Dieter Meyer-Richartz, Manfred Haarhaus und Lothar Vennemann haben im Hauswirtschaftsmuseum „Köksch un Qualm“ Geschichten aus dem Buch „Sehnsucht nach Meer – eine Flussfahrt entlang der Unterweser“ gelesen.
Vor 15 Jahren trafen sich Kapitäne, Steuerleute, Ingenieure, Werftarbeiter, Maschinisten, Heringsfänger, Wasserschutzpolizisten sowie Mitarbeiter vom Wasser- und Wirtschaftsamt regelmäßig im Bürgerhaus Vegesack. Der Start der Projektgruppe „Flussführer von der Unterweser“, die Törns mit Talk für Gäste auf den in Vegesack beheimateten Traditionsschiffen anboten. In den vergangenen Jahren haben zehn von ihnen gemeinsam mit der Autorin Rona Schneider und Gastautoren das Buch „Sehnsucht nach Meer – eine Flussfahrt entlang der Unterweser“ verfasst. Drei der Flussführer luden jetzt zu einer Lesung aus dem Buch ins Hauswirtschaftsmuseum Köksch un Qualm ein.
Ziel der Flussführer war es, den Mitreisenden selbst erlebte maritime Geschichten zu erzählen und Informationen von Menschen und Orten am Fluss zu liefern. Sie seien überwiegend auf Schiffen der BBV mitgefahren, erzählt Flussführer Manfred Haarhaus. „Die anderen Schiffe im Vegesacker Hafen haben leider das Problem, dass sie heute häufig keine Gäste mehr haben. Damit ist das Projekt gestorben“. Sie seien aber oft während der Fahrten entlang der Unterweser gefragt worden, ob ihre Geschichten irgendwo nachzulesen seien.
Erinnerungen an die erste Fahrt
Nun sind sie es im Buch „Sehnsucht nach Meer“, das auf mehr als 150 Seiten Wissenswertes wie Spannendes vermittelt, Gedichte ebenso bietet wie von den Flussführern selbst Erlebtes. Darunter die Geschichte „Als Moses fing alles mal an“ von Dieter Meyer-Richartz, die er zu Beginn der Lesung im Hauswirtschaftsmuseum vortrug. Die Zuhörer erfuhren, wie der heute 76-Jährige im Jahr 1952 im Bremer Holzhafen einen Zwei-Mast-Gaffelschoner bestieg und als Moses kochen musste.
„Meine Mutter hatte mir zwar schon mal gezeigt, wie Wasser gekocht wird, aber richtiges Essen und das für sieben erwachsene Seeleute, das war etwas anderes“, erinnerte sich Meyer-Richartz, der später als Nautiker mit Kapitänspatent für die Unterweser Reederei AG zur See fuhr. Sein erster Hafen im Ausland war Odense in Dänemark. Der Steuermann schickte den damals 14-Jährigen an Land, um Schwarzbrot einzukaufen. Als er zur Pier zurückkam, war das Schiff weg. Seine Kollegen hatten ihn einfach an Land vergessen, kehrten aber, nachdem sie das gemerkt hatten, zurück, um ihn abzuholen. Nach zwölf Monaten Fahrenszeit musterte er ab. Seine Heuer pro Monat betrug bei einer Sieben-Stunden-Woche inklusive aller Überstunden 60 Mark. Danach genoss der Nachwuchs-Seemann 18 Tage bezahlten Urlaub. Seekrank sei er übrigens bis zum Schluss seiner Reisen geblieben, gestand Meyer-Richartz. Auch Manfred Haarhaus trug einige Geschichten vor, darunter eine weniger fröhliche. Haarhaus war nämlich derjenige, der mit dem letzten auf der AG Weser gebauten Schiff, der Ubena, als Kapitän vom Stapel lief. Das war am 8. Dezember 1983. Wenige Tage später, am 31. Dezember, wurde die AG Weser nach 140-jährigem Bestehen geschlossen.
Lothar Vennemann las unter anderem eine Geschichte von Hans-Helmut Lühr vor, „Aufstand der Loggerjungs“, bei der es unter anderem um „Kuh-Kidnapping“ zum Aufbessern des Proviants geht. Es folgte die Erinnerung von Manfred Haarhaus an einen „Hamburger Seemann auf einem Schiff von der Weser“, das, wie die Zuhörer erfahren durften, einem Fall von Fremdgehen gleichkam. In der Pause der Lesung hatte das Publikum Gelegenheit, sich an Matjes-Häppchen auf Schwarzbrot, passend zur maritimen Veranstaltung, zu stärken. Passend dazu war auch das Labskaus-Gedicht von und mit Dieter Meyer-Richartz. Weitere Geschichten und Gedichte rundeten die Lesung ab. Es war bereits die zwölfte Lesung der drei Flussführer. Der nächste Termin in Bremen-Nord steht auch schon fest: am Sonnabend, 29. November, um 15 Uhr in der Stadtkirche Vegesack an der Kirchheide mit musikalischer Begleitung des Shanty Chor Grambke.