Bremen. Es muss sich etwas ändern. Das glauben die Vertreter eines Bündnisses aus Gewerkschaften und Initiativen, die der Bundesregierung einen heißen Herbst bereiten wollen. Die Ideen des Bündnisses sind vielfältig, doch in einem sind sie sich einig: Die derzeitige Sozialpolitik sei "asozial und ungerecht".
'Unser Ziel ist es die Menschen zu motivieren sich einzubringen', sagt Annette Düring, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bremen-Elbe-Weser. 'Viele Menschen empfinden, dass die Politik ungerecht ist, nehmen es hin und wehren sich nicht. Wir brauchen dringend Veränderungen.'
Das Bündnis, das sich unter dem Motto 'Gerecht geht anders' zusammengefunden hat, besteht aus mehr als zehn Gewerkschaften und Initiativen, darunter Ver.di, IG Metall, die Diakonie oder die Arbeitnehmerkammer Bremen. Allesamt halten sie die Arbeit der Bundesregierung für kritikwürdig. Grundsätzlich will das Bündnis gegen das Sparpaket der Bundesregierung protestieren. 'Das ist kein Sparpaket, sondern ein Kürzungspaket', macht Düring klar.
'Wir arbeiten an vielen kleinen Punkten, um die Leute zu motivieren', erklärt die DGB-Vorsitzende. Entsprechend vielfältig ist das Themenspektrum. 'Einer unserer Schwerpunkte sind die Kommunen in Not', sagt Rainer Kuhn, Geschäftsführer von ver.di. Viele Gemeinden könnten ihre Aufgaben aufgrund massiver Kürzungen nicht mehr wahrnehmen. Dieter Nickel von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hingegen betont die Forderung nach einem Mindestlohn. 'Die prekäre Beschäftigung nimmt immer mehr zu.' Die aktuelle Anhebung des Hartz-IV-Satzes, errechnet aus dem Einkommen der Geringverdiener, bezeichnet er als 'haarsträubend'. Und sein Kollege Dieter Reineke von der IG Metall betrachtet die Leiharbeit als das Kernthema der kommenden Wochen. Er spricht von 'skandalösen Zuständen' und kritisiert, dass immer mehr Jugendliche nach der Ausbildung in ein prekäres Beschäftigungsverhältnis kämen.
"Die Sozialpolitik ist asozial und ungerecht"
Als Fünfter im Bunde verkündete gestern Olaf Bernau vom Antikrisenbündnis seine Forderungen: 'Die Sozialpolitik ist asozial und ungerecht. Es wird immer nur bei den Armen gekürzt.' Die soziale Spaltung der Gesellschaft sei politisch gewollt. Er fordere daher eine Reformierung von Hartz I bis IV.
Für diesen Herbst haben die Gewerkschaften europaweit zu Aktionen aufgerufen. Jede Region hat dabei einen anderen Schwerpunkt. 'Wir machen keine Kopfgeburten, wir setzen da an, wo die Menschen stehen und wo es Probleme gibt', sagt Düring. Bremen bezeichnen die Bündnisvertreter als Hochburg der Leiharbeit und Prekär-Beschäftigung. Mit einer Demonstration und weiteren Protestaktionen am 29. September auf dem Domshof wollen sie besonders auf diese Missstände aufmerksam machen.
Gleichzeitig werden auch in Brüssel zahlreiche Aktionen erwartet. 'Wir bleiben aber ganz bewusst vor Ort in Bremen', sagt Düring. Das sei weniger kräftezehrend. 'Zudem fallen 250 Demonstranten in Brüssel kaum auf, hier in Bremen hingegen schon', ergänzt Nickel.
Aufforderung zur Wahl
Ein wichtiges Ereignis für das Bündnis ist die Bürgerschaftswahl im kommenden Jahr. 'Nicht zu wählen, wäre falsch', betont Kuhn. Es sei wichtig, den Menschen klar zu machen, dass die Wahl ein ausschlaggebender demokratischer Prozess ist. 'Es ist wichtig, etwas zu tun.' Das Bündnis will die Wähler motivieren, zur Wahl zu gehen, um aktiv etwas gegen die Missstände im Land zu unternehmen.
Wie viele Menschen tatsächlich die Forderungen des Aktionsbündnisses unterstützen, wissen die Vertreter des Bündnisses nicht. Sie rechnen zusätzlich zu den offiziellen Protestaktionen mit betriebsinternen Maßnahmen. 'Wenn 1000 oder sogar 3000 Menschen an unseren Maßnahmen im Herbst teilnehmen und auf die Straße gehen, dann wäre das für uns ein Erfolg', sagt Bernau.
Generell sind sich die Vertreter aber einig: Mit einem Bremer Bündnis könne man mehr ausrichten, gleichzeitig brauche man aber dennoch einen langen Atem. Es sei schwer, die Menschen zu motivieren, sich für ihre Interessen einzusetzen. Gleichzeitig werde es dauern, bis die Regierung auf die Proteste und Forderungen reagiert und tatsächlich Effekte erzielt werden können. 'Die Regierung wird uns aber nicht ignorieren können', ist sich Nickel sicher. Auch Kuhn ist optimistisch: 'Ich glaube, es tut sich etwas. Das ist doch erst der Anfang der Mobilisierung.' Und Düring ist überzeugt: 'Millionen sind stärker als Milliardäre.'