Wenn mittelalterlicher Zungenschlag auf zeitgenössisches Fachsimpeln über Naturkosmetik trifft und sich Kinder in dicken Winterjacken zu Knappen ausbilden lassen, ist die Zeit der Rittersleut und Burgfräulein in der Neuzeit angekommen. Drei Tage wirkt es, als hätte sich auf der Burg Blomendal das Tor zu einer anderen Zeit geöffnet und wäre mit dem Heute verschmolzen.
Händler in Gewandungen bieten Spielzeug aus Holz, Perlenschmuck, Schilde, Helme, Toniken und vielerlei mehr. Auch die Betreiber der kulinarischen Angebote machen den Eindruck, als wären sie soeben aus einem Gasthof anno 1300 getreten. Ein Schmied sorgt mit rhythmischen Schlägen auf ein Stück Eisen für Authentizität.
In gebührendem Abstand zur heißen Esse stehen Kinder, die ihm bei der Arbeit zusehen. Dahinter Eltern mit Glühwein. „Wir sind gerade angekommen und gleich hier hängegeblieben“, so Swantje Logemann.
Die Familie hatte schon mal das Burgfest im Sommer besucht, findet das mittelalterliche Treiben in dieser Form auch sehr schön. Veranstaltungen wie diese seien ein echter Gewinn für Bremen Nord, so Swantje Logemann. „Angenehm ist auch, dass es nicht so überlaufen ist, wie an der Schlachte“, zieht ihr Mann einen Vergleich.
Auch Detlev Markgraf Gronau, der ein paar Feuerkörbe weiter mit einem Becher Met dem Klang einer Schalmei lauscht, genießt die Atmosphäre. „Die ganze Aufmachung passt sehr gut zum Gebäude und das Mittelalterthema super in die Jahreszeit“.
Ritter trinken auch Kinderpunsch
Hinter den Besuchern erschallen Stimmen. Es ist eine Gruppe Ritter, die sich an einem Stand versammelt hat, an dem Heißgetränke ausgeschenkt werden. „Mein Lehnsherr ist ein alter Knausersack“, tönt einer der Männer, woraufhin ihm die Gruppe bedauernd zuprostet. Einer empfiehlt ihm, sich doch denen zu Oumünde, den Errichtern der Burg, zu verpflichten. Diese wären großzügiger.
Wirtin Katja Scherwitzki lehnt an ihrem Tresen und schaut dem Treiben zu. Sie ist aus Soest angereist, um ihre Taverne „Zum fröhlichen Normannen“ aufzubauen. Met sei sehr gefragt, erzählt sie, so wie alle Heißgetränke bei der Kälte gut über den Tresen gehen.
Zur Wahl steht auch Kinderpunsch, der sogar von Rittern geordert wird. Einer ist erkältet und versucht sich mit dem alkoholfreien Heißgetränk aufzupäppeln. Seine Waffenbrüder nehmen dies zum Anlass, ihn zu necken. Darunter auch Ivar, der vor einem Funken sprühenden Feuerkorb sitzt. Björn Basser, so sein bürgerlicher Name, gehört zu den Laienschauspielern, die in gespielten Führungen die Geschichte der Burg erlebbar machen. Er ist zufrieden mit dem Verlauf des diesjährigen Burgfriedens. „Es ist deutlich mehr los als im letzten Jahr. Besonders am Freitag waren viele Familien mit Kindern da“, resümiert er. Das zeige sich auch daran, dass die Knappenspiele durchgehend gefragt waren. Bei diesen Wettkämpfen können die jungen Besucher den Titel eines Knappen erringen. Wer auf die nächste Runde warten muss, kann sich solange am Spielmobil beschäftigen, das Geschicklichkeits- und Bewegungsspiele bietet.
Klaus Peters, erster Vorsitzender des Burgvereins, ist sichtlich zufrieden. „Seit Tag eins ist der Zustrom kaum abgerissen“, so Peters. Er freue sich darüber, dass das Angebot so gut wahrgenommen werde. Darunter sind auch einige Neuerungen, wie das Spielmobil oder das Geschichtscafé.
Dieses wurde in den Ausstellungsräumen eingerichtet. Stündlich können Besucher dort Wissenswertes über Themen erfahren, die im Zusammenhang mit der Burg stehen. Am Sonnabend stehen der Küstensegler Marie, Walfang, die Burg selbst sowie der Schmuggel auf der Agenda. Zu jedem Thema werden passende Ausstellungsstücke herausgesucht, die auch in die Hand genommen werden können. Dazu gibt es Kaffee und Kekse. Archivleiter Jürgen Peters berichtet, das manche Gäste sogar mehrmals kämen, um verschiedene Themen zu hören.
Waffelbäckerei ausverkauft
Dass ein derart starker Besucherandrang von den Veranstaltern nicht erwartet worden ist, zeigt sich bei den Essensangeboten. Die Karte am mittelalterlichen Grill ist gegen Abend auf nur noch zwei Gerichte geschrumpft, Glühwein ist aus und die Waffelbäckerei im ersten Stock des Schlosses ist ausverkauft.
„Uns ist das Material ausgegangen“, berichtet Alexander Peters. Dabei habe man schon deutlich mehr besorgt als im Jahr zuvor. Mit drei Personen wurde den ganzen Tag im Akkord gebacken. 150 bis 200 Waffeln seien dabei über den Tresen gegangen. „Wir haben das halbe E-Center leer gekauft aber mehr ging nicht“.
Nicht nur den Organisatoren und professionellen Ausstellern zaubern die vielen Besucher ein Lächeln ins Gesicht. Auch die Kunsthandwerker auf dem Weihnachtsmarkt sind guter Dinge. Manch ein Stand ist am Sonnabendabend nur noch spärlich bestückt, andere Aussteller arbeiten an Nachschub.
Lisa Hellmann hat ihre Nähmaschine mitgenommen, um etwas zu arbeiten, was ihr nur zwischendurch gelingt. „Es wurde intensiv geschaut und gut gekauft“, so die Grohnerin, die ihre Kinderbekleidung zum ersten Mal auf der Burg anbietet. Auch auf der anderen Seite des Saals ist man zufrieden. Martina Franke und Christine Gottschalch stehen hinter einem Tisch, auf dem verschiedene Seifen, Cremes und andere selbst hergestellte Kosmetik aufgebaut sind. Sie stellen fest, dass viele der Besucher ein Bewusstsein für ihre Art der plastikfreien Naturkosmetik haben.
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