Ein Bremer Taxifahrer sitzt in Untersuchungshaft, weil er eine Frau sexuell genötigt haben soll, die an der Diskomeile in seinen Wagen gestiegen war. Und dies ausgerechnet auf einer Fahrt mit dem „Frauen-Nacht-Taxi“ – ein Angebot, das eigens dafür eingerichtet wurde, damit Frauen nachts sicher nach Hause kommen. Die Staatsanwaltschaft bestätigt den Vorfall. Es sei nicht das erste Mal, dass gegen den Mann wegen sexueller Delikte ermittelt wird.
Die Tat, um die es geht, liegt mehr als sieben Monate zurück, erklärt Frank Passade, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Am 19. Februar soll ein Taxifahrer eine Frau sexuell genötigt haben. Ende September konnte der Tatverdächtige aufgrund einer DNA-Spur ermittelt werden. Der Mann wurde festgenommen und sitzt wegen dringenden Tatverdachts seither in Untersuchungshaft. Man gehe davon aus, dass es eine sexuelle Handlung gab, sagt Passade. Ob es zu einer Vergewaltigung gekommen ist, sei nicht sicher. „Der Tatvorwurf lautet erst mal sexuelle Nötigung.“
Es ist nicht das erste Mal, dass der Taxifahrer mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Im Dezember vergangenen Jahres gab es laut Passade ein Verfahren gegen ihn, weil er eine Kundin an Oberschenkel und Gesäß berührt haben soll. Ermittelt wurde wegen Beleidigung mit sexuellen Hintergrund. Das Verfahren sei eingestellt worden, weil letztlich Aussage gegen Aussage gestanden habe. Bereits fünf Jahre zurück liegt eine Ermittlung wegen Vergewaltigung gegen den Mann, die aber nicht im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Taxifahrer gestanden habe. Auch dieses Verfahren wurde eingestellt. Das Verhalten der Frau nach der Tat habe seinerzeit zu erheblichem Zweifel an einer Vergewaltigung geführt, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Besonders prekär am jüngsten Fall ist, dass die Frau für ihre Fahrt ein besonderes Angebot in Anspruch genommen hatte – ein „Frauen-Nacht-Taxi“. Dabei handelt es sich um eine Fahrt zu vergünstigten Konditionen für Kinder bis 14 Jahren und für Frauen im Zeitraum zwischen 18 und 6 Uhr. Der Sonderfahrdienst sei vor 20 Jahren in Bremen aus der politischen Idee entstanden, einen besonders schutzbedürftigen Personenkreis nachts sicher nach Hause zu bringen, erklärt Ingo Heuermann, 2. Vorsitzender des Taxi-Rufs Bremen – ein Zusammenschluss von 205 Taxiunternehmen in der Hansestadt.
Bei einer durchschnittlichen Tour des Frauen-Nacht-Taxis müssten Nutzerinnen etwa 20 Prozent weniger bezahlen als beim normalen Tarif, sagt Heuermann. Dies sei als Anreiz für Frauen gedacht, damit diese sich nachts selbst für kurze Strecken lieber ein Taxi zu nehmen, statt sich zu Fuß auf den Weg zu machen.
Der in Untersuchungshaft sitzende Fahrer arbeite bei einem der 205 Unternehmen, die dem Taxi-Ruf Bremen angeschlossen sind, bestätigt Neumann. Er wisse von dem Fall, kenne aber keine Details.
„Persönliche Zuverlässigkeit“
Vorfälle dieser Art seien die absolute Ausnahme, betont Heuermann. Selbst die Zahl der Beschwerden unzufriedener Kunden über unhöfliche Fahrer sei überschaubar. „So etwa bei jeder 1000. Fahrt einer.“ Dies wiederum spreche für die „persönliche Zuverlässigkeit“, die vonseiten der Behörde gefordert wird, wenn jemand einen zusätzlichen Führerschein zur Fahrgastbeförderung beantrage.
Konkret bedeutet dies, dass die Fahrerlaubnisbehörde anhand des polizeilichen Führungszeugnisses prüft, ob ein Antragsteller geeignet ist für einen Taxi-Führerschein, erklärt die Leiterin des Stadtamtes, Marita Wessel-Niepel.
Diese Erlaubnis kann wieder eingezogen werden, wenn Erkenntnisse vorliegen, dass der Betroffene nicht den „besonderen Voraussetzungen für die Beförderung von Personen entspricht“. Bei dem Fahrer, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt, war dies laut Führerscheinakte bislang nicht der Fall.
Konkrete Kriterien für das Einziehen des Taxi-Führerscheins gebe es nicht, sagt Wessel-Niepel. Eine bloße Anzeige reiche nicht, aber eine Anklage oder Verurteilung sei auch nicht notwendig. „Wir brauchen eine erhärtete Verdachtslage.“ Liegt eine solche gegen einen Fahrer vor, müssten Polizei und Staatsanwaltschaft das Stadtamt darüber unterrichten. Wie dann über den Taxi-Führerschein entschieden wird, sei eine Ermessensentscheidung der Behörde. Dabei müsse jeder Einzelfall genau abgewogen werden, schließlich gehe es um die Existenzgrundlage des Betroffenen.
550 Taxen und 2000 Fahrer
◼ In Bremen gibt es 550 Taxen und etwa 2000 Taxifahrer. Ein Großteil der Fahrzeuge ist dem Taxi-Ruf Bremen angeschlossen, ein als Verein organisierter Zusammenschluss von 205 Taxiunternehmern, der als Vermittlungszentrale fungiert.
Eine eigene Zentrale unterhält zudem Taxi-Roland-Bremen mit 64 Fahrzeugen. Hinzu kommen laut Ingo Heuermann, 2. Vorsitzender des Taxi-Rufs, weitere 16 „wilde“ Taxis, die ohne zentralen Funkanschluss unterwegs seien.