„Der Sport braucht ein Sprachrohr!“ Andreas Sponbiel und seine Mitstreiter in der Bürgerinitiative Rennbahngelände sind in Sorge. Die Bebauung des Geländes hatten sie im Mai 2019 durch einen von der Initiative herbeigeführten Volksentscheid abwenden können. Jetzt ist die Bürgerinitiative Teil des Runden Tisches, der sich um Konzepte für eine langfristige Nutzung des etwa 36 Hektar großen Areals im Stadtteil Hemelingen kümmert. Eine Fläche für alle soll es werden, eine Fläche für Sport, Kultur und Freizeit, sagt Sponbiel.
Beinahe monatlich treffen sich die Mitglieder des Runden Tisches, um Ideen auszutauschen und die Planungen voranzutreiben. Der Bürgerinitiative geht das aktuell aber nicht mehr schnell genug – auch vor dem Hintergrund, dass an anderer Stelle schon maßgebliche Entscheidungen getroffen würden. „Der Regionalausschuss beschließt – und wir laufen hinterher“, sagt Sponbiel zur Arbeit am Runden Tisch. Der Bürgerinitiative ist das zu wenig, „unsere Arbeitsleistung bekommt doch keiner mit“, sagt Sponbiel. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, informiert zu werden.“ Und aus eben diesem Grund habe sich das Führungsgremium der Bürgerinitiative Rennbahngelände nun dazu entschlossen, seine Ideen hinsichtlich der künftigen Nutzung öffentlich zu machen.
Die Planungen sind in einer wichtigen Phase angekommen, sagt Andreas Sponbiel. Eine Phase, in der man nicht den Fehler machen dürfe, Fakten zu schaffen. Fakten wie etwa eine asphaltierte Wegeverbindung. Die Überwegung des Rennbahngeläufs war zuletzt immer wieder ein Thema, auch am Runden Tisch. In Nord-Süd-Ausrichtung, so die Idee, soll auf dem Gelände ein fünf Meter breiter und etwa 500 Meter langer Rad- und Fußweg entstehen. Der Weg soll auch für Lieferwagen sowie Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge nutzbar sein. Der Verlauf sei durch die Anbindungsmöglichkeiten an die Stadtteile Hemelingen im Süden und Vahr im Norden sowie den vorhandenen Gewässern auf dem Gelände vorgegeben, heißt es dazu in einem Gesprächsprotokoll des Umweltbetriebs Bremen, der sich darüber im Auftrag der zuständigen Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) mit der Rennbahnprüfungskommission des Dachverbandes Deutscher Galopp ausgetauscht hat.
„Rennbahngelände als Ganzes denken“
Das Problem dabei: Die geplante und vom Regionalausschuss auf der Sitzung Ende Januar forcierte Wegeverbindung würde das Geläuf an gleich zwei Stellen kreuzen – und damit Galopprennsport in der Zukunft erheblich erschweren. Für Sponbiel und seine Mitstreiter in der Bürgerinitiative wäre das ein Unding, „das Rennoval ist Teil der DNA dieses Geländes, das wollen wir unbedingt erhalten“. Der 53-jährige Sprecher der Initiative appelliert dafür, „das Rennbahngelände als Ganzes zu denken, alle mitzunehmen und erst dann Fakten zu schaffen, wenn klar ist, was langfristig wo seinen Platz finden soll“. Es dürfe nicht sein, dass eine Sportart durch eine solche Wegeverbindung ausgegrenzt wird, „das wäre eine Schande für unsere Stadt“, so Sponbiel.
Überdies sei der Volksentscheid im Mai 2019 ein Entscheid gewesen für ganz Bremen und nicht nur für zwei Stadtteile, die nun in einem örtlichen Ausschuss darüber befinden, was auf dem Gelände künftig möglich und eben nicht mehr möglich sein soll. Der besagte Beschluss des Regionalausschusses hinsichtlich der Wegeverbindung, aber auch die dort am selben Abend getroffene und von der Lenkungsgruppe der Zwischenzeitzentrale inzwischen übernommene Entscheidung, Galopprennen in der Zukunft auszuschließen, sei eine schwere Hypothek für alle weiteren Planungen.
