Mit scharfer Kritik am erstarkenden Rechtspopulismus in Deutschland hat am Sonntag die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) begonnen.
„Wenn Wortführer einer radikalisierten Alternative für Deutschland (AfD) unverhohlen rechtsradikale Ressentiments schüren, und in Pegida-Demonstrationen hasserfüllte Parolen skandiert werden, dann hat das mit einem lebendigen Diskurs, wie ihn die Demokratie braucht, nichts mehr zu tun“, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor dem im Bremer Congress-Centrum tagenden Kirchenparlament. „Wer bei deren Demonstrationen mitläuft, muss sich im Klaren darüber sein, dass er rechtsradikalen Hetzparolen, die dort geäußert werden, Legitimation verleiht.“
Die Distanzierung des Ratsvorsitzenden kommt nicht von ungefähr: Tatsächlich werden bei Pegida-Demonstrationen immer wieder Kreuze mitgeführt, tatsächlich gehört die Berufung auf das sogenannte christliche Abendland in entsprechenden Kreisen zum guten Ton. Auf Veranstaltungen der AfD wird für verfolgte Christen gesammelt, und ihre Spitzenpolitikerin Frauke Petry war bis vor Kurzem evangelische Pfarrfrau. „Man kann über alles diskutieren: Über Möglichkeiten der Steuerung der Flüchtlingsbewegungen, über die Notwendigkeit der Rückführung, über Registrierzentren für Flüchtlinge und auch über Überforderungsgefühle bei der Aufnahme“, sagte Bedford-Strohm. „Aber es darf nie eine menschliche Kälte zum Ausdruck kommen, die unberührt bleibt vom Leid der Menschen, um die es da geht.“
Wie Bedford-Strohm vor der Synode betonte, seien unter dem Dach der evangelischen Kirche rund 120 000 ehrenamtliche Helfer für Flüchtlinge engagiert. Es würden hohe Geldsummen für die Unterstützung von Flüchtlingen bereitgestellt – wie am Rande der Synode bekannt wurde, seien in allen deutschen Landeskirchen bislang mehr als 70 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit geflossen. In diesem Zusammenhang würdigte der EKD-Ratsvorsitzende auch ein Projekt aus Bremen: Die Kirchengemeinde in Arsten-Habenhausen, die im Asylkreis Arsten aktiv sei und sich in der Erstaufnahme engagiere, „mit Wohnraum, mit dem Café Welcome, mit Kinderkino und gemeinsamen Ausflügen.“
Doch aus Sicht der EKD ist das nicht genug. Nötig seien „umfangreiche Integrationsanstrengungen“: Dazu zählten etwa die Schaffung von Kita-Plätzen, bezahlbaren Wohnungen oder die Einstellung von Lehrern. In seinem mit lang anhaltendem Applaus bedachten Vortrag erneuerte Bedford-Strohm, dessen Wiederwahl als Ratsvorsitzender am Mittwoch erwartet wird, zudem die Unterstützung der Kirchen für den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel. „Der Versuch, uns durch Abschottung die faktisch ja vorhandene massive Not vom Leibe zu halten, wäre ethisch nicht zu rechtfertigen“, so Bedford-Strohm. Dagegen sei es offensichtlich, dass sich die EU bisher als unfähig erwiesen habe, mit der Situation angemessen umzugehen. Auch die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, die Mitglied der Synode ist, sprach vor der Synode von einem „dramatischen Versagen von Europa“.
Begonnen hatte die Tagung des Kirchenparlaments am Morgen mit einem Gottesdienst in der Bremer Kulturkirche St. Stephani. Schon in der Eröffnungspredigt hatte sich der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, Renke Brahms, für eine Atmosphäre ausgesprochen, „die nicht von Angst beherrscht, sondern die von Offenheit und mutigem, aufrechtem Zugehen auf die Menschen geprägt ist.“ Zu den Gästen der Synode gehörte am Sonntag auch der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. In einem Grußwort würdigte er die Distanzierung der evangelischen Kirche von der Judenfeindschaft Martin Luthers.