Bremen. Es ist ein Mammutprozess, und er geht weiter: Im Verfahren um den Tod von Laye-Alama Condé bei einem Brechmittel-Einsatz im Jahr 2004 steht weiterhin ein ehemaliger Polizeiarzt vor Gericht.
Der Polizeiarzt hatte dem 34-Jährigen Brechsirup eingeflößt, damit dieser Drogenkügelchen erbrechen sollte. Der Mann war kurz darauf gestorben. Nachdem zuletzt die Einstellung des Verfahrens in greifbare Nähe gerückt war, will die Staatsanwaltschaft nun, dass der Prozess fortgesetzt wird.
Die Richterin begann die Verhandlung gestern mit einer Erklärung. Sie berichtete, der Oberstaatsanwalt habe ihr mitgeteilt, dass sein Vertreter der Einstellung nicht zustimmen werde. Sie vermutet, diese Entscheidung sei durch die Stellungnahme der Politik beeinflusst worden. Mehrere Politiker, vor allem Matthias Güldner als Fraktionsvorsitzender der Grünen und Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, hatten sich zuvor gegen die Einstellung des Verfahrens ausgesprochen. "Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass die Politik so großen Einfluss auf ein laufendes Verfahren haben kann", sagte die Richterin. Der Staatsanwalt habe aber im Gespräch mit ihr den Verdacht zurückgewiesen, er handle auf Weisung der Politik.
"Durch einen Tod, der als direkte Folge eines staatlichen Zwangseingriffs eingetreten ist, kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der staatlichen Strafverfolgung nachhaltig erschüttert werden", begründete die Staatsanwaltschaft gestern ihre Forderung, den Prozess fortzusetzen. Nur eine Entscheidung des Gerichts könne dieses Vertrauen wiederherstellen.
Nachdem das Gericht zunächst nur zwei weitere Prozesstermine bekannt gegeben hatte, wurden nun gestern Verhandlungstage bis in den November hinein festgelegt. Diese müssen allerdings nicht alle ausgeschöpft werden. Die Sanitäter, die 2004 beim Brechmittel-Einsatz hinzu kamen, sollen nun erneut befragt werden. Zudem kündigte die Verteidigung an, man werde Beweisanträge stellen, um Politiker wie zum Beispiel den ehemaligen Bürgermeister Henning Scherf vorzuladen, der die Brechmittel-Praxis in Bremen durchgesetzt habe.
Es ist das dritte Mal, dass der Fall am Landgericht neu aufgerollt wird. Zweimal hatte der Bundesgerichtshof einen Bremer Freispruch kassiert und den Fall mit scharfer Rüge zurück nach Bremen verwiesen.