigen Materialien belasteten Räumen Reparaturen oder Sanierungen vorhat, muss über die Asbestfunde Bescheid wissen. Seit diesem Sommer haben nach Auskunft von Schulz auch Hausmeister in den Schulen die klare behördliche Anweisung, keine entsprechenden Arbeiten vorzunehmen, ohne sich vorher über das Asbestkataster kundig zu machen. "Das ist eine klare Vorgabe", sagt Peter Schulz. Allerdings gibt es sie erst seit einigen Wochen. Asbestgefahr und Kataster sind hingegen seit Jahrzehnten bekannt.
Werden Bau- und Sanierungsarbeiten an öffentlichen Gebäuden ausgeschrieben, steht laut Schulz in den Texten, dass die Unternehmen Schutzvorkehrungen zur Sanierung von Schadstoffen treffen müssen. Auch Subunternehmen und Mitarbeiter seien entsprechend zu informieren.
Doch die Vorgaben müssen auch beachtet werden. "Wenn das optimal laufen würde, dürfte es solche Fälle wie jetzt aktuell ja nicht geben", sagt Maike Schaefer, umweltpolitische Sprecherin der Grünen und Mitglied der Baudeputation. Das Kataster zu haben, sei erst mal eine gute Sache. Doch nun müsse man sich die Bestandsaufnahme erneut vornehmen und "nach sensiblen Bereichen" schauen, meint die Politikerin. "Wir müssen eine Fehleranalyse machen und feststellen, wo das System versagt hat." Auch die Vernetzung des Katasters müsse überprüft werden.
In der nächsten Sitzung der Baudeputation will die Grünen-Politikerin deshalb einen Bericht anfordern und das Thema auch im Vergabeausschuss diskutieren. "Man muss die Vorgaben, die es gibt, auch ernst nehmen", betont sie. Um die Dringlichkeit des Themas zu unterstreichen, hat Schaefer nach eigenem Bekunden gestern mit der Baubehörde telefoniert und dort bereits den Bedarf nach einem Bericht angekündigt.
"Ein Kataster zu haben, ist eine Sache, aber zu sagen, was man damit anfängt, ist eine andere", sagt Klaus-Rainer Rupp, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke. "Der Senat sollte ein Konzept zur Asbestsanierung vorlegen." Dass solche Sanierungen in Zeiten knapper Kassen nicht einfach seien, sieht Rupp nach eigenem Bekunden ein. "Öffentliche Investitionen können deshalb an vielen Stellen nicht getätigt werden. Aber dies ist ein unerträglicher Zustand, vor allem in den Schulen", sagt er zu den jüngsten Asbestfällen
Bremen steht nicht allein da mit den Altlasten. Vor allem im 19. Jahrhundert wurde Asbest wegen seiner guten Verwendungseigenschaften, der Säure- und Hitzebeständigkeit, in ganz Deutschland vielfältig eingesetzt. Bremen hatte 1983 die Verwendung des Faserstoffes in öffentlichen Gebäuden verboten.