Die Bremer SPD kann jetzt offiziell mit ihren Kandidaten in den Wahlkampf für die Bürgerschaftswahl am 26. Mai starten. Am Sonnabend haben die Unterbezirke Bremen-Stadt und -Nord den Vorschlag der Mandatskommission erwartungsgemäß beschlossen. Insgesamt stehen 68 Kandidaten auf der Liste. Wie der WESER-KURIER bereits vorab berichtet hatte, wird das Personalpaket der Bremer Genossen von Bürgermeister Carsten Sieling und Bildungssenatorin Claudia Bogedan angeführt.
Ihnen folgen auf den weiteren Plätzen die Senatoren Ulrich Mäurer (Inneres) und Eva Quante-Brandt (Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz). Danach: Unterbezirkschef Stadt Falk Wagner, die Landesvorsitzende Sascha Aulepp, Bürgerschaftspräsident Christian Weber, Fraktionsvize Antje Grotheer, der frühere SPD-Landeschef und bisherige Weyher Bürgermeister Andreas Bovenschulte, die Farger Ortsvereinsvorsitzende Ute Reimers-Bruns.
Björn Tschöpe folgt erst auf Platz elf der Liste, was ein Indiz dafür ist, dass der Fraktionschef intern nicht unumstritten ist – zumal der in die Bremer Landespolitik zurückkehrende Bovenschulte zwei Plätze vor Tschöpe gesetzt ist. Zur Vorstellung der Liste wurden die Kandidaten namentlich aufgerufen. Den auffallend stärksten Applaus der stimmberechtigten 157 Delegierten beim Parteitag des Unterbezirks Stadt in der Gesamtschule Bremen-Ost bekam Bovenschulte.
Nach Tschöpe geht es ab Listenplatz zwölf weiter mit der Leiterin der Bremer Freiwilligenagentur Birgitt Pfeiffer, es folgen IG-Metall-Chef Volker Stahmann, die Abgeordnete Petra Krümpfer, der Burglesumer Ortsvereinsvorsitzende Kevin Lenkeit sowie die Abgeordneten Valentina Tuchel und Arno Gottschalk. Angesichts der Umfragewerte für die SPD – zuletzt lag sie bei 26 Prozent, bei der Bürgerschaftswahl 2015 erreichte sie 33 Prozent – könnte dies die Grenze für den als sicher geltenden Einzug über die Liste in die neue Bürgerschaft sein. Die weiteren Kandidaten könnten dann noch hoffen, über Personenstimmen in das Landesparlament einzuziehen.
Einer von ihnen ist der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, Klaus Möhle, der auf Platz 33 der Liste gesetzt ist – aber „überhaupt kein Problem“ damit hat, wie er betonte. „Wenn es klappt, ist gut, wenn nicht, auch. Ich bin da ganz entspannt“, sagte Möhle beim Parteitag in der Gesamtschule Ost. Bei der letzten Bürgerschaftswahl sei er mit Listenplatz 35 in den Wahlkampf gegangen und schließlich weit hochgerutscht.
Deutlich weniger entspannt sah dies Gerd Markus, Vorsitzender des Ortsvereins Gartenstadt Vahr, der für einigen Wirbel vor der Abstimmung sorgte. Er warf dem Vorstand des Unterbezirks und der Mandatskommission vor: „Uns Andreas Bovenschulte als Neueinsteiger zu verkaufen und ihn deshalb deutlich besser zu platzieren als Klaus Möhle, ist eine Frechheit und Missbrauch von Privilegien.“ Er forderte, die beiden Platzierungen zu tauschen, zog einen formalen Änderungsantrag schließlich auf Drängen Möhles zurück („Nee, lass mal“).
Deutliche Kritik äußerten mehrere Jusos beim Parteitag des Unterbezirks Stadt: Zu wenige junge Kandidaten seien auf der Liste zu finden, mit der selbstverordneten Formel Erneuerung habe dies nichts zu tun. Die ersten 20 Kandidaten hätten einen Altersdurchschnitt von 52 Jahren, die SPD sei ihrem eigenen Versprechen wieder nicht gefolgt.
Auch der Umgang mit dem bisherigen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen beschäftigte die Delegierten bei den Parteitagen. Stadt-Unterbezirkschef Wagner forderte: „Ein Mann, der nicht als Verfassungsschützer agiert, sondern als Gefährder, gehört aus dem Amt entfernt. Und ein Bundesinnenminister, der diesen Mann noch deckt, muss gleich mitentlassen werden.“ Entsprechende Anträge beschlossen die Parteitage.
Kritik an Merkel - Nahles wird in Schutz genommen
Bundeskanzlerin Angela Merkel habe bislang keine Führungsstärke gezeigt, bis heute habe sie nicht von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und Seehofer in die Schranken verwiesen, so Wagner. SPD-Parteichefin Andrea Nahles nahm er in Schutz und lobte sie dafür, dass sie Fehler im Umgang mit dem Fall Maaßen eingeräumt habe („Wir haben uns alle drei geirrt“): „Das war der erste vernünftige Satz aus Berlin.“ Deutliche Kritik äußerte dagegen der frühere Bremer Innensenator und Vorsitzende der Mandatskommission, Peter Sakuth: „Diese Koalition in Berlin schießt sich selber die Beine ab. Unsere Vertreter in der Berliner Raumstation müssen mehr Bodenhaftung haben, damit sie wieder wissen, wie die Menschen ticken.“
Der SPD-Unterbezirk Bremen-Nord hat außerdem eine neue Vorsitzende gewählt. Auf dem Parteitag im Bürgerhaus Vegesack ist die Sprecherin des Beirats Blumenthal, Ute Reimers-Bruns, zur Nachfolgerin von Heike Sprehe gewählt worden. Die Bürgerschaftsabgeordnete aus Schönebeck war von sich aus zurückgetreten, weil sie in der Partei den Rückhalt für ihre Arbeit vermisst hatte. Reimers-Bruns bewarb sich ohne Gegenkandidaten für den Vorsitz. In der SPD-Kandidatenliste für die Bürgerschaftswahl rangiert sie auf dem aussichtsreichen Platz zehn.