Ware für weniger als einen Euro einkaufen und sechs Euro dafür einnehmen: Noch vor Kurzem war das in Apotheken Alltag. Denn der Bund erstattete Apothekern sechs Euro pro Maske. Inzwischen sind es noch rund 3,90 Euro. Der Absatz ist berechenbar: Wer älter als 60 Jahre oder Risikopatient ist, erhält zwei Coupons mit Bundesadler und Kopierschutz und dann gegen Zahlung der Gebühr von zwei Euro je sechs FFP2-Masken in der Apotheke.
Aus Niedersachsen und Hamburg sind Beispiele bekannt geworden, in denen Apotheker durch die Masken-Regelung einen hohen zusätzlichen Reingewinn verbuchen konnten. Einer mit einem Einnahmeplus von 40.000 Euro kündigte öffentlich an, die Summe zu spenden. Das könnten sich viele Bremer Apotheken-Inhaber nach eigenem Bekunden nicht leisten.
„Die wirtschaftliche Lage der Apotheken in Pandemie-Zeiten hängt sehr ab davon, wo sie sind“, sagt Thomas Real, stellvertretender Vorsitzender des Bremer Apothekerverbandes, der landesweit 145 Mitglieder hat. Wer seinen Sitz nahe an den Wohnquartieren habe, profitiere eher als in Innenstadtbereichen und Einkaufszentren, sagt der Inhaber der Raths-Apotheke am Markt. Seine Branche ist zwar nicht vom Lockdown betroffen, muss ihn aber mit ausbaden: Im Januar sei ein Kundenrückgang um bis zu 20 Prozent gegenüber Dezember zu verzeichnen gewesen, sagt Real. „Viel stärker als erwartet.“

"Die Pandemie hat die wirtschaftliche Lage der Vor-Ort-Apotheken leicht geschwächt", sagt Holger Piekuth, Chef der Hanseaten-Apotheke.
Der Standort entscheidet
Weil Thomas Real und andere in ähnlicher Lage von der Bundespauschale weniger profitieren, ärgern sie sich umso mehr über Kollegen, die versucht hätten, die Gutschein-Aktion des Bundesgesundheitsministers „mit mehr als unglücklichen Marketingaktionen“ auszunutzen und zusätzlichen Gewinn zu machen. Sie hätten die Maskenabgabe mit Rabatt- und Lockangeboten kombiniert. Einige Apotheken warben offenbar auch damit, auf die vorgeschriebene Gebühr von zwei Euro zu verzichten. Darüber hätten sich in Bremen vereinzelt Kollegen beschwert, sagt Apothekerkammer-Präsident Klaus Scholz. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs mit Sitz in Frankfurt am Main hat vor dem Landgericht Düsseldorf ein – noch nicht rechtskräftiges – Urteil gegen ein Apotheken-Unternehmen erwirkt, dass mit dem Gebührenerlass geworben hatte. Insgesamt, schätzt Scholz, haben im Land Bremen rund 200.000 Personen Masken-Gutscheine erhalten – zweimal, für insgesamt 2,4 Millionen Masken. „Genaue Statistiken haben wir gar nicht.“
Christoph Bannert, Inhaber der Aesculap-Apotheke in Vegesack, spricht angesichts des staatlichen Ausgleichs von einer „ordentlichen Vergütung“. Die sechs Euro zuvor seien „überbezahlt“ gewesen. „Es ist unschön, heutzutage keine rechtliche Verlässlichkeit zu haben“, sagt er aber zur Reduzierung der Maskenpauschale. „Die Bundesdruckerei hat Wochen für den Versand der Gutscheine gebraucht. Wir sind froh, rechtzeitig palettenweise Masken geordert zu haben, da sind wir alle ins Risiko gegangen, das hätte kein anderer so schnell organisiert bekommen“, meint Bannert. „Jetzt haben wir 15.000 Masken made in Germany am Lager und müssen sehen, dass wir sie im Umlauf halten.“ Aktueller Verkaufspreis für Ware aus China im Discounter: 88 Cent pro Stück.
Für Bannert und seine Kollegen ist die Beschaffung jetzt viel einfacher als im vergangenen Frühjahr, als es Lieferengpässe gab und Masken zu Fantasie-Preisen einkauft wurden. „Im November hatten wir dann die Masken vom Bürgermeister umzupacken und auszugeben“, sagt Bannert. „Das war unser Beitrag, auch mit Materialeinsatz. Es war klar, alle tun da wirklich was Gutes.“ Die Mehrarbeit habe aber auch zu Diskussionen unter Kollegen geführt. „Einige mussten Hilfskräfte einstellen“, weiß Kammerpräsident Klaus Scholz. „Viele Apotheken hatten daran zu knabbern.“
Auch Holger Piekuth, Inhaber der Hanseaten-Apotheke an der Schwachhauser Heerstraße, denkt mit gemischten Gefühlen an die Masken-Aktion des Senats im November zurück: Viele Leute gingen leer aus und waren verärgert. „Da haben wir uns nicht so gut behandelt gefühlt.“ Für ihn hat das auch etwas mit Wertschätzung zu tun. Oder dem Mangel daran: „Unsere Struktur ist genutzt worden, in Bremen gab es dafür gar keine Vergütung.“ Und jetzt? „Die Leute haben viele Fragen zu Masken, die wir alle geduldig beantworten, vieles wird per Boten nach Hause gebracht“, sagt Holger Piekuth. Die Apotheker müssten Rechnungen bezahlen, Lagerfläche vorhalten, das Thema Masken präge den Alltag. Zu Spendenaktionen seiner Kollegen hat er eine klare Auffassung: „Das ist sehr honorig. Aber es gibt auch Kollegen, die das Geld gut gebrauchen können, und zwar nicht für das dritte Auto. Haltung muss man sich leisten können.“
Rabattschlachten um die Masken findet Daniela Hetkamp-Boeschen „unverschämt“, auch wenn die Inhaberin der Wümme-Apotheke in Fischerhude von diesem „Hauen und Stechen“ nicht selbst betroffen ist. Sie findet es wichtig zu spenden. Sie verdoppelt die Zwei-Euro-Gebühr und reicht das Geld an die „Bremer Engel“ weiter. „Man darf das Menschliche nicht verlieren in der Pandemiezeit.“
Verteilung in Wellen
Über den Nutzen von Alltags- und FFP2-Masken ist lange diskutiert worden. Aktuell läuft die vierte Verteilaktion, um Bürgerinnen und Bürger auszustatten. Nachdem der Senat im November Älteren und Angehörigen weiterer Risikogruppen die ersten Masken über die Apotheken zur Verfügung stellen ließ, trat im Dezember der Bund auf den Plan. Alle, die zur Zielgruppe zählten, erhielten gegen Vorlage ihres Ausweises drei Masken.
Im Januar begann der vom Gesundheitsministerium initiierte Versand von zwei Coupons für jeweils sechs Masken, die innerhalb bestimmter Fristen gegen eine Eigenbeteiligung eingelöst werden können. Auch dies gilt für Ältere und Kranke. Aktuell läuft der Postversand von jeweils fünf FFP2-Masken an alle Bürgerinnen und Bürger Bremens und Bremerhavens. „Bleiben Sie gesund!“, wünscht dazu Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke).
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