„Der Studiengang Sportpädagogik an der Universität Bremen wird schnellstmöglich eingerichtet.“ So steht es im Koalitionsvertrag, den SPD, Grüne und Linke nach der Bürgerschaftswahl im Mai 2019 vereinbart hatten. Dieses Vorhaben, das Teil des Wissenschaftsplans 2025 ist, hat grundsätzlich weiter Bestand. Aber die Corona-Pandemie wirkt sich auf die Rückkehr der Ausbildung künftiger Sportstudenten und damit auch potienzeller -lehrer für die Schulen im Bundesland aus: Statt wie einmal angedacht zum Wintersemester 2022/2023 kann der Lehramts-Studiengang voraussichtlich erst zum Wintersemester 2023/2024 starten, fachwissenschaftliche Angebote für Bachelor- und Masterstudenten im Jahr darauf. Damit könnten die ersten Sportlehrer, die vor allem an den Grundschulen dringend ersehnt werden, frühestens Ende 2027 ihr Referendariat beginnen.
Der Grund für die Verzögerung: Die Kommission mit sportwissenschaftlichen Experten, die die Universität beim Aufbau des Studiengangs beraten und auch bei der Auswahl von geeignetem Fachpersonal (geplant sind unter anderem drei Professuren) mitentscheiden soll, konnte bislang nicht tagen – Dienstreisen der externen Mitglieder nach Bremen oder persönliche Gespräche an der Uni waren aufgrund des Notbetriebs der Hochschulen nicht möglich. Laut dem Wissenschaftsressort sollen die Gespräche nun im Herbst, wenn das Wintersemester begonnen hat, starten. „Wir haben der Universität den Auftrag zur Planung des Studiengangs Sport erteilt. Selbstverständlich wäre uns eine zügige Umsetzung lieber, jedoch sind bis zu einer Wiedereinführung noch viele Schritte zu machen“, sagt Senatorin Claudia Schilling (SPD).
„Unprofessionell und unambitioniert“
In der Politik löst die Corona-Verschiebung Kritik aus. Eva Quante-Brandt (SPD), von 2015 bis 2019 Schillings Vorgängerin als Senatorin und nun sportpolitische Sprecherin ihrer Fraktion, sagt: „Ich bedauere diese Verschiebung. Aber ich gehe davon aus, dass aufgeschoben nicht aufgehoben ist.“ Die Rückkehr des Sportstudiums sei wichtig für Bremen, „auch im Hinblick auf die Vernetzung von Schulen und Vereinen.“ Birgit Bergmann, Sport-Expertin der FDP, nennt es „unprofessionell und unambitioniert“, im Zeitalter der Digitalisierung keine Möglichkeit der Zusammenkunft einer behördlichen Arbeitsgruppe zu finden. „Der Sportstudiengang an der Universität Bremen ist der entscheidende Schlüssel für den Schulsport von tausenden von Schulkindern in den nächsten Jahren“, sagt sie. „Der dramatische Rattenschwanz, der sich durch nicht nachvollziehbare Trägheit in unsere bewegungsarme Bildungslandschaft bohrt, enttäuscht mich sehr.“
Auch die Grünen bitten um Aufklärung der Hintergründe, für den Wissenschaftsausschuss hat die Vorsitzende Solveig Eschen eine Berichtsbitte eingereicht. Ihr Fraktionskollege Mustafa Öztürk, Sprecher für Sport, betont: “Wir werden dafür sorgen, dass der Studiengang kommt. Wir brauchen aber ebenso ein ressortübergreifendes Konzept für die Sanierung der Sportstätten.“ Um die maroden Hallen, Plätze und den Sportturm, die inhaltlich eng mit der Wiedereinführung des Sportstudiengangs verknüpft sind, wird es bei der nächsten Zusammenkunft des Ausschusses am Mittwoch, 17. Juni, gehen. Susanne Grobien, Sprecherin der CDU-Fraktion für Wissenschaft, hatte dem Ressort einen Fragenkatalog rund um eine Machbarkeitsstudie gestellt, mit der der Senat die Uni Ende 2019 beauftragt hatte.
Erstellt wurde sie vom HIS-Institut für Hochschulentwicklung Hannover und in ihr wurde nach Angaben des Wissenschaftsressorts zunächst untersucht, wie viele Flächen an Büro-Quadratmetern und der derzeitig verfügbaren Sportstätten das Studienfach benötigen würde. Das Ergebnis bei letzteren: rund 25 Prozent. Was die Sanierung der Stätten kosten würde – die Universität hatte in einer ersten Schätzung für den Wissenschaftsausschuss im November 2019 mit einem Gesamtaufwand von rund 15 Millionen für Hallen und Plätze plus etwa 28 Millionen für die Grundsanierung des Sportturms kalkuliert – und ob ein Neubau am Ende günstiger wäre, darüber enthält die Studie keine Angaben. Diese könnten laut dem Ressort erst auf der Grundlage einer weiteren und tiefer gehenden, baulichen Machbarkeitsstudie bewertet werden.
Frühestens 2024 wird bei einem Verlauf ohne weitere Verzögerungen mit einem Abschluss der Bauarbeiten gerechnet. Das bedeutet, dass die ersten Studentinnen und Studenten im Oktober 2023 voraussichtlich die ersten Teile ihrer praktischen Ausbildung in den dann noch nicht ganz fertigen Sportstätten absolvieren oder sie auf externe Provisorien ausweichen müssen. Um den Beginn der Planungen für die Sanierung der Sportstätten zu finanzieren, sind für das Haushaltsjahr 2021 laut dem Wissenschaftsressort 300.000 Euro vorgesehen. Kosten für den Studiengang an sich würden erst ab 2022 auflaufen, weil dann der Aufbau des Personals beginnen soll.
Sportstudium in Bremen
Die Internetseite des Instituts für Sportwissenschaft und Sportpädagogik an der Bremer Uni gibt es noch. Auf ihr wird, wer dort vorbeischaut, lapidar darüber informiert, dass die sportwissenschaftlichen Angebote als Teil des Fachbereichs 9, Kulturwissenschaften, zum 31. März 2018 abgewickelt wurden. Beschlossen worden war das Aus 2011 als Folge einer Umstrukturierung der Uni, bei der die Fachgebiete mit Professuren verringert wurden – Proteste unter anderem von Schulen und Vereinen waren die Folge. Die Wiederaufnahme wurde schließlich im Wissenschaftsplan 2025 verankert, das Papier wurde im Herbst 2018 vorgestellt.