Beim Bremer Logistiker Röhlig läuft der Konzernumbau, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Erste Ergebnisse sind nun sichtbar.
Beim Bremer Logistiker Röhlig stehen alle Zeichen auf blau. Nicht nur, weil Blau seit jeher die Farbe des Unternehmens ist. Sondern vor allem, weil mit „Blue Future“ vor mehr als einem Jahr ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm gestartet ist, das das Unternehmen fit für die Zukunft machen soll. Passend dazu tragen Firmenchef Philip W. Herwig und der kaufmännische Geschäftsführer Hans-Ludger Körner an diesem Mittwoch, an dem sie die ersten Ergebnisse des Programms vorstellen und einen Ausblick auf die kommende Zeit geben wollen, blaue Anzüge. Hier in der Überseestadt, direkt an der Weser, wo Röhlig vor sieben Jahren seinen neuen Firmensitz bezogen hat, weht ein frischer Wind.
„Das vergangene Jahr war gut, aber auch anstrengend“, sagt Herwig. Der Familienunternehmer und seine Kollegen aus der Geschäftsführung waren in allen 22 Ländern, in denen Röhlig mit eigenen Büros vertreten ist, zu Gast. „Blue Future“ vorstellen, Überzeugungsarbeit leisten, reden, zuhören. Der Zeitplan ist eng gestrickt: Bis 2018 soll der Rohertrag des Unternehmens – auch durch das Programm – um 30 Prozent gesteigert werden. Mit einem Plus von 13,5 Prozent auf 125 Millionen Euro hat Röhlig im vergangenen Jahr ein erstes Etappenziel erreicht, doch bis zu den 30 Prozent ist es noch ein langer Weg.
Noch globaler denken
Die Basis von „Blue Future“ bildet der Konzernumbau: Statt einzelner, relativ autark agierender Landesgesellschaften gibt es nun zentrale Anlaufpunkte und globale Strategien, nach denen sich die einzelnen Büros richten sollen. Dafür wurden die Funktionen und Sparten Verkauf, See- und Luftfracht, Kontrakt- und Projektlogistik, Finanzen, IT, Personal und Kommunikation umgebaut.
Statt etwa über Ideen zu grübeln, die nur in einem Land funktionieren, wird nun globaler gedacht – das gilt insbesondere für den Bereich IT. „Die Verantwortung bleibt lokal, denn vor Ort werden Kunden gewonnen und die Zusammenarbeit weiterentwickelt“, erklärt Herwig, der die Firma vor eineinhalb Jahren von seinem Vater übernommen hat. „Die Impulse, die von den neuen globalen Funktionen ausgehen, sollen uns zusätzliches Geschäft bringen.“
Und neues Geschäft ist in Zeiten von Schifffahrtskrise, Überkapazitäten und Margendruck überlebenswichtig. Röhlig setzt dabei etwa auf die Digitalisierung. Wer Kunde bei dem Bremer Logistiker ist, soll stets wissen, wo sich seine Ware gerade befindet. Ein Wissen, das mit einem ganzen digitalen Datenpaket einhergehen kann. Zum Beispiel, wenn die Ware auf hoher See ist: Wo genau ist das Schiff mit der Ware? Welche Ware ist in welchem Container, und wann wird sie geliefert? All diese Daten und noch viele mehr können schon jetzt online abgerufen werden.
Knapp vier Millionen Euro für IT
Der Bremer Logistiker muss dafür die Daten, aber auch die entsprechenden Schnittstellen bereitstellen – die Detailtiefe und die Schnelligkeit sollen weiter verbessert werden. Kundenzentrierung nennt Röhlig das. Eine entsprechende IT-Infrastruktur aufzubauen, ist teuer: Knapp vier Millionen Euro hat Röhlig im vergangenen Jahr allein für die IT und externe Beratung ausgegeben. Diese Investitionen gehen zulasten des Vorsteuergewinns (EBIT), der im vergangenen Jahr bei 9,2 Millionen Euro lag. Dass sich die Höhe der Investitionen in nächster Zeit verringern wird, glaubt Herwig nicht. „Es wäre fatal, nicht weiter zu investieren.“
In einem Familienunternehmen wie Röhlig, das Herwig in sechster Generation führt, sind die Prioritäten ohnehin etwas anders gesetzt. „Wir fokussieren uns darauf, ,Blue Future‘ erfolgreich umzusetzen“, sagt der 35-jährige Herwig. „Das hat Vorrang vor einem Konzernjahresergebnis.“ Finanzchef Körner, der auch schon mit Herwigs Vater Thomas zusammengearbeitet hat, findet, dass die Neuausrichtung des Unternehmens ein mutiger, aber wichtiger Schritt sei.
„Es geht darum, langfristig im Wettbewerb bestehen zu können“, sagt er – auch im Interesse der Familie, die hinter Röhlig steht, und die – wie in den meisten Familienunternehmen üblich – auf nachhaltiges Wachstum statt auf kurzfristige Rendite setze.
Unternehmen muss auf globale Trends reagieren
Mehr Geschäft verspricht sich das Unternehmen auch über Zusatzdienstleistungen entlang der Wertschöpfungskette. Also weg von der ganz klassischen Organisation von See- und Luftfrachttransporten. „Kontrakt- und Projektlogistik sind Bereiche, die wir weiter ausbauen wollen“, sagt Herwig. Einen Mehrwert wolle man schaffen für den Kunden, der immer individuellere Dienstleistungen einfordert.
Unterm Strich soll „Blue Future“ dafür sorgen, dass das Unternehmen agil bleibt. Früher hätten sich die Geschäfte stark an der Saison und Wirtschaftszyklen orientiert. „Heute müssen wir schnell auf globale Trends reagieren.“ Bis 2018 läuft das Programm offiziell noch. Dass die blaue Phase dann beendet sein wird, glaubt Herwig nicht.