Nach der Kannenberg-Pleite Sattelhof startet im Oktober neu - mit straffälligen Jugendlichen

Bis zur Insolvenz war hier die Akademie Kannenberg aktiv. Jetzt bereiten die Innere Mission und das Bremer Sozialressort die Betreuung straffällig gewordener Jugendlicher im Sattelhof vor.
31.07.2018, 17:01 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Klaus Grunewald

Zurzeit sieht ein Sicherheitsdienst ab und zu nach dem Rechten. Ansonsten aber herrscht im ehemaligen Jugendfreizeitheim Sattelhof, Leere und Stille. Das soll sich wahrscheinlich ab Oktober ändern, wie der Blumenthaler Beiratsausschuss für Soziales, Gesundheit und Senioren während seiner jüngsten Sitzung erfuhr. Dann will die Innere Mission in dem Haus am Burgwall fortsetzen, was die inzwischen insolvente Akademie Kannenberg praktiziert hatte: straffällig gewordene Bremer Jugendliche bis zu ihrer Gerichtsverhandlung pädagogisch betreuen.

Noch verhandeln Sozialbehörde und Innere Mission über Details des Betreuungskonzepts. Aber im Grundsatz ist man sich einig, wie Claudia Vollmer vom Referat „Junge Menschen in besonderen Lebenslagen“ im Sozialressort und Katharina Kähler, Leiterin der Kinder- und Jugendhilfe der Inneren Mission Bremen, dem Blumenthaler Beiratsgremium erläuterten.

Ende Juni hatte der für rund 600 000 Euro von Immobilien Bremen rundum sanierte Sattelhof seine Pforten geschlossen. Freilich war schon im November 2017 die Zahlungsunfähigkeit der Kannenberg-Akadamie bekannt geworden, die sich als privater Jugendhilfeträger auch um straffällig gewordene Minderjährige in Rekum gekümmert und dafür zunächst heftig in der Kritik gestanden hatte. Zeitweise waren von der Akademie des einstigen Amateurboxers in mehreren deutschen Städten rund 1000 vor allem geflüchtete und straffällig gewordene Jugendliche und junge Erwachsene pädagogisch betreut worden.

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Ein Projekt, das in der Öffentlichkeit zwar nicht unumstritten, nach den Worten von Claudia Vollmer und Katharina Kähler gesellschafts- und sozialpolitisch aber ausgesprochen wichtig ist. Grundsätzliches Ziel sei es, die passive Wartesituation der jungen Straftäter bis zur gerichtlichen Hauptverhandlung zu unterbrechen und die oft negativen Erfahrungen während der Untersuchungshaft zu vermeiden. Teilnehmen an dieser intensiv-pädagogischen Betreuung kann aber nur, wer prinzipiell bereit ist, sich mit seinen Straftaten auseinanderzusetzen. Zudem, so Katharina Kähler, müsse er mit den Bediensteten der Einrichtung kooperieren und bereit sein, die geltenden Hausregeln ohne Abstriche zu akzeptieren. Die Jugendhilfeleiterin bezeichnete diese Mitwirkungsbereitschaft während der von Ortsamtsleiter Peter Nowak im Hotel Union geleiteten Ausschusssitzung als Grundvoraussetzung für eine Aufnahme im Sattelhof.

Dort sollen ab Oktober erst einmal acht männliche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren aufgenommen und betreut werden. In Ausnahmefällen, heißt es im Konzeptentwurf der Inneren Mission „für eine intensivpädagogische Einrichtung zur jugendgerichtlichen Unterbringung im Land Bremen“, könnten auch zwei junge Volljährige (bis maximal 19 Jahre) in dem 700 Quadratmeter großen Haus am Burgwall untergebracht werden. Bei den künftigen Bewohnern des Sattelhofes handelt es sich häufig um psychisch belastete und sozial benachteiligte Jugendliche. Ihre Biografie ist nach den Erfahrungen der Inneren Mission von elterlicher Vernachlässigung, familiären Krisen und Misserfolgen in Schule und Beruf geprägt.

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Im Sattelhof, erfuhren die Blumenthaler Kommunalpolitiker, stehe jedem Bewohner eine sozial-pädagogisch geschulte Bezugsperson zur Seite. Sie soll laut Claudia Vollmer auch mithelfen, Kontakte im Stadtteil zu knüpfen. Zum Beispiel mit Kirchengemeinden oder Sportvereinen, die auf den Plätzen im Burgwallstadion aktiv sind. Und für Jugendliche, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sollen Sprachkurse angeboten werden.

Der Blumenthaler Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Senioren zeigte sich am Montagabend grundsätzlich angetan von dem Vorhaben, jungen Straftätern im Sattelhof eine Chance auf Resozialisierung zu geben. Unbeantwortet blieb allerdings die Frage des Blumenthaler CDU-Vorsitzenden Ralf Schwarz nach Erfahrungswerten der kostenintensiven Betreuungsmaßnahmen. Dazu liegen nach den Worten von Claudia Vollmer und Katharina Kähler in Bremen keine statistischen Angaben vor.

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