Ausgerechnet im grünen Stadtgarten, der mit viel Engagement auf dem Lucie-Flechtmann-Platz entstanden ist, gibt es Ärger: Nun fordern die Stadtgärtner, den Alkohol für bestimmte Zeiten zu verbannen.
Ausgerechnet in dem grünen Stadtgarten, der mit viel Engagement auf dem ehemals betongrauen Lucie-Flechtmann-Platz entstanden ist, gibt es Ärger: Betrunkene prügeln sich und stören das friedliche Miteinander auf dem Platz. Nun lautet die Forderung der Stadtgärtner, den Alkohol für bestimmte Zeiten von der „Lucie“ zu verbannen. Mit einem Brief an die Nachbarschaft werben die Aktivisten für diesen Lösungsvorschlag.
„Die alkoholkranken Wohnungslosen waren schon auf dem Platz, bevor unsere Initiative sich gegründet hat“, sagt Victoria Klemm. Es sei nie die Absicht gewesen, die Trinker vom Platz zu vertreiben. „Sie sind ein Teil unserer Gesellschaft und unserer Stadt“, heißt es dazu in dem Schreiben an die Nachbarn. „Aber wir müssen Regeln für ein gutes Miteinander finden und das hat in diesem Sommer leider überhaupt nicht geklappt“, bedauert Uta Bohls, die ebenfalls zu der Initiative zählt.
Im Gegenteil: So schlimm sei es in den drei vergangenen Jahren noch nie gewesen. Klemm und Bohls vermuten, dass sie selbst ohne es zu ahnen dazu beigetragen haben. Den Bau einer überdachten Bühne und eines großen Gewächshauses hätten einige Obdachlose dazu genutzt, dort regelmäßig zu schlafen.
Ernüchterung folgte
Und nach der kurzen Freude über die Ernte von Auberginen, Tomaten und Melonen, folgte für die Stadtgärtner die Ernüchterung. „Spätestens ab August war das Gewächshaus dann ‚besetzt‘ und Gespräche mit den Wohnungslosen sind wirkungslos geblieben“, schildert die Initiative in ihrem Brief den Ablauf der Geschehnisse. Es soll nachts lautstarke Kämpfe um die Schlafplätze gegeben haben. „Es gab nächtliche Gelage, viel Müll und insgesamt wurde die Atmosphäre auf dem Platz unangenehm“, beschreibt es Klemm.
Vielleicht sei es auch die gute Infrastruktur gewesen, die zwischenzeitlich sogar noch eine zweite Gruppe Trinker angelockt hatte. Es gibt ein Dixi-Klo, das die Initiative bezahlt. Es gab auch einen Food-Sharing-Schrank, in dem Lebensmittel von Menschen hineingestellt wurden, die sie nicht mehr brauchten. Sowie einen Schrank für Tausch-Kleidung. „Der wurde dazu missbraucht, die Sachen als Polster für die Bänke herauszunehmen, wodurch sie unbrauchbar wurden“, ärgert sich Klemm. Eine weitere Sogwirkung will die Initiative nun unbedingt verhindern.

Uta Bohls (links) und Victoria Klemm mussten Dach und Wände vom Gewächshaus abbauen, weil Obdachlose dort geschlafen haben.
Um das Problem einzudämmen, haben sich die Stadtgärtner daher schweren Herzens dazu entschieden, das Dach und die Seitenwände des Gewächshauses sowie das Dach der Bühne wieder abzubauen.
Außerdem haben die Aktiven den Wohnungslosen erklärt, dass der Stadtgarten zwar für alle da ist, er aber kein Schlafplatz, kein Lager für Kleidung, Essen, Schlafsäcke und weitere Dinge ist. Alles, was nicht zum Garten gehört, entsorgen die Aktiven seither, was offenbar zu einem offenen Streit zwischen den Wohnungslosen und den ehrenamtlichen Gärtnern führte. Einmal musste sogar die Polizei anrücken und einen Platzverweis aussprechen gegen einen Obdachlosen, der Klemm beim Gärtnern mit Gegenständen bewarf.
Mit Volltrunkenen zu reden sei quasi unmöglich
„Im Prinzip bräuchten wir hier einen professionellen Ansprechpartner für diese Menschen, denn wir können als Laien nicht so gut auf ihre besonderen Probleme und Bedürfnisse eingehen“, weiß Klemm. Denn mit einem Volltrunkenen zu reden, sei aus ihrer Sicht quasi unmöglich. Zwar klappe es hin und wieder, auch die Wohnungslosen mit in die Gartenarbeit einzubinden. „Die haben einen Tag lang toll hier auf dem Platz die neue Erde verteilt“, sagt Bohls anerkennend. Doch dann gebe es auch wieder Rückschläge. Es gab wieder eine Prügelei zwischen Betrunkenen auf dem Platz. Es wurde wieder dort geschlafen, ein Zelt aufgebaut, es gab viel Lärm und Müll. Und dieses ständige Auf und Ab sei kein Dauerzustand, mit dem sie sich abfinden wollen, sagen die beiden Stadtgärtnerinnen.
„Hier bewegen sich auch Eltern mit kleinen Kindern auf dem Platz, die sollen sich auch wohlfühlen“, betont Klemm daher. Denn die größte Sorge der Initiative ist, dass durch den Lärmpegel, den Müll und die schlechte Atmosphäre Unterstützer sich abwenden und das Projekt insgesamt gefährdet ist. „Ich war richtig schockiert, als eine Nachbarin, die uns sonst immer sehr wohlwollend gegenüberstand, sagte, dass sie das so nicht mehr will“, berichtet Bohls.
Doch wie kann wieder Frieden einkehren? Die Initiative will es nun mit einer Spielplatz-Regelung versuchen, die sie bereits beim Beirat Neustadt beantragt hat. Wenn diese von der Stadt für den Platz verordnet wird, gelten dort bestimmte Regeln: Kein Alkohol von 8 bis 18 Uhr zählt zu den wichtigsten. Aber auch keine Hunde und ein Rauchverbot gehört dazu. „Wir haben aus anderen Städten gehört, dass das gut funktioniert“, hofft Klemm auf eine deutliche Verbesserung der Lage.
Letztlich geht es auch um Kinderschutz
Letztlich gehe es auch um Kinderschutz. „Ich würde mich mittlerweile in manchen Situationen als Mutter mit kleinen Kindern sehr unwohl fühlen“, ist Bohlsens Eindruck. Eltern sollen jedoch weiterhin unbesorgt mit ihrem Nachwuchs herkommen können. Um ihren Kindern auch ohne eigenen Garten zeigen zu können, was Pflanzen zum Wachsen brauchen. Oder um sie in der selbstgebauten Sandkiste buddeln zu lassen, die mitten auf dem großen Platz steht. Klemm: „Lucie soll ein Garten für alle bleiben und in Zukunft eben ohne Alkohol.“