Schwanewede/Brundorf. Ist die Afrikanische Schweinepest (ASP) erst einmal da, sind die Konsequenzen verheerend: Wird der Virus in einem Landwirtschaftsbetrieb festgestellt, müssen alle Schweine getötet werden, der Hof wird gesperrt, und um den Hof herum muss eine Schutzzone eingerichtet werden. Verkauf und Export von Fleisch und Wurst drohen zusammenzubrechen, weil der extrem lange überlebensfähige Virus insbesondere über die Lebensmittel weiterverbreitet werden kann.
Die Afrikanische Schweinepest (kurz ASP) befällt Wildschweine, die zum sogenannten Schwarzwild gehören, wie auch Hausschweine und breitet sich derzeit in Osteuropa immer weiter aus. Aktuell reicht die Verbreitungsgrenze bis nach Tschechien, nur wenige Hundert Kilometer von Deutschland entfernt. Nach Informationen des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums ist auch eine Ausbreitung in unserer Region zu befürchten. Das Problem: Da der ASP-Virus sehr langlebig ist, kommen auch Hunde, Ratten oder Rabenvögel als Überträger infrage, wenn sie Kontakt zu Wildschweinen hatten. Solche Kontaktflächen entstehen insbesondere an Müllplätzen, Komposthaufen oder weiteren Orten mit weggeworfenen Speiseresten.
Besonders betroffen von der ASP sind laut Landwirtschaftsministerium Schweinezüchter, die ihre Tiere draußen halten, da diese leicht in Berührung mit Wildschweinen kommen, besonders zur Paarungszeit. Hinzu kommt, dass Wildschweine sich in den letzten Jahren in Deutschland rasant vermehrt haben, vor allem infolge des gestiegenen Maisanbaus für Biogasanlagen. Als Allesfresser kommen Wildschweine auch gern in die Nähe von Bauernhöfen, um sich an Abfällen gütlich zu tun.
Ist der Schweinepestvirus erst im Land, sind darüber hinaus Fleisch und Wurst von ihm befallen, kann es schon reichen, wenn jemand an einer Autobahnraststätte ein Stück Wurst wegwirft. Wildschweine können sich darüber hermachen und sich mit dem tödlichen Virus infizieren. Viele Landwirte verlangen deshalb von den Jägern eine konsequentere Bejagung des Schwarzwildes. Der Deutsche Bauernverband fordert eine Abschussquote von 70 Prozent, was jedoch bei vielen Jägern auf Unmut gestoßen ist. Auch der Landkreis Osterholz fordert die Jäger auf, den Schwarzwildbestand zu reduzieren. In Abstimmung mit dem Kreisjägermeister vor Ort sollen dafür die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. „Noch im Februar soll der Kreistag auf Empfehlung des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Aufhebung der Schonzeiten für Schwarzwild beschließen“, teilt Jana Lindemann mit. Sie ist zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit beim Landkreis Osterholz. Schweinezüchter, die ihre Tiere drinnen halten, sind laut Fachleuten von der Schweinepest weniger bedroht, da ein Kontakt zu Überträgern aus der freien Natur unwahrscheinlicher ist.
