Retten, helfen und vor allem sammeln: Immer mehr Bremer Clubs, Kneipen, Restaurants und Kultureinrichtungen bitten über Plattformen im Internet um Unterstützung. Sie brauchen finanzielle Hilfe, um die Corona-Krise zu überstehen. Unter den Einschränkungen der Krise haben zahlreiche Branchen stark zu leiden. Zwar versucht die Politik, mit Finanzpaketen zu helfen, doch einige Bereiche erreicht die Hilfe nicht oder zu spät. So droht eine Pleitewelle, viele verschiedene Institutionen haben Existenzängste. Über die Spendenplattformen kommen unterdessen Rekordsummen zusammen.
„Generell ist das Spendenvolumen auf unseren beiden Seiten um zeitweise mehr als 100 Prozent gestiegen. Die Spendenbereitschaft der Menschen ist durch die Corona-Krise deutlich erhöht“, sagt Leonie Gehrke, Pressesprecherin von Betterplace. Die gemeinnützige Gesellschaft aus Berlin bietet zwei Plattformen an: Auf der Seite betterplace.org können gemeinnützig anerkannte Vereine und Organisationen für ihre Arbeit Geld sammeln, die zweite Seite – betterplace.me – ist eigentlich für Privatpersonen vorgesehen, die für einen sozialen Zweck finanzielle Unterstützung erbitten, um beispielsweise Nachbarschaftsfeste oder Tierarztkosten zu finanzieren.
„Im Zuge des Lockdowns stand aber sehr schnell fest, dass Freischaffende, kleine Gewerbe und Künstlerinnen und Künstler jetzt sehr dringend finanzielle Unterstützung benötigen“, sagt Gehrke. Deshalb habe das Unternehmen unbürokratisch gehandelt und die Plattform für genau diese Gruppe geöffnet. „Dort können nun Kampagnen angelegt werden, um für Mieten, Löhne oder Verdienstausfälle Geld zu sammeln“, sagt Gehrke. Das zahlt sich aus, immer mehr Projekte werden eingestellt.
Die größte und derzeit erfolgreichste Kampagne läuft in Bremen über den Clubverstärker, die Interessenvertretung von Musikspielstätten, Konzerthäusern und Clubs. Mit Stand von Montagnachmittag sind unter dem Titel „Clubverstärkerunited – Bremen hält zusammen“ bislang mehr als 56.000 Euro zusammengekommen. Hinzu kommen mehr als 4300 Euro über ein von Werder Bremen für die Clubs ausgerichtetes E-Sport Fifa-Turnier.
In einer ersten Ausschüttung wurden 25.000 Euro beispielsweise an Tower Musikclub, Papp oder Schlachthofkneipe verteilt; in einer zweiten Runde ging das Geld an Läden wie Haifischbecken, Wanderlust, Römer oder Heartbreak Hotel. Doch was tun, wenn das nicht reicht? Oder wenn der eigene Laden nicht Mitglied dieser Interessenvertretung ist? Für viele ist eine eigene Spendenkampagne die Lösung. So sind für die Kono Bar am Schwarzen Meer mehr als 3600 Euro zusammengekommen, für den Friseursalon „Helena Francisco Haare und so“ etwas mehr als 3000 Euro.
Ebenfalls einen vierstelligen Betrag haben bislang die Veganbar in Findorff, die Kneipe Schwarzer Hermann, das Hart Backbord in Walle, die kleine Pizzeria Fratelli Miccoli in der Neustadt oder das Studio Libertango auf ihrem Konto stehen. Die erfolgreichste Einzelaktion startete die Bremer Eckkneipe Eisen: Innerhalb von 24 Stunden kamen mehr als 10.000 Euro zusammen. Doch es gibt auch die anderen, die eine nicht so spendable Anhängerschaft, weniger mediale Aufmerksamkeit oder eine geringere Reichweite in den sozialen Netzwerken haben.
Für Einrichtungen wie das Hafen-Revue-Theater (250 Euro), den Hafenrummel (55 Euro) oder den Schwarzlichthof (zehn Euro) halten sich die Beträge bislang in Grenzen (Stand Montagnachmittag). Doch warum sind manche Aktionen erfolgreicher als andere? „In Bremen ist es sicherlich die persönliche Verbindung oder der lokale Bezug, den die Spenderinnen und Spender zu den Orten haben“, sagt Betterplace-Sprecherin Gehrke. Zudem sei die „besondere Solidarität und der Zusammenhalt“ spürbar, weil die Corona-Krise die Menschen emotional sehr beschäftige.
Auch die Crowdfunding-Plattform Startnext, eigentlich für Ideen, Projekte und Start-ups gedacht, wird durch die Corona-Pandemie stärker für Spendenaktionen genutzt. „Ja, es gibt seitdem eine sehr große Zunahme an Projekten aus diesen Bereichen“, sagt Anna Theil, Pressesprecherin von Startnext. Aus Bremen gibt es laut Theil aktuell etwa zehn bis 20 Projekte mit einem Corona-Bezug. Darunter zum Beispiel Kneipen wie das Gastfeld oder die Chameleon-Jazz-Bar. Die Aktionen bei Startnext sind allerdings nicht darauf ausgelegt, Spenden zu sammeln. Vielmehr geht es darum, ein Projekt zu finanzieren; Unterstützer bekommen als Gegenleistung von den Initiatoren stets ein Dankeschön.
Es herrsche gerade eine Ausnahmesituation, da für eine erfolgreiche Kampagne normalerweise andere Faktoren wichtig seien, sagt Theil. Für die aktuellen Hilfsprojekte wegen der Corona-Krise sei es wichtig, klar und einfach zu kommunizieren – und vor allem auch zu erklären, warum sie gerade Unterstützung brauchen und welche Auswirkungen die Krise hat.
Weitere Informationen
www.betterplace.me/campaigns?q=bremen
www.betterplace.me/clubverstaerkerunited
https://www.startnext.com/