Borgfeld. Hexen können ja alles, wenn sie immer fleißig Zaubersprüche gelernt haben. Aber können Hexen auch lieben? In Hexen verlieben kann man sich jedenfalls manchmal, denn es gibt auch junge, sehr niedliche Hexen, wie Shep Henderson, ein junger Verleger, sehr bald bemerkt, als er in dem Haus von Gilian Holroyd eine Wohnung bezieht. Ein Besuch bei seiner Vermieterin, die in der Wohnung unter ihm wohnt, und es ist um ihn geschehen. Nur leider gibt es noch weitere Holroyds – Tante Queenie in der Wohnung über Shep, und Gilians Bruder Nicky. Und mit denen stimmt was nicht. Das merkt Shep auch ziemlich schnell. Was aber ist mit Gilian? Die hat auch ein Geheimnis. Mit der Liebe wird es also so schnell nichts – oder doch? Oder dann doch wieder nicht?
Antworten auf diese Fragen gibt der Hanseatenclub ab heute in seinem Theater am Deich. Dort feiert „Geliebte Hexe“ Premiere, eine Komödie in drei Akten von John van Druten in der Übersetzung von Alfred Polgar. Am Mittwoch war die Generalprobe, schon mit einigen Zuschauern, und wenn der alte Schauspieleraberglaube stimmt, dass auf der Generalprobe irgendwas schiefgehen muss, damit die Premiere klappt, stehen die Vorzeichen günstig – einmal, aber wirklich nur ein einziges Mal musste Souffleuse Corinna Grund eingreifen. Das war aber nur für aufmerksame Zuschauer zu erkennen, und Helga Goll, die zum ersten Mal beim Hanseatenclub Regie führt, hatte allen Grund, mit ihren fünf Schützlingen zufrieden zu sein.
Das sind Linda Peetz als Gilian, Elzbieta Ackermann als ihre Tante Queenie, Jörg Herrmann als ihr Bruder Nicky, Tom Vollbrecht, der erst zum zweiten Mal auf der Bühne steht, als ihr Mieter Shep Henderson und Thomas Bothe als etwas spinnerter Schriftsteller Sydney Reditch. Der schreibt vorwiegend über die „Macht der Magie“, über „Magie bei uns“ und über Hexen. Hexen? Lächerlich, findet Shep, und Reditchs neuestes Buch, das der gern bei Shep herausbringen würde, ist für ihn kompletter Humbug. Wenn er wüsste. . .
Es ist nämlich so: Gilians gediegen eingerichtetes Wohnzimmer mit den vielen Totems und Masken der mexikanischen Indios an den grellgelben Wänden ist ein Ort finsterer Mächte, und eine davon ist Gilian selbst. Sie ist nämlich eine Hexe. Das glaubt man kaum, wenn man ihre blendende Erscheinung in dem roten Abendkleid sieht. Höchstens der schwarze Kater in ihrem Arm, der nicht lebt, aber sich doch bewegt, könnte Shep eine Warnung sein, als er Gilian am Heiligabend kurz vor Bescherungszeit besucht, um sich über die Mieterin der Wohnung über ihm, Gilians Tante Queenie, zu beschweren. Die ist in seiner Abwesenheit einige Male in seine Wohnung eingedrungen. Mit einem Nachschlüssel? Jedes Kind weiß, dass Hexen durch Türen gehen können. Aber Shep ist nicht mehr Kind genug, um an Hexen zu glauben, und deshalb wird er auch nicht stutzig, als Gilians Bruder Nicky auftaucht in einem wunderhübsch schrillen Jackett, schwarz mit weißen Sternchen. Zudem ist Shep so gut wie verlobt.
Das ändert sich noch im Laufe des Stücks, dafür wird Gilian schon sorgen, und dass Mister Reditch ausgerechnet mit ihrem Bruder zusammen ein Buch über „Magie bei uns“ schreiben will, hält sie schon gar nicht davon ab. Mister Reditch ist ein sehr selbstgewisser Herr; er erkennt sofort, ob jemand eine Hexe oder ein Zaubermeister ist – vielleicht Shep? Der glaubt sich, je mehr sich die Handlung verwickelt, in einem Irrenhaus – natürlich nicht in einem Hexenhaus, denn Hexen gibt es ja bekanntlich nicht.
Debüt als Regisseurin
Das Frühjahrsstück im Theater am Deich war „Herbstrasen“, sehr anrührend und nachdenklich stimmend. „Aber wir bemühen uns um ein möglichst abwechslungsreiches Programm, deshalb ist jetzt eine romantische Komödie an der Reihe“, sagt Helga Goll. Sie führt zwar zum ersten Mal Regie, hat aber 35 Jahre lang Theater gespielt, anfangs bei der Bremer Studiobühne, die eine Wandertruppe war, seit dem Jahr 2000 im Theater am Deich. Vor 30 Jahren spielte sie die Hauptrolle in „Geliebte Hexe“. „Wir hatten viel Spaß mit dem Stück, und ich dachte gleich, dass diese Rolle genau für Linda Peetz passt“, meint sie. Wer die anderen Rollen übernahm, ergab sich mehr oder weniger zwanglos: Der Hanseatenclub hat etwa 65 Mitglieder, davon die Hälfte aktive Schauspieler, da kennt jeder jeden, und die Regisseure, die sich abwechseln, treffen sich regelmäßig, um die nächste Saison zu besprechen. Die erfahrenen unter ihnen unterstützen die Neulinge, diesmal ist Heike Weppler-Vollbrecht, die selbst schon Regie geführt hat, Regieassistentin. „Ich bin dankbar für mein tolles Team“, meint Helga Goll. Und zum Bühnenbild, das von Detlef Müller stammt, haben viele beigetragen: Die vielen Masken und Totems an den Wänden stammen von etlichen Mitgliedern – „und von Oma und Opa und Onkel und Tante“, wie Hilke Müller meint, die selbst auch schon oft auf der Bühne stand.
Premiere von „Geliebte Hexe“ ist am Freitag, 25. Oktober, um 19.30 Uhr. Es folgen 22 Aufführungen bis zum 15. Dezember, an fast jedem Freitag um 19.30 Uhr und Sonnabend um 17 Uhr sowie fünfmal sonntags um 17 Uhr (27. Oktober, 17. und 24. November, 1., 8. und 15. Dezember) und am Mittwoch, 13., 20. und 27. November, um 19.30 Uhr. Karten giibt es bei Corinna König unter 0421/271234 oder auf theateramdeich@gmx.de.