Manfred Otten, der in Brundorf mehrere Hundert Schweine in einem Mastbetrieb hält, hat derzeit keine Angst vor der Schweinepest. Er sieht allerdings die Gefahr, dass der Virus, wenn er in der Region auftritt, besonders durch Ratten übertragen werden könnte. „Der Wildschweinbestand in der Umgebung ist kein großes Problem, weil er von den Jägern klein gehalten wird“, ist Otten überzeugt. Allerdings stellt er fest, dass dieses mit großem Aufwand verbunden ist: „Wildschweine sind schlau und wissen, wo auf sie geschossen wird. Oft nimmt es 20 Stunden in Anspruch, um ein einziges Tier zu erlegen.“
Der Arche-Hof von Tanja und Karsten Bode in Schwanewede wäre bei Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest besonders gefährdet. Bodes halten mehr als 40 Wollschweine draußen, in einer umzäunten Fläche. Der Arche-Hof kümmert sich um die Erhaltung von vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen, und Karsten Bode ist nicht nur von der Ausbreitung des Wolfes beunruhigt (wir berichteten), sondern auch von der heraufziehenden Gefahr der ASP. „Wir machen uns schon Sorgen, dass die Seuche auch zu uns kommt, und wenn, dann müssen wir die Wollschweine vielleicht in Lagerhallen unterbringen, die wir dann leerräumen.“ Allerdings: Kontakt zu Wildschweinen hätten seine Wollschweine bisher nicht, sagt Bode, „denn die Wildschweine bleiben in der Regel in der Nähe der Maisäcker.“ Auch Karsten Bode bekämpft intensiv Ratten auf dem Hof und verrät eine besonders wirksame Methode an: „Ratten lassen sich besonders gut ködern, wenn man Vanillezucker über das Gift streut.“
Denn auch Karsten Bode sieht die große Gefahr, dass Ratten den Virus verbreiten könnten, wenn dieser bis in den Landkreis Osterholz vordringen sollte. „Besonders einige Pferdezüchter locken auf ihren Höfen in großem Maße Ratten an, da sie Gemüse und Obstreste auf ihre Komposthaufen werfen – für Ratten ist das ein Paradies“, warnt Karsten Bode.
Es gibt zwei Formen der Schweinepest
Bei der Schweinepest treten zwei Formen auf: die Klassische und die Afrikanische Schweinepest. Beide Seuchen werden durch zwei nicht näher miteinander verwandte Viren ausgelöst und sind anzeigepflichtig.
Die Klassische Schweinepest (KSP) tritt nahezu weltweit auf, und Wildschweine bilden das Erregerreservoir. Im Jahre 1997 richtete sie in den Niederlanden verheerende Schäden an, und mehr als 12 Millionen Hausschweine mussten getötet werden. Zu einem Ausbruch kam es in Deutschland 2006 im Landkreis Recklinghausen. Seit 2000 gibt es gegen die KSP einen Impfstoff. Dagegen ist die Afrikanische Schweinepest (ASP) vor allem in Afrika verbreitet, kommt aber auch in Sardinien und auf der Iberischen Halbinsel vor. Ihr Erregerreservoir in Afrika bilden Warzen- und Buschschweine sowie Zecken. Im Jahre 2014 trat ASP erstmals in Osteuropa auf.
Die Krankheitssymptome sind bei beiden Formen der Schweinepest ähnlich: Die Tiere bekommen Fieber, zeigen Blutungen, haben große Schmerzen und ihre Überlebenschancen sind gleich null. Im Gegensatz zur KSP gibt es zur ASP bisher keinen Impfstoff. Kommen Schweine untereinander in Kontakt, so können sie über ihren Speichel, Urin, Kot oder Sperma den Virus übertragen. Auch der Mensch kann ihn, zum Beispiel über schmutzige Hände, an Schweine weitergeben, wenn er sie berührt hat.
Da der ASP-Virus extrem widerstandsfähig ist, findet es sich auch noch nach Monaten in unbehandeltem Fleisch, Blut oder Fleisch, das nur gepökelt oder geräuchert wurde, wie rohem Schinken oder Salami. Wird infiziertes Fleisch verfüttert oder weggeworfen, kann es die ASP übertragen.
Für den Menschen ist der Virus jedoch ungefährlich. Um eine Ausbreitung von ASP zu verhindern, dürfen Küchenabfälle oder Essensreste nicht an Haus- oder Wildschweine verfüttert werden.
Verbraucher sollten auch keine Produkte kaufen, die Schweinefleisch enthalten und aus Ländern stammen, die von ASP betroffen sind, auch nicht Schweinefleisch aus Ländern außerhalb der EU.