Die Hobbys des ehemaligen Hochschulprofessors Auf den Spuren des Ex-Schachweltmeisters Bobby Fischer

Seit seiner Jugend ist Jochen Windheuser begeistert vom Schach, seit einigen Jahren auch begeistert von Island. Demnächst führt der 74-Jährige eine Reisegruppe an, um vor Ort beide Themen zu verbinden.
13.08.2020, 05:18 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Auf den Spuren des Ex-Schachweltmeisters Bobby Fischer
Von Jörg Niemeyer

„Ingólfur – Ein Leben in Island“: So heißt die Liebeserklärung von Jochen Windheuser an den Inselstaat im Nordatlantik. Streng genommen ist es keine Liebeserklärung, sondern ein Roman, der auf Island im 13. Jahrhundert spielt. Und doch spiegelt das in diesem Jahr erschienene Buch des 74-Jährigen seine Zuneigung zu einem der am dünnsten besiedelten Länder der Welt wider.

So spät wie der Psychologe und ehemalige Professor an der Fachhochschule Osnabrück sich an seinen ersten Roman heranwagte, so spät erwachte in ihm das Feuer für die Insel mit den vielen Vulkanen und heißen Quellen. Erst nach dem Eintritt in den Ruhestand bereiste Windheuser 2011 Island erstmals. Auch deshalb, weil seine Ehefrau, Gisela Schwellach, dorthin schon seit Jahrzehnten familiär bedingten Bezug hatte. Natürlich war dem passionierten Schachspieler auch nicht verborgen geblieben, dass Island eine ausgeprägte Beziehung zum Schach hat. Unvergessen der Weltmeisterschaftskampf 1972 zwischen dem sowjetischen Titelverteidiger Boris Spasski und dem US-amerikanischen Herausforderer Bobby Fischer in der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Der Vergleich fand in der Hochzeit des Kalten Krieges statt und sorgte auch über die Schachwelt hinaus für Aufsehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren bis zu diesem „Match des Jahrhunderts“ alle Weltmeister aus der damaligen Sowjetunion gekommen – bis Robert James, genannt Bobby, Fischer dieser Serie ein Ende setzte.

„Bobby Fischer war ein schwieriger Vogel“, sagt Jochen Windheuser. Offenbar einer, der es dem Professor aus Deutschland – beruflicher Schwerpunkt: Soziale Arbeit – besonders angetan hat. Fischer war von 1972 bis 1975 Weltmeister, verlor seinen Titel dann aber kampflos, weil er gegen seinen sowjetischen Herausforderer Anatoli Karpow nicht antrat.

Der Amerikaner hatte sich vom Wettkampfschach zurückgezogen und saß nur noch einmal bei einem öffentlichen Auftritt am Brett. 1992 traf er in einem hoch dotierten Showkampf noch einmal auf Boris Spasski und gewann mit 17,5:12,5. Weil das Duell im damaligen Jugoslawien stattfand, gegen das die USA ein Wirtschaftsembargo verhängt hatten, erwirkten die USA gegen den Ex-Weltmeister aus dem eigenen Land einen Haftbefehl.

Fischer fiel wiederholt wegen antiamerikanischer und antisemitischer Äußerungen auf und reiste nie wieder in sein Heimatland, wechselte weltweit aber häufig den Wohnort. Als die USA 2004 Fischers Reisepass für ungültig erklärten, wurde er anschließend beim Versuch, aus Japan auszureisen, verhaftet. Noch während seiner Haft heiratete Fischer seine langjährige Lebensgefährtin Miyoko Watai, die auch Generalsekretärin des japanischen Schachverbandes war. Statt an die USA ausgeliefert zu werden, reiste Fischer mit seiner Frau 2005 nach Island, wo er politisches Asyl und die isländische Staatsbürgerschaft erhielt und am 17. Januar 2008 starb.

Die Isländer bezeichneten ihr Entgegenkommen als humanitäre Geste und werteten es nicht als Unterstützung von Fischers politischen Ansichten. Für den Ex-Weltmeister schloss sich damit in gewisser Weise aber der Kreis: Dort, wo er mehr als 30 Jahre zuvor unter weltweitem medialen Interesse seinen größten Erfolg gefeiert hatte, durfte er in allerdings schon angeschlagenem gesundheitlichen Zustand seine letzten Jahre verleben.

Neben der Kirche von Laugardaelir, einer kleinen Siedlung im Südwesten Islands, steht der Grabstein des großen Schachspielers. Ein paar Kilometer entfernt, in Selfoss, befindet sich das Bobby-Fischer-Center, ein kleines Museum, das Jochen Windheuser 2014 erstmals besuchte und das ihn fortan nicht mehr loslassen sollte. Nachdem der 74-Jährige den Mitgründer des Museums, Helgi Olafsson, kennengelernt und dessen Buch „Bobby Fischer Comes Home“ (übersetzt: Bobby Fischer kommt nach Hause) über die letzten Jahre des Ex-Weltmeisters gelesen hatte, stand für Windheuser fest: Er will seine Leidenschaft für Island und das, was dort in Verbindung zu Bobby Fischer steht, mit anderen teilen.

Zwei Jahre ist in Jochen Windheuser die Idee gereift, für September 2020 eine Reise nach Island zu organisieren. Mit ein bisschen Land-und-Leute-Kennenlernen, ein bisschen Bobby-Fischer-Erinnerungstour und einem Schachvergleich zwischen Einheimischen und der Bremer Delegation. Kontakte zum isländischen Schachverband sind geknüpft, aus der Hansestadt wird unter anderem die Jugendleiterin des Landesschachbundes Bremen, Ulrike Schlüter, dabei sein. „Vielleicht schaffen wir es ja, eines Tages einen regelmäßigen Jugendaustausch zwischen Island und Bremen hinzubekommen“, sagt Jochen Windheuser. Unter den neun Reisenden sind sechs aktive Schachspieler, die dafür demnächst den Grundstein legen möchten. Auch der Reiseleiter, der einst für Werder und inzwischen für den SK Bremen-Nord spielt, wird in Reykjavik zu den Figuren greifen.

Info

Zur Sache

Programm: Sightseeing und Schach

Zwischen dem 1. und 13. September wird, so Corona es zulässt, die Bremer Schachdelegation unter Führung von Jochen Windheuser in Island zu Gast sein. Mithilfe von zwei hochlandfähigen Autos wird sie einige Schönheiten des Inselstaats kennenlernen, bevor an den letzten drei Tagen Schach im Mittelpunkt steht. Der Präsident des isländischen Schachverbands wird sich mit den Bremern in Reykjavik treffen und ihnen unter anderem die Spielstätten des WM-Kampfes zwischen Boris Spasski und Bobby Fischer zeigen. Besuche des Bobby-Fischer-­Museums und der Grabstätte des Ex-Weltmeisters, ein Treffen mit dem Museums-Mitgründer Helgi Olafsson sowie ein Schach-Vergleichskampf sind ebenfalls geplant.

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