Blumenthal. Während Daniel El Khatibs Besuch an der Oberschule an der Eggestedter Straße steht statt Mathe oder Deutsch die Stärkung von Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen auf dem Stundenplan. Ziel der Arbeit des Jugendcoaches an Schulen sind außerdem Motivation und die Stärkung der Klassengemeinschaft. An der Blumenthaler Oberschule arbeitet er an diesem Tag mit Neuntklässlern. Der Jugendcoach zeigt ihnen anhand seiner eigenen Lebensgeschichte, wie wichtig die persönliche innere Einstellung im Hinblick auf die Lebensführung ist.
„Eine einzelne Entscheidung kann das Leben komplett verändern“, das weiß Daniel El Khatib nur zu gut. Aufgewachsen in Nordenham in schwierigen familiären Verhältnissen, prägten Mobbing und schlechte Noten seine eigene Schulzeit. Schon früh wurde El Khatib außerdem übergewichtig. „Ich habe mich geschämt für mein Aussehen, jetzt weiß ich natürlich, dass das zu Unrecht war“, erzählt er und zeigt den Schülern Bilder von sich, als er jünger war. Heute ist Fitness ein wichtiger Bestandteil seines Lebens.
Der Jugendcoach hat keinen gradlinigen Lebenslauf. „Ich wurde der Schule verwiesen und habe zwei Ausbildungen abgebrochen“, schildert er. Zehn Jahre später arbeitete er unter anderem als Marketingleiter und jüngster Pressesprecher eines Kinderhospizes in ganz Deutschland. „Irgendwann hat es Klick gemacht und ich habe angefangen, an mich zu glauben“, berichtet der 37-Jährige, der heute selbstständig ist und hauptberuflich Vorträge vor Schülerinnen und Schülern hält. Dabei steht für ihn im Vordergrund, den Jugendlichen zu zeigen, wie wichtig es ist, sich selbst zu mögen: „Zufrieden mit sich selbst zu sein, sich selbst so zu akzeptieren wie man ist, damit beginnt alles“.
Gerade heutzutage fällt Jugendlichen Selbstakzeptanz jedoch zunehmend schwerer, meint El Khatib. Insbesondere der Vergleich mit vermeintlichen Schönheitsidealen in den sozialen Netzwerken, sei ein Grund dafür. Der Jugendcoach mahnt die Jugendlichen, sich nicht mit anderen in sozialen Netzwerken zu vergleichen. Er betont: „Es gibt keine Ideale.“
Aufgrund der coronabedingten Abstandsregeln coacht El Khatib die Neuntklässler der Oberschule in Kleingruppen. Ausfallen dürften die Vorträge aber auf keinen Fall, betont Stefanie Beckmann von der Oberschule an der Egge. „Unsere Schülerinnen und Schüler können sich zum Teil mit Daniel El Khatib identifizieren. Er kann ihnen zeigen, dass sie die Chance haben, ihr Leben selbst zu gestalten“, erklärt die Schulsozialarbeiterin, die den Kontakt mit El Khatib hergestellt hat.
Mit dem achten Jahrgang der Oberschule an der Egge hatte El Khatib bereits einen Workshop zum Thema Selbstvertrauen durchgeführt. Zwei geplante Workshops mussten aufgrund der Corona-Pandemie zunächst ausfallen. „Die Termine werden wir aber auf jeden Fall nachholen“, stellt Beckmann klar. Denn oftmals könne der Jugendcoach die Schüler auf eine andere Art erreichen, als beispielsweise die Klassenlehrer: „Daniel El Khatib weiß genau wovon er spricht und dadurch wirken seine Erzählungen glaubwürdig“, so Beckmann.
Inspiration für die Jugendlichen
Tatsächlich kommt der 37-Jährige bereits auf dem Schulflur mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt. Sie grüßen ihn und stellen ihm Fragen. „Ich hätte damals selbst jemanden gebraucht, der mich inspiriert“, begründet El Khatib seine Motivation für die Arbeit mit Schülern. Je früher Kinder und Jugendliche zum Nach- und Umdenken inspiriert würden, desto besser. Vielen jungen Menschen sei ihr Wert nicht bewusst, sie dächten, sie hätten keine Chance. „Ich möchte ihnen zeigen, dass sie aus ihrem Leben etwas Besonderes machen können, egal wo sie herkommen“, sagt El Khatib.
Dass ein Umdenken tatsächlich zu einem Wandel des eigenen Lebens führen kann, verdeutlicht er in seinen Erzählungen über sein eigenes Leben. In seiner Jugend sei er sozial immer auffälliger geworden. Gewalt und Drogen gehörten zu seinem Alltag, so El Khatib. In einem Moment habe er seine Lebensweise dann hinterfragt und rückblickend sei das der Moment gewesen, der sein Leben verändern sollte. „Ich will was schaffen und Karriere machen“, habe er sich selbst gesagt und tatsächlich sei mit der Zeit zum Beispiel sein Zeugnis besser geworden. „Das lag aber nicht daran, dass ich klüger geworden bin“, erzählt er den Blumenthaler Schülern. Grund sei seine innere Veränderung gewesen. Einen Traum zu haben und diesen erreichen zu wollen, das habe einen positiven Einfluss auf ihn gehabt.
Die Schüler selbst haben zu Beginn des Vortrags eigene Träume aufgeschrieben, über die sie am Ende mit dem Coach sprechen. Er motiviert die Jugendlichen: „Ihr könnt das schaffen, ihr müsst nur an euch glauben.“ Auch nach dem Vortrag will er für die Schüler Ansprechpartner bleiben. Der Coach bietet den Jugendlichen an, dass sie ihm auf Instagram jederzeit schreiben können. Durch die Vorträge, die er regelmäßig und auch überregional an Schulen hält, wird er mittlerweile häufig via Instagram um Rat gebeten. Einige Fragen hat er in der Vergangenheit gebündelt in einem Video beantwortet. „Der Vortrag von Daniel El Khatib begleitet die Schüler auch danach noch ganz lange“, resümiert Stefanie Beckmann. Es sei gerade die Art, wie Daniel El Khatib seine Geschichte erzählt, die den Vortrag so spannend macht, lobt eine Neuntklässlerin. „Am meisten werde ich mir seine Botschaft, dass man sich selbst mögen soll, zu Herzen nehmen“, sagt die Schülerin.