Nach Auskunft des Rathauses soll Frank-Walter Steinmeier der erste Bundespräsident sein, der einen Antrittsbesuch im Bremer Norden absolviert. Das hatten wir am Donnerstag berichtet. Ältere Leser der NORDDEUTSCHEN erinnern sich aber: Es war doch schon mal ein Bundespräsident in Bremen-Nord und zwar mit dem 1963 verstorbenen Theodor Heuss gleich der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.
Leser Rolf Molter schreibt, er könne sich noch gut an den Besuch des liberalen Politikers erinnern. „Theodor Heuss war 1957 in Vegesack! Ich war selbst vor Ort und habe Heuss mit meiner Agfa Clack vor der Strandlust fotografiert. Das Foto habe ich heute noch.“ Auch der Pastor in Ruhestand Ingbert Lindemann hat am 12. Februar 1957 ein Foto von Theodor Heuss geschossen. Heuss war damals zur Taufe eines Seenotrettungskreuzers der DGRS zur Werft F. Schweers in Bardenfleth angereist. Der Seenotkreuzer erhielt den Namen Theodor Heuss.
„Anschließend wurde Theodor Heuss mit dem neuen Schiff nach Vegesack gebracht. Wir Schüler der Vegesacker Volksschule marschierten mit unseren Klassenlehrern zur Strandstraße und winkten dem Bundespräsidenten mit Papierfahnen zu, als er vom Anleger zur Strandlust ging. Dabei entstand das beiliegende Foto, leider verwackelt“, erinnert sich Ingbert Lindemann, früher Pastor der Christophorus-Gemeinde in Menkestraße in Aumund-Fähr.
In Vegesack habe es sogar noch eine Fortsetzungsgeschichte zum Präsidenten-Besuch gegeben: Ein Vorgänger Lindemanns, der frühere Pastor der Gemeinde, Gerhard Beyer, hatte gehört, dass es für neue Gemeinden signierte Bibeln gäbe. Er habe wegen des geplanten Neubaus der evangelisch-lutherischen Gemeinde (die Christophorus-Kirche wurde 1958 in Betrieb genommen) Heuss darauf bei dessen Besuch angesprochen und später tatsächlich eine Bibel mit Widmung zugeschickt bekommen. Die Bibel ist inzwischen verschwunden, eine Fotokopie von Heuss‘ Unterschrift hat Lindemann aber noch.
Über Theodor Heuss‘ Besuch berichtete übrigens auch der WESER-KURIER am 13. Februar 1957. Schon vor rund 60 Jahren sollte beim Besuch des Bundespräsidenten alles streng nach Protokoll gehen. Nur die Bremer Schüler hielten sich nicht dran. Eine Schulklasse stürmte laut Zeitungsbericht am Bremer Bahnhof auf den Bundespräsidenten zu, um ihn zu begrüßen. Fünf Minuten vor der festgelegten Zeit.
Im Seenotkreuzer „Hermann Apelt“ fuhr Heuss dann die Weser abwärts. „Auch für die Orte an der Unterweser war der gestrige Tag ein Freudentag“, berichtete unsere Zeitung. „Mit Fähnchen in den Bundesfarben säumten Schulkinder die Straßen und brachten Hochrufe aus.“ Die Häuser waren geschmückt, selbst ausländische Schiffe grüßten mit ihrer Nationalflagge. Nach der Taufe legte der Bundespräsident die Fahrt von Bardenfleth nach Vegesack an Bord des neuen Seenotkreuzers zurück, den seine Schwiegertochter Hanne Heuss getauft hatte. Seine Verbindung zu den Seenotrettern reiche bis in seine Kindheit im württembergischen Elternhaus zurück, hatte Theodor Heuss gesagt. Sein Vater sei Mitglied der Rettungsgesellschaft gewesen. Die Hefte mit Berichten über die aus der Seenot Geretten habe er stets als willkommene Lektüre empfunden, berichtete Heuss anlässlich der Taufe. Deshalb habe er die Schirmherrschaft über das deutsche Seerettungswerk gerne übernommen. Als der neue Seenotkreuzer ins Wasser glitt, spielte das Musikkorps II B Bremen-Grohn unter der Stabführung von Hauptmann Hans Essmann.
Peter Lohmann aus der Bremer Senatskanzlei hat sich diese Woche die Mühe gemacht und ein paar Archivunterlagen gesichtet. Dabei machte er eine überraschende Entdeckung: Der 1976 in Essen verstorbene Gustav Heinemann, der dritte Präsident der Bundesrepublik, war vom 19. bis 21. August 1969 in Bremen – und „zum Mittagessen in kleinem Kreis in der Strandlust in Vegesack.“
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