Wenn man gerade erst damit anfängt, den Berg hochzufahren, sollte man nicht mittendrin abbremsen. Dieses Bild benutzt Robert Dadanski gerne, wenn er über seine Motivation spricht, in Bremen einen Christopher Street Day (CSD) zu organisieren. 13 Jahre lang gab es die Veranstaltung für die Vielfalt sexueller Orientierung nicht – nun findet sie am 26. August nach langer Pause wieder statt.
Es ist ein Tag, der auch im Jahr 2017 noch immer gebraucht wird, finden Dadanski und Sylvia Mehner, die sich zusammen mit etwa 30 anderen Mitgliedern Ende vergangenen Jahres in dem Verein „CSD Bremen“ zusammengeschlossen haben, um die Demonstration und das Rahmenprogramm zu entwickeln. „Mit dem Gesetz zur Ehe für alle ist das Thema nicht erledigt“, sagt Dadanski. „Wir werden weiter diskriminiert, das entsteht vor allem im Kopf einzelner Personen. Deshalb wollen wir die Community auch stärker sichtbar machen, um Vorurteile abzubauen.“
Die Veranstalter stören nicht nur die irritierten Blicke, die sie noch immer von einigen Menschen erhalten, wenn sie mit ihrem gleichgeschlechtlichen Partner durch die Straßen laufen. Auch das Bremer Rat-und-Tat-Zentrum für queeres Leben würde regelmäßig mit Buttersäure-Angriffen zu kämpfen haben. Erst am vergangenen Sonnabend sei es wieder zu so einem Vorfall gekommen, bestätigt auch der Vorstand der Einrichtung Reiner Neumann. Unbekannte hätten die unangenehm riechende Flüssigkeit bereits vier Mal in diesem Jahr vor die Eingangstür des Zentrums gekippt. „Verletzt wurde dabei niemand, aber damit wird uns natürlich signalisiert, was man davon hält“, so Neumann.
Um klar zu machen, worauf es den Bremern beim CSD ankommt, hat der Verein ein Papier mit Forderungen formuliert. Darin geht es unter anderem um den Einsatz der Bundesregierung, sich für die Stärkung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in jenen Ländern einzusetzen, in denen Homosexualität bestraft wird. Zu den Forderungen gehören auch Aspekte, die konkret Bremen betreffen. So wünschen sich die Organisatoren des CSD eine Stärkung und Aktualisierung des Bremer Aktionsplans gegen Homo-, Trans-, und Interphobie. „Uns geht es vor allem auch darum, dass queere Geflüchtete passende Beratung erhalten oder unterstützende Übersetzer, die sich nicht weigern, entsprechende Dinge zu dolmetschen“, sagt Sylvia Mehner. Von solchen Vorfällen hätten Mitglieder des Vereins beim Organisationstreffen berichtet. „Außerdem fordern wir, dass das Rat-und-Tat-Zentrum in eine dauerhafte Finanzierung überführt wird und nicht jedes Jahr neue Gelder beantragen muss“, so Dadanski.
Bremens Bürgermeister übernimmt Schirmherrschaft
Kontakt zur Politik hat der Verein bereits aufgenommen. Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) übernimmt die Schirmherrschaft für den Christopher Street Day. Selbst dabei sein kann er nach Angaben der Senatskanzlei jedoch nicht. Dafür springt Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) ein, die sich mit mehreren Vertretern der Sozialbehörde für den Demonstrationszug angekündigt hat.
Dieser startet am 26. August um 13 Uhr am Breitenweg 37, Ecke Friedrich-Rauers-Straße, und zieht über die Bürgermeister-Smidt-Straße und den Wall in Richtung Marktplatz und Obernstraße. Gegen 15 Uhr wollen die Teilnehmer am Martini-Anleger ankommen. Dort treten bis circa 19.30 Uhr verschiedene Bands und Vereine und Beratungsstellen auf. „Außerdem sind mehrere Infostände geplant“, sagt Mehner. Wie viele Teilnehmer die Veranstalter erwarten, könnten sie bis jetzt noch nicht genau abschätzen.
Fakt ist, dass sich bisher bereits 30 Gruppen angemeldet haben, die zum Teil auch mit geschmückten Lastern und Autos den Umzug bestreiten werden. Unter anderem würde sich auch das schwul-lesbische Netzwerk des Bremer Mercedes-Benz-Werkes beteiligen. Zum Teil werden auch Personen auf den Lkws mitfahren können. Den Veranstaltern ist es wichtig zu betonen, dass der Bremer Christopher Street Day nicht zu sehr kommerzialisiert werden soll. „Die Mitfahrt auf den Fahrzeugen soll kostenlos bleiben“, sagt Dadanski. Auch die Mitarbeiter des Vereins würden alle ehrenamtlich arbeiten. Bei dem Demonstrationszug könne jeder dabei sein, der Interesse hat. Nur Fahrzeuge können nicht mehr angemeldet werden.
Nach dem offiziellen Teil in der Innenstadt und an der Schlachte werden zwei verschiedene Abschlusspartys stattfinden – einmal für Frauen, Lesben, Intersexuelle, Transgender und Interessierte und die andere für homosexuelle Männer. „Wir haben leider keine Örtlichkeit gefunden, in der wir alle zusammen feiern können“, sagt Mehner.
Im Jahr 1979 fanden in Bremen und in Berlin die ersten Christopher Street Days in ganz Deutschland statt. Wie in anderen Städten üblich, haben sich auch die Bremer Organisatoren nun vorgenommen, den CSD wieder als jährliche Veranstaltung in der Stadt etablieren zu wollen.