Wie die Planungen nach den Wünschen der Bürgerinitiative aussehen könnten, zeigt die oben abgebildete Grafik. Wünsche, die sich in zahlreichen Gesprächen mit diversen Vereinen und Institutionen herauskristallisiert hätten. „Es ist ein Diskussionsentwurf“, betont Andreas Sponbiel. Ein Entwurf, der dem Galopprennsport ebenso ein Zuhause bietet wie dem Pferdesport insgesamt. Der Bremer Verbandschef Walter Kind hat große Pläne, er möchte auf dem Areal Dressur- und Springreiten anbieten. Temporäre Veranstaltungen, hochkarätig und international besetzt und publikumswirksam, so wie einst die attraktiven Events in der Stadthalle. Golfen soll auf dem Areal dank einer Driving Range auch weiterhin möglich sein, wer es etwas kleiner mag, würde Gelegenheit zum Minigolfen finden.
Zur Ideenbörse gehören aber auch große, durchaus kostenintensive Projekte. Da wäre zum einen die Errichtung einer Bezirkssportanlage. Und da wäre der Bau einer großen Mehrzweckhalle mit Tribüne und Platz für mindestens 1000, besser noch für bis zu 2500 Zuschauer. Die Bedarfe seien da, sagt Andreas Sponbiel mit Blick auf Sportplatz und Multifunktionshalle. Die SG Bremen-Ost, der ATSV Sebaldsbrück, der TSV Osterholz-Tenever (OT) Bremen, aber auch Klubs wie Bremen 1860, Bremer HC und TV Eiche Horn hätten in unzähligen Gesprächen ihr Interesse bekundet.
Geht es nach den Plänen der Bürgerinitiative, wird auch der Sportgarten eine Heimat auf dem Rennbahngelände finden, eine zweite Heimat sozusagen. Denn in der Pauliner Marsch unterhält der Verein bereits eine öffentlich zugängliche Jugend- und Freizeitsportanlage mit vielfältigen Angeboten, die sowohl von Einzelpersonen als auch von Gruppen oder Schulen genutzt werden. „Uns ist es grundsätzlich wichtig, dass Interessierte auch ohne Vereinsmitgliedschaft die Möglichkeit haben, sich auf dem Gelände sportlich zu betätigen“, sagt Andreas Sponbiel.
Für die Bürgerinitiative soll das Rennbahngelände indes nicht nur ein Sportpark, sondern auch ein Kultur- und Freizeitpark werden. Entsprechend sieht das Konzept gegenüber der altehrwürdigen Tribüne eine Freifläche für Theateraufführungen, Musikveranstaltungen, Open-Air-Kino oder Public Viewing vor. Eine Boulderwand für Kletterer, ein Abenteuerspielplatz, ein Schul- und Lerngarten, ein Naturpark als Biotop und ein möglicherweise vom Atlantic-Hotel betriebenes Café könnten das Angebot abrunden. Indoor und Outdoor, Tradition und Moderne, all das wolle man miteinander verbinden, sagt Andreas Sponbiel und ergänzt: „Ich hoffe, dass die Bürger jetzt ein Gefühl für unser Anliegen bekommen. Das kann eine der attraktivsten Flächen in ganz Deutschland werden.“
Veranstaltungen auf der Rennbahn
Im Rahmen der Zwischennutzung sind für das laufende Jahr 2021 noch diverse Veranstaltungen auf dem Rennbahngelände in Bremen-Hemelingen geplant beziehungsweise beantragt. Neben Musik- und Reitsportevents, Weinfest, Kutschenturnier oder Spendenlauf möchte sich auch die Bürgerinitiative um Sprecher Andreas Sponbiel dort präsentieren. Am 18. Juli soll dort ein großes, publikumswirksames Bürgerfest stattfinden. Und für Sonnabend, 4. September, hat die Initiative analog zum Vorjahr wieder einen Tag des Sports geplant. Pikant dabei: Zum Showprogramm beim Tag des Sports soll erneut auch ein Galopprennen gehören. Der Lenkungsausschuss, der über einzelne Veranstaltungen in der Zeit der Zwischennutzung befindet, hatte kürzlich erst entschieden, dass der acht Tage später geplante Galopprenntag des Bremer Rennvereins nicht stattfinden darf. Grundlage dafür war der Beschluss des Regionalausschusses von Ende Januar, demzufolge keine Galopprennen mehr auf dem Gelände stattfinden sollen. Die Antwort hinsichtlich der Genehmigung steht noch aus, der Lenkungsausschuss tagt erst nach Ostern wieder.