Die öffentlichen Hochschulen in Bremen leiden unter einem erheblichen Sanierungsstau. Die Wissenschaftsbehörde hat nun ermittelt, dass 227 Millionen Euro benötigt werden, um die Gebäude zu sanieren.
Die öffentlichen Hochschulen in Bremen leiden unter einem erheblichen Sanierungsstau. Der Zustand vieler Gebäude lässt erkennen, dass die Etats für Instandhaltung seit Jahren auf Kante genäht sind. Für die Haushaltspolitiker der Bürgerschaft hat die Wissenschaftsbehörde jetzt zusammengerechnet, wie viel Geld man in die Hand nehmen müsste, um den Modernisierungsbedarf von Universität, Hochschule und Hochschule für Künste zu decken. Unterm Strich sind dabei 227 Millionen Euro herausgekommen. Die Behörde hat bereits eine Liste für Sanierungsmaßnahmen erstellt, die bis ins Jahr 2030 reicht.
Der weitaus größte Teil des gewaltigen Finanzbedarfs entfällt mit rund 208 Millionen Euro auf die Universität. Ihre Gebäude entstanden überwiegend Anfang bis Mitte der 1970er-Jahre. Haus- und Klimatechnik sowie Teile der Innenausstattung sind nach wie vor auf dem Stand von damals. Vor drei Jahren berief Uni-Kanzler Martin Mehrtens ein Gremium ein, das die Sanierungserfordernisse umfassend aufbereiten und Prioritäten benennen sollte. Was den Haushältern der Bürgerschaft jetzt vorliegt, basiert auf der Arbeit dieser sogenannten Lenkungsgruppe.
Uni-Gebäude schadstoffbelastet
Zu den größten Brocken auf der Liste der Sanierungsprojekte zählen die Blocks A und B des Naturwissenschaftsgebäudes NW 2. Sie sind nicht nur technisch veraltet, sondern zum Teil auch schadstoffbelastet. Geplant ist, den Block B zu einem modernen Lehrveranstaltungszentrum umzubauen. Moderisierung und Umbau der beiden Trakte würden mit insgesamt knapp 54 Millionen Euro zu Buche schlagen.
„Was wir ebenfalls dringendst benötigen, ist ein Zentrum für besondere Großgeräte, wie sie etwa in den Materialwissenschaften oder von den Physikern und Chemikern benutzt werden“, sagt der Kanzler. Ein solches Zentrum könnte am Standort des Unibades entstehen, das Anfang des nächsten Jahrzehnts endgültig schließen wird. Kostenpunkt: rund 24 Millionen Euro.
Das Unibad gilt Mehrtens als mahnendes Beispiel für das, was jederzeit an anderen Ecken des Campus passieren könnte. 2015 hatte die Lüftungstechnik im ohnehin stark sanierungsbedürftigen Schwimmbad endgültig den Geist aufgegeben. Erst ein knappes Jahr und eine 1,1 Millionen Euro teure Reparatur später konnte das Bad wieder öffnen. Die Klimatechnik vieler Uni-Gebäude ist ähnlich antiquiert wie die des Bades vor der Modernisierung. Anders ausgedrückt: Für Mehrtens und seine Baufachleute ist jeder Tag ohne Schreckensmeldung von dieser Front ein guter Tag.
Prioritätenliste ständig nachjustieren
„Wir müssen die Prioritätenliste für unsere Projekte ständig nachjustieren“, sagt Mehrtens vor diesem Hintergrund. Aktuelles Beispiel: der Sonnenschutz des Bibliotheksgebäudes. In den Lamellen-Segmenten klaffen große Lücken, auch ihre Steuerungstechnik ist hoffnungslos veraltet. Die Erneuerung muss nun unverzüglich in Angriff genommen werden, will man weiteren Schaden abwenden. „Wenn wir das jetzt vorziehen, wird dafür allerdings ein anderes Projekt verschoben werden müssen“, sagt der Uni-Kanzler.
Im Wissenschaftsressort des Senats hat man bereits eine Vorstellung, wie zumindest ein Großteil der notwendigen Modernisierungen finanziert werden soll. Noch bis 2020 fließen jährlich rund 12,8 Millionen Euro an Bundesmitteln für den Hochschulbau nach Bremen. Danach wird die Hansestadt Gelder in gleicher Höhe als zusätzlichen Umsatzsteueranteil erhalten. Schreibt man diesen Betrag bis 2030 fort und rechnet noch ein paar zusätzliche, bereits beschlossene Aufwendungen hinzu, dann stehen für diesen Zeitraum 194 Millionen Euro zur Verfügung.
Das bleibt ein Stück hinter dem kalkulierten Gesamtbedarf für die Uni von 208 Millionen zurück. Die für die Hochschule (16,5 Millionen Euro) und die Hochschule für Künste (1,2 Millionen Euro) veranschlagten Mittel sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.
Internationales Begegnungszentrum
Nicht finanziert sind außerdem Wünsche, die über eine Modernisierung der vorhandenen Gebäudesubstanz hinausgehen. So findet Martin Mehrtens beispielsweise, „dass uns ein internationales Begegnungszentrum sehr gut zu Gesicht stehen würde“.
Immerhin kämen rund zehn Prozent der rund 20.000 Studenten aus dem Ausland, mehr als insgesamt an der privaten Jacobs-Universität eingeschrieben sind. Als idealen Standort für ein solches „Welcome-Center“ hat Uni-Kanzler Martin Mehrtens den maroden Altbau gegenüber dem Glaskasten des Zentralgebäudes ausgemacht.