SPD und Grüne in Bremen haben sich trotz der Zweifel in den eigenen Reihen festgelegt: Der Offshore-Terminal in Bremerhaven (OTB) wird gebaut. Basta. Doch spätestens seit der Entscheidung von Siemens, die erste Offshore-Fabrik statt in Bremerhaven in Cuxhaven zu bauen, wird die Kritik immer lauter. Am Montag hat sie ein neues Forum bekommen. Auf der Homepage der Bremischen Bürgerschaft kann eine Petition unterzeichnet werden, die sich gegen den OTB wendet. Die Initiatoren fordern das Parlament auf, zu dem Projekt einen Volksentscheid herbeizuführen.
Begründet wird die Petition mit den Kosten des OTB und der Finanzierung. „Wegen der hohen Verschuldung des Bundeslandes Bremen dürfen keine öffentlichen Gelder für ein Projekt ausgegeben werden, das von privaten Investoren aufgrund anerkannter Unwirtschaftlichkeit bereits abgelehnt wurde.“ Die Prognosen zur Auslastung des Schwerlasthafens seien realitätsfremd, die Baukosten von 180 Millionen Euro zu niedrig veranschlagt, und dass sich wegen des OTB weitere Unternehmen in Bremerhaven ansiedeln, sei nur ein frommer Wunsch.
Das ist der Inhalt der Petition, für die sich die Initiatoren einige Tausend Unterschriften erhoffen. Sie werben für ihre Aktion unter anderem mit einer eigenen Homepage, die ebenfalls am Montag ins Netz gestellt wurde.
Eingereicht wurde die Petition von Ingo Oehlkers, einem Unternehmer aus Bremen-Nord, der nach seinen Angaben einen Kreis von weiteren Firmeninhabern und Juristen hinter sich hat. „Der OTB ist nichts als Glaube und Hoffnung“, sagt er im Gespräch mit dem WESER-KURIER, „am Ende wird wieder der Steuerzahler die Zeche zahlen.“
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Als letzte Bestätigung für seine Einschätzung nimmt Oehlkers die Siemens-Absage für Bremerhaven. Auch andere tun das. Siemens sei der große Ansiedlungsaspirant gewesen, auf den die Planer für den OTB gesetzt hätten, heißt es in einer Stellungnahme des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Der OTB war schon lange eine Hochrisiko-Investition, nun ist er ein tot geborenes Kind“, sagt der Bremer BUND-Chef Martin Rode.
Die Umweltschutzorganisation fordert den rot-grünen Senat auf, nicht länger an dem Projekt festzuhalten. Gründe dafür gäbe es genug. So habe sich weder für den Bau des Hafens noch für den Betrieb ein privates Unternehmen finden lassen. Stattdessen solle jetzt als Betreiber die staatliche BLG Logistics Group einspringen. „Muss noch mehr passieren, bevor der Senat erkennt, dass er auf dem Holzweg ist?“, fragt Rode. Für den neuen Bürgermeister Carsten Sieling (SPD), meint der Umweltschützer, komme die erste große Bewährungsprobe schneller als gedacht.
Siemens will in Cuxhaven 200 Millionen Euro investieren und rund 1000 Arbeitsplätze schaffen. Die Standortwahl bringt Bremerhaven ins Hintertreffen, weil es sich selbst um Siemens bemüht hatte, damit der OTB ab dem Jahr 2020 von vornherein gut ausgelastet ist. Verzagen wollen die Verantwortlichen in Bremen deshalb aber nicht. Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) rief die Seestadt im Gegenteil als „zweiten Gewinner“ aus. Von der Ansiedlung profitiere die gesamte Region und eben auch Bremerhaven. Günthner: „Der Beschluss von Siemens ist kein Grund, beim OTB zu wackeln.“
In einem Gutachten zum OTB, das vor einem Monat veröffentlicht wurde, kommen die Experten zu dem Schluss, dass der Bau des Hafens sich nur dann lohnen könnte, wenn die beiden Windkraftanlagenhersteller Senvion und Areva mit ihren Werken in Bremerhaven engagiert blieben und von dort aus ihre Marktanteile noch einmal kräftig ausbauen. Der Vorteil beider Unternehmen sei, dass sie sich auf leistungsstärkere Turbinen spezialisiert hätten und damit anders als Siemens voll im Trend lägen. Genau in diesem Bereich, bei den Sieben-Megawatt-Anlagen, will Siemens nach eigenem Bekunden jetzt aber aufholen – in Cuxhaven.