Viele Eltern brauchen eine Nachmittagsbetreuung für ihr Grundschulkind. Doch welche Betreuung ist die beste und zuverlässigste? Alle Bremer Grundschulen sollen perspektivisch zu Ganztagsschulen werden, das ist das Ziel der rot-grün-roten Landesregierung. Die Horte, die derzeit oft die Nachmittagsbetreuung übernehmen, sollen durch die Ganztagsschulen überflüssig werden. Doch immer wieder setzen sich Eltern für den Erhalt der bewährten Horte ein.
Ein Beispiel dafür lässt sich aktuell in Huchting beobachten. Dort kämpfen einige Eltern für den Erhalt von drei Hort-Angeboten, die demnächst wegfallen sollen. Sie protestierten auf einer Beiratssitzung und forderten, in Huchting müsse der Hort-Notstand ausgerufen werden. Der Grund für die geplante Hort-Schließung: Die benachbarte Grundschule an der Delfter Straße – die größte Grundschule Bremens – soll demnächst den Ganztagsbetrieb aufnehmen.
In Zukunft werde es durch das neue Ganztagsangebot in Huchting mehr Nachmittagsplätze geben als bisher, betont die Bildungsbehörde. Für den Erhalt der Horte spricht dennoch aus Sicht der protestierenden Eltern einiges: flexiblere Abholzeiten, Ferienbetreuung und ein engeres Vertrauensverhältnis von Eltern und Kindern zu den Hort-Erzieherinnen. Zudem haben die Eltern eine konkrete Sorge. Sie befürchten, dass wegen des Fachkräftemangels die Ganztagsschule nicht genug Personal findet, um eine Betreuung abzusichern. Und diese Sorge ist nicht unbegründet: Schließlich sind an Ganztagsschulen oft Erzieher im Einsatz, und die werden auch in Kitas händeringend gesucht.
Dass Ganztagsangebote ausfallen, sei keine Seltenheit, sagt Martin Stoevesandt vom Zentralelternbeirat. Er nennt ein aktuelles Beispiel: Derzeit falle seit Wochenbeginn der Ganztag an der Grundschule am Osterhop in Hemelingen flach, weil durch eine Krankheitswelle Personal fehle. „Die Kinder werden jetzt um 13 Uhr nach Hause geschickt“, so Stoevesandt. Die Schule bestätigt das. Die Behörde betont, der Ausfall komme durch eine Erkältungswelle zustande, grundsätzlich gebe es an der Schule genug Personal. Allerdings fehlt offenbar eine Vertretungsreserve, um normale Erkältungswellen aufzufangen.
„Das Angebot von Ganztagsschulen ist nie eins zu eins dasselbe wie das eines Horts“, erklärt Martin Stoevesandt vom Zentralelternbeirat. „Personal und Räume sind an den Ganztagsschulen oft nicht vorhanden, so dass die Schulen gar nicht dasselbe anbieten können.“ Horte hätten meist eine dickere Personaldecke, seien eingespielte Systeme und böten damit eine zuverlässigere Betreuung.
Ganztagsschulen sind politisch gewollt, stellt dagegen Annette Kemp als Sprecherin der Bildungsbehörde klar. Zusätzlich Horte zu betreiben, sei nicht möglich: „Wir können keine Doppelstrukturen finanzieren – das ist auch personell nicht zu machen“, betont Kemp. Sie sagt aber auch: Anders als zum Teil in der Vergangenheit geschehen, sollten Hortplätze immer erst dann abgebaut werden, wenn Ganztagsangebote tatsächlich da sind. „Wir haben dazu gelernt“, versichert Kemp. In den vergangenen Jahren konnten Schulen oft erst viel später als geplant in den Ganztag starten, weil Umbauten oder Personal fehlten.
Betreuungslücke in Hemelingen
Doch die Probleme mit dem Ganztagsausbau lassen Bremen auch jetzt nicht los. Ein besonders krasses Beispiel dafür gibt es in Hemelingen, und auch hier geht es um einen Hort, der bald schließt. Die Grundschule an der Glockenstraße liegt in einem der Gebiete mit den größten Herausforderungen: Armut, Arbeitslosigkeit, viele Familien mit Migrationshintergrund. Die Grundschule sollte sich vor zehn Jahren schon einmal auf den Weg zum Ganztag machen.
Doch dafür wären viele Umbauten der Schulgebäude notwendig – Bremen zog andere Bauprojekte vor. Die evangelische Kirche, die den benachbarten Hort an der Christernstraße betreibt, plante irgendwann mit den Aussagen der Stadt zum Ganztagsausbau. Schließlich hieß es, der Hort werde bald nicht mehr gebraucht. Der Hort soll nun im Sommer schließen, die Gemeinde verkauft das Gebäude. „Aber bis die Ganztagsschule kommt, dauert es noch mindestens drei oder vier Jahre“, sagt Ortsamtsleiter Jörn Hermening. „Dass gerade bei der Glockenstraße nun eine Betreuungslücke droht, ist schon schlimm, denn das ist bei uns der Standort mit dem größten Unterstützungsbedarf.“
Diese Lücke war allerdings lange angekündigt: „Dass wir schließen, ist der Behörde seit fünf Jahren bekannt, es ist sehr frustig in Hemelingen“, sagt Hort-Leiterin Kiek van der Laan-Fischer. „Es tut mir sehr leid für die Eltern, denn sie stehen auf der Straße.“ Die Behörde bestreitet die Versäumnisse nicht: „Es ist gar nicht gut, dass wir es nicht geschafft haben, den Ganztag in der Glockenstraße früher zu organisieren“, sagt Sprecherin Kemp. „Wir sind dabei, ein Betreuungsangebot ab Sommer 2020 zu schaffen, derzeit sind wir aber noch auf der Suche nach einem Raum.“
Widerstand gegen den Ganztagsausbau gab es in der Vergangenheit auch in Walle: Dort stand immer wieder die Schließung des Horts im Kinder- und Familienzentrum Haferkamp im Raum. Der Hort kooperiert eng mit der Grundschule an der Melanchtonstraße. Auch dort protestierten Eltern für den Erhalt des Horts. Die Schule selbst bezeichnet sich als „verlässliche Grundschule mit angeschlossener Hortbetreuung“ und reißt sich offenkundig nicht darum, Ganztagsschule zu werden. „Die Eltern sind für den Hort, auch die Schule möchte den Hort erhalten, aber die Schließung wird irgendwann kommen“, sagt ein Mitarbeiter des Kinder- und Familienzentrums.