Rekum. Im nächsten Jahr wird der „Schifferverein Rekum und Umgegend von 1919“ 100 Jahre alt. Ein besonderer Geburtstag, eigentlich ein Grund zum Feiern. Doch den aktuell 78 Mitgliedern des traditionsreichen Vereins ist gar nicht so sehr nach Feiern zumute. Sie machen sich Sorgen. Sorgen um ihr vielleicht wichtigstes Vereinsmitglied. Um ein Vereinsmitglied aus Eisen und Stahl, das „Löschboot 1“. Denn das betagte Schiff musste in die Werft. Für diese Reparaturen konnte der Schifferverein die Kosten noch begleichen, doch spätestens in zwei Jahren droht ein weiterer, kostspieliger Aufenthalt.
Viele, viele Jahre waren die Mitglieder des Schiffervereins Rekum und Umgegend von 1919 sozusagen eine Crew ohne Schiff. Das war für die meisten Mitglieder – viele sind schon älter – in Ordnung. Doch ein Schifferverein ohne Schiff ist keine Werbung für potenzielle Neumitglieder. Erst recht nicht für junge. „Ohne Schiff waren wir einfach nicht mehr attraktiv“, erinnert sich Jens Lohmeyer, der Schatzmeister des Vereins. Also begab sich der Vorstand auf die Suche – und wurde in Bremerhaven fündig. Die Nachfahren der Rekumer Kahnschiffer übernahmen 2008 von der Schiffergilde Bremerhaven das 1941 erbaute „Löschboot 1“ – für den symbolischen Kaufpreis von einem Euro.
Heute hat das Schiff seine Heimat im Museumshafen von Vegesack, liebevoll gepflegt von den Mitgliedern des Schiffervereins. Und noch heute, 77 Jahre nach dem Stapellauf, ist das Löschboot nicht nur im Hafen, sondern auch auf der Weser zu bewundern. Nicht mehr in seiner angestammten Funktion, sondern eher als eine Art Ausflugsdampfer. Von Frühjahr bis Herbst bieten die Mitglieder des Schiffervereins Fahrten mit dem Löschboot an. Für Stammtische, Gruppen, Freiwillige Feuerwehren, sogar für Brautpaare. „Wir haben einen guten Draht zum Fährhaus Farge“, schmunzelt der Vereinsvorsitzende Heino Bauer. Soll heißen: Fährhaus-Chef Raimund Stöver wirbt schon mal für die Rekumer Schiffer. Braut und Bräutigam lassen sich dann nicht per Automobil, sondern eben per Schiff zur Feier bringen, die Hochzeitsgesellschaft wartet dann am Steg. Oft steht dann Heino Bauer als Kapitän selbst am Ruder.
Die Vereinskasse füllen diese Fahrten jedoch nicht. Maximal 18 Passagiere darf das Löschboot aufnehmen. Rund 300 Euro kostet dann eine Tour mit dem Löschboot. „Um wirklich Geld zu verdienen, müssten wir deutlich mehr nehmen“, sagt Schatzmeister Jens Lohmeyer. „Aber das wollen wir nicht, dann kommen die Fahrgäste nicht mehr“, sagt Vereinsboss Heino Bauer. So legt der Schifferverein regelmäßig drauf, für Pflege, Unterhaltung, Treibstoff. „Noch reichen die Rücklagen“, sagt Jens Lohmeyer.
Doch jetzt stoßen die Rekumer an ihre finanziellen Grenzen. Das alte Löschboot musste trotz regelmäßiger Pflege in die Werft. Die letzte Fahrt in diesem Jahr ging Richtung Maleika-Werft am Hohentorshafen. Etliche Renovierungsarbeiten standen und stehen auf dem Zettel: Schweißarbeiten an Heckflosse und Ruder, Erneuerung des Bergholzes am Heck. Für Nicht-Seemänner: Das Bergholz ist eine an der Außenseite des Schiffes herumlaufende, besonders verstärkte Planke oder Leiste aus Holz. Oder wie es Vorstandsmitglied Jörg Otten ausdrückte: „Die Stoßstange des Schiffes.“
Schifferverein wird 100 Jahre alt
Außerdem musste der Boden des Schiffes entrostet und neu gestrichen werden. „Alles zusammen kostet uns der Werft-Aufenthalt rund 15 000 Euro", erzählt Jens Lohmeyer. Und hätten nicht viele Vereinsmitglieder den Rost selbst abgekratzt, die neue Farbe selbst aufgebracht, die Rechnung wäre noch weitaus höher ausgefallen. „Allein ein Meter Bergholz kostet rund 1000 Euro“, sagt Jens Lohmeyer.
Doch gerade diese hölzerne Planke, praktisch die Stoßstange des Löschbootes, bereitet den Rekumern aktuell so viel Kummer. „Spätestens in zwei Jahren muss das gesamte Bergholz erneuert werden“, schildert Heino Bauer. Gut 20 Meter müssen dann ersetzt werden. 20 Meter mal 1000 Euro. Doch diese 20 000 Euro können die 78 Vereinsmitglieder allein nicht aufbringen, auch nicht, wenn sie in der Saison 2019 die Preise für ihre Touren anheben.
„Wenn das Löschboot weiter fahren soll, brauchen wir Hilfe“, sagt Heino Bauer. Der Kapitän und seine Vereinskameraden setzen auf die Mithilfe von Firmen und Privatleuten, denen die maritime Tradition, die Geschichte der Kahnschiffer noch etwas bedeutet. „Das ,Löschboot 1' hat eine maritime Geschichte, ist ein Traditionsschiff“, betont Heino Bauer. Gleichzeitig sei es noch viel zu jung, um nur im Museumshafen zu liegen. Und eine Crew ohne Schiff wollen die Mitglieder des Vereins auch nicht mehr sein.
Im nächsten Jahr wird der Schifferverein Rekum und Umgegend 100 Jahre alt. Ein besonderer Geburtstag und ein Grund zum Feiern. Die Mitglieder hoffen, dass das Jubiläum für Sponsoren ein Anlass sein könnte, ihnen im Kahnschifferhaus in Rekum, der Heimat des Vereins, ein Geschenk zu übergeben.