Im Dezember 2015 wurde die letzte Folge von Stefan Raabs Late-Night Sendung „TV Total“ ausgestrahlt, bei der Sie fast 16 Jahre fester Bestandteil waren. Ist es Fluch oder Segen als TV-Band bekannt zu sein?
Herb Jösch : Es ist beides. Einerseits hat es viel Spaß gemacht, mit all den internationalen Acts spielen zu können. Es war ein Privileg, in einer Show zu spielen, in der so viel Fokus auf die Musik gelegt wurde. Gleichzeitig ist es aber auch ein Fluch, weil man aus der realen Welt weggerissen wird. Wir konnten in der Zeit keine Tournee mit anderen Künstlern machen. Aber im Fazit überwiegt der Spaß, den wir hatten.
Wie kam es überhaupt dazu, dass die Heavytones Studioband wurden?
Ich habe Ende der Neunziger in der Band „Fred Kellner und die famosen Soulsisters“ gespielt, bei der auch Anke Engelke und ihre Schwester dabei waren. Ein Teil dieser Band hat beim Eurovision Song Contest 2000 in Stockholm bei Stefan Raabs Auftritt zu „Wadde Hadde Dudde Da“ mitgemacht. Als Stefan sich damals entschied, mit „TV Total“ in ein tägliches Format nach dem Vorbild von David Letterman zu wechseln, fragte er mich, ob ich dafür eine Band zusammenstellen kann.
Und es gibt kaum einen großen Star, mit dem Sie dann nicht live gespielt haben. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Absolutes Highlight war James Brown, der seinen letzten Auftritt in Deutschland bei uns hatte und für mich ein Meilenstein in meiner musikalischen Entwicklung war. Es waren Leute dabei wie Lionel Richie, Kylie Minogue – es waren so viele. Cecilia Bartoli hat mit uns Barockmusik gemacht, Eminem hat über den alten Schlager „Zucker im Kaffee“ angefangen zu rappen. Das war unglaublich. Dann gab es noch die großen Veranstaltungen neben der Sendung, wie die Eurovision Song Contests. Ich möchte kaum Erlebnisse missen.
Gibt es jemanden, mit dem Sie gerne noch spielen würden?
Tina Turner, Sting, Phil Collins, da gibt es einige. Mit Udo Lindenberg haben wir mal kurz gespielt, aber das war auch zu wenig.
Durch ihr breites Repertoire hat die Band den Ruf, sie könnte alles spielen. Stimmt das?
Es gibt ein paar Sachen, die wir nicht so gut können, aber wir haben es immer geschafft, es so gut zu machen, dass es glaubwürdig war. Latin-Sound war immer eine schwierige Baustelle und Death-Metal-Rocker sind wir nun einmal auch nicht. Wir haben bei den Fernsehauftritten neunzig Prozent aller musikalischen Stile abdecken können. Wir sind eine gute Truppe, die musikalisch sehr versiert ist und ein breites Repertoire hat.
Aber oft in die Jazz-Schublade gesteckt wird?
Ja, bedingt dadurch, dass wir eine reine Instrumental-Band sind. Wir haben uns vor drei Jahren dazu entschlossen, nur noch selten mit Gästen aufzutreten, und wenn, dann eher mit Instrumentalinterpreten.
Warum?
Die Instrumentalmusik war schon immer zu neunzig Prozent unser Standbein. Wenn man es zum Programm macht, dass ein Sänger vorne steht, relativiert sich die Band schnell zu einer Begleitband. Gerade wenn wir die jeweilige Musik der Sänger spielen. Es ist wieder etwas anderes, wenn man eigene Musik mit Sängern spielt. Aber es ist immer mit größerem Probeaufwand verbunden, wenn man für einige Songs noch Sänger dabei hat.
Ihre aktuelle Tour heißt genau wie Ihr drittes Album „Songs That Didn’t Make It To The Show“. Was kommt auf das Publikum zu?
Wir spielen eigene Songs, wir covern nicht – bis auf einen Song: „Heaven“ von Emeli Sandé. Die aktuellen Lieder, das sind wirklich wir. Die Musik ist aus der Band heraus entstanden. Ich würde als Jazz-Funk bezeichnen, was wir machen, aber die Bandbreite ist weit gestreckt. Es sind leise getragene Lieder dabei, genauso wie Musik mit einer Schippe Dreck, die in den Kopf, in die Beine und ins Herz geht.
Wie ist es, nach so langer Zeit im Fernsehstudio wieder auf Tour zu sein?
Uns eilte in der Veranstalter-Szene der Ruf voraus, dass wir die Cover-Spaß-Band von Stefan Raab sind und man hat uns nicht als ernst zu nehmende Band wahrgenommen. Das hat sich über die letzten Jahre geändert und wir hatten in den vergangenen Wochen spannende Auftritte bei großen Jazz-Festivals. Wenn man mehr als 150 Fernseharbeitstage im Jahr hatte, kann man nicht sofort den Hebel umlegen und im Jahr darauf genauso viele Konzerte geben. Bis Ende des Jahres werden es etwa 60 Konzerte sein. In Bremen wird es unser erster Auftritt sein.
Das Gespräch führte Alexandra Knief.