Schwachhausen. Mit dem anrührenden Werk „The Straight Story“ von David Lynch startete die Remberti-Gemeinde im November 2008 ihr regelmäßiges Rembertikino im Gemeindesaal mit der Themenreihe „Lebensbilanz im Film“. Die Filmvorführungen bei kostenlosem Eintritt haben im Kulturprogramm Schwachhausens inzwischen ihren festen Platz.
Das liegt nicht zuletzt am Engagement von Pastor Dirk von Jutrczenka, der die Filme sorgsam auswählt, Einführungen hält und nach jeder Vorführung zum gegenseitigen Austausch über Inhalt und Thema lädt. „Oft geht es ja um Sinnfragen, Schuld und Vergebung, Liebe, Tod, Verantwortung – lauter Dinge, zu denen wir uns in der Kirche schon immer Gedanken gemacht haben“, berichtet von Jutrczenka in der aktuellen Ausgabe des Gemeindeblatts.
Dabei wird immer wieder aufs Neue deutlich, auf welch unterschiedliche Weise Filme auf den Zuschauer wirken und ihre Spuren hinterlassen. Pastor von Jutrczenka legt besonderen Wert darauf, die Filme nicht nur als Vehikel einzusetzen, um anschließend über ein Thema zu sprechen, sondern die Filme auch als eigenständige Kunstwerke wahrzunehmen. „Ich zeige nur Filme, die ich vorher gesehen habe und die mich selbst berührt haben“, schildert von Jutrczenka seine Auswahlkriterien. Dabei entscheidet er sich größtenteils für anspruchsvollere Filme aus dem Arthouse-Bereich, die nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen. „Ich finde es sinnvoll, daraus thematische Filmreihen zu machen. Dadurch kommentieren sich die Filme gegenseitig.“
Am Montag, 19. Juni, feiert die Gemeinde Jubiläum: Dann läuft im Rembertikino der 100. Film. Daher gibt es auch eine kleine Feier mit Rückblick auf Höhepunkte der zurückliegenden Jahre.
Fluchterlebnisse von Syrern
Der 100. Film ist die Dokumentation „Accordion“ des Syrers Nehad Hussein. In seinem Werk begleitet er Landsleute, die vor dem Krieg geflohen sind und nun versuchen, in Bremen ein neues Zuhause zu finden. Stilistisch verbunden werden die Porträts nicht nur mit Bildern aus der Stadt oder von Straßenbahnfahrten, sondern auch durch den Akkordeonspieler vom Bremer Marktplatz, der trotz aller Zukunftssorgen seine Musik immer weiter erklingen lässt.
„Accordion“ macht den Auftakt der neuen Themenreihe „Vom Abspringen und Ankommen“, in der (Neu-)Bremer von ihren Fluchterfahrungen berichten. Am 10. Juli stellt Regisseur Ahmad Alzoubi seinen Film „Flucht aus Syrien“ vor, in dem der junge Mann die beschwerliche Reise weg aus seiner Heimat dokumentiert. In der Medienwerkstatt des Schlachthofs schnitt er die Handyaufnahmen, die er vom Kriegsgeschehen und seiner Flucht über die Türkei, Griechenland und die Balkan-Route bis nach Bremen machte, zu einem ergreifenden Werk zusammen. So verfolgt der Zuschauer das Geschehen durch die Augen von Ahmad Alzoubi und erhält einen intensiven, ungefilterten Einblick, den die Berichterstattungen der einschlägigen Nachrichtenkanäle nicht zu vermitteln vermögen.
Abgeschlossen wird die dreiteilige Themenreihe am 14. August mit dem Dokumentarfilm „Ludwigs Absprung“ von Regisseurin Karla Sonntag aus Horn-Lehe. 1956 floh der damals noch minderjährige Ludwig Sasse alleine aus der DDR. Der Bauingenieur und Maler, der heute in Bremen wohnt, erinnert sich im Gespräch mit seiner Enkelin, wie er trotz politischer Repressalien die Kraft fand, sein Leben und die Liebe in die eigene Hand zu nehmen.
Alle drei Regisseure sind am aktuellen Projekt Film-Zu-Flucht der St.-Remberti-Gemeinde beteiligt und werden ihre Filme am jeweiligen Abend persönlich vorstellen.