Eine graue Kiesfläche, aus der in exakten Abständen ein paar dürre Büschel ragen, zum Untergrund abgeschottet durch eine undurchlässige Kunststofffolie: Dieses Paradebeispiel für einen „Garten des Grauens“ sorgt in Findorff für Unmut. Der Bauträger gelobt umgehend Besserung. Den Kritikern geht es vor allem darum, an eine Regelung zu erinnern: In Bremen gilt seit dem vergangenen Jahr ein neues „Begrünungsortsgesetz“, und daran habe man sich aus guten Gründen bitte tunlichst zu halten.
Entdeckt wurde der monoton vor sich hin vegetierende Streifen entlang des Gebäudekomplexes „Münchner Bogen“, der Ende des vergangenen Jahres bezugsfertig wurde. In Zeiten der Klimakrise gehe so etwas nicht an, sagt Ulf Jacob (Grüne), Mitglied im Findorffer Beirat. Der Bürgerschaftsabgeordnete und Parteikollege Ralph Saxe schaltete sich ebenfalls ein, und nach einem Anruf bei den Bauherren stellte sich heraus: „So war das nicht geplant“, erklärte Joachim Linnemann, geschäftsführender Gesellschafter der Justus Grosse-Unternehmensgruppe.
Die ausführende Firma habe die „Verschotterung“, die eigentlich nur unterhalb der Balkone vorgesehen war, versehentlich durchgängig angelegt. Zwischen den versiegelten Bereichen sei eine Bepflanzung mit Lavendelsträuchern und Gräsern geordert worden. „Wir sind dankbar für den Hinweis und werden die Fläche kurzfristig umgestalten“, verspricht Linnemann.
„Natürlich waren wir nicht amüsiert. Die Anlage zeigt genau das, was wir eigentlich nicht mehr wollen“, sagt Jens Tittmann, Sprecher der Umweltbehörde. Da das Gebäude genehmigt worden sei, bevor das neue Gesetz griff, handele es sich faktisch um keinen Verstoß. Die Zusage, den Streifen zu entsiegeln und grüner zu gestalten, sei daher „ein Zeichen guten Willens, über das wir uns sehr freuen“, so Tittmann.
Bremen besser für den Klimawandel wappnen
Seit Mai 2019 will das neue „Ortsgesetz über die Begrünung von Freiflächen und Flachdachflächen“ die Stadtgemeinde Bremen besser für den Klimawandel wappnen. Neben der vorgeschriebenen Begrünung von Neubau-Flachdächern ab einer Größe von 100 Quadratmetern sieht das Gesetz vor, dass unbebaute Freiflächen auf Baugrundstücken zu begrünen sind – idealerweise mit einer Pflanzenauswahl, von der heimische Insektenarten profitieren.
Gerade den großen Bauträgern falle dabei eine besondere Verantwortung zu, erklärt Jacob: „Sie müssen bei ihren Planungen mehr Wert auf naturnahe und grüne Freiflächen legen.„ Auf den Grünflächen könne Regenwasser versickern, und sie kühlten die Stadt bei Hitzewellen herunter. Zudem seien Pflanzen als Lebensraum für bedrohte Insekten wichtig. “Wir brauchen viel mehr Grün in Gärten und auf Dächern, damit wir dem Verlust der Artenvielfalt entgegenwirken und helfen können, das Stadtklima zu verbessern“, betont Jacob.
Noch sei es zu früh, eine erste Bilanz über die Wirksamkeit des Gesetzes zu ziehen, sagt Behördensprecher Tittmann. Systematische Kontrollen seien dafür gar nicht notwendig. „Die Mitarbeiter in unseren Ämtern haben das Thema immer im Blick, und es gibt eine enge Rückkopplung mit den Ortsämtern und Behörden“, so Tittmann. Er sei daher optimistisch, dass Verstöße „in einer funktionierenden Stadtgemeinschaft“ nicht unbemerkt bleiben: „Die Bremer Bürgerinnen und Bürger reagieren bei diesem Thema sehr sensibel.“