Bewegung für den Einzelhandel im Borgfelder Ortskern, das verspricht Jan Dierk Stolle, Stadtplaner bei der Bremer Senatorin für Klima, Umwelt und Stadtentwicklung. Vor mehr als 60 Besuchern stellte der Planer am Donnerstagabend den neuen Entwurf des sogenannten Nahversorgungskonzeptes für Borgfeld vor. Ziel sei es, das Einzelhandelsangebot zu erweitern. Für große Überraschung sorgte Stolle mit dem Vorschlag, einen Drogeriemarkt auf dem Rewe-Parkplatz im Ortskern ansiedeln zu wollen – nur theoretisch, versteht sich. Denn noch ist das Nahversorgungskonzept nur ein Entwurf. Es geht darin unter anderem um die Zuordnung von Verkaufsflächen pro Einwohner, die Strukturierung von Wohn- und Gewerbeflächen, um Baurecht. Die Bremer Stadtentwickler sehen den Rewe-Parkplatz mitten im Ortskern bislang als einzige Entwicklungsfläche für den Einzelhandel vor. Borgfelder Beiratsmitglieder kritisierten den Vorschlag.
Ein Dortmunder Büro hatte den Entwurf des Nahversorgungskonzeptes erstellt. Federführend an der Planung beteiligt sind neben dem Stadtplaner Stolle der Verwaltungsbetriebswirt Markus Haacke aus dem Bremer Wirtschaftsressort und der Geschäftsführer für Einzelhandel der Bremer Handelskammer, Karsten Nowak. Bei den Planungen handele es sich um Vorschläge, „die noch zu prüfen seien“, räumte Stolle ein. Es gebe jedoch enge Planungsparameter: Einzelhandelsdichte, bauliche Qualitäten und Aufenthaltskomfort seien harte Kriterien, an denen sich aus stadtplanerischer Sicht Alternativstandorte zum Rewe-Parkplatz messen lassen müssten. „Die sehen wir bislang nicht“, sagte Stolle.
Die Nahversorgung von Borgfeld ist nur ein Mosaiksteinchen in einem Gesamtkonzept, bei dem über 3300 Betriebe in ganz Bremen berücksichtigt werden. Seit der letzten Einzelhandelserhebung 2009 verzeichneten die Planer in Borgfeld ein Einzelhandelswachstum von zehn Prozent. „Borgfeld hat sich einwohnermäßig ungefähr verdoppelt in den vergangenen 20 Jahren.“ Das habe Auswirkungen auf die neue Planung, so Stolle. „Da müsste noch ein zweiter Lebensmittelmarkt sein und vielleicht auch ein Drogeriemarkt.“

Borgfelds Ortsamtsleiter Karl-Heinz Bramsiepe, Markus Haacke aus dem Wirtschaftsressort, Stadtplaner Jan Dierk Stolle und Karsten Nowak von der Bremer Handelskammer.
Die Gutachter schlagen den alten Ortskern – von der Dorflinde bis zur Ecke Borgfelder Heerstraße/Daniel-Jacobs-Allee – als Entwicklungsgebiet vor. „Sie nennen für diese Angebotserweiterung zwei Potenzialflächen – und die sind hier eingezeichnet hinter dem Rewe-Markt“, sagte Stolle, und zeigte auf eine Karte. Ein Raunen ging in diesem Moment durch den Saal im Fleet an der Daniel-Jacobs-Allee. „Das ist ein gesamtstädtisches Konzept – wir können uns nicht jede Fläche im Detail anschauen. Das hat der Gutachter so vorgeschlagen“, verteidigte Stolle die Pläne. Die Parkplatzfläche böte zumindest „theoretisch“ Platz für eine Angebotserweiterung.
„Einerseits verfügt Borgfeld über Einzelhandel, so wie man ihn eigentlich gerne hätte, andererseits weisen Sie aber keine Potenzialflächen aus, beziehungsweise das, was Sie als Potenzialflächen ausweisen, brauchen die Kunden, um mit dem Auto zum Einzelhandel zu kommen“, kritisierte CDU-Fraktionssprecher Jörn Broeksmid den Entwurf. Stolle gab zu, dass die Sache mit den Potenzialflächen schwierig sei. „Ich kenne auch das Einkaufsverhalten, das ist dann doch eher autoorientiert und nicht so wie die Traumvorstellung, die wir als Planer im Kopf haben, dass man alles zu Fuß erreichen kann oder mit dem Fahrrad“, räumte der Planer ein. Das müsste man sich im Detail noch mal anschauen. Broeksmid sprach sich dafür aus, Potenzialflächen an anderer Stelle im Ort anzusiedeln – und spielte auf das Bauvorhaben auf dem Viohl-Gelände an, das unter anderem die Ansiedelung eines Drogeriemarkts vorsieht.
„Die ersten Planungen kenne ich“, sagte Stolle zum Viohl-Projekt. Problem sei, dass der Zusammenschluss des Baumarktes mit dem Discounter Aldi an einem Standort in unmittelbarer Nähe des Zentrums erfolgen würde. „Wir sehen darin eine Gefahr für den Einzelhandel im Ortskern“, so Stolle. Es gebe allerdings Gespräche mit der Familie Viohl und dem planenden Architekten.
Handelskammer-Vertreter Karsten Nowak räumte ein, dass die Viohl-Pläne für den Stadtteil eine besondere Bedeutung hätten. „Heute ist bestimmt nicht der Abend, an dem man sagen kann: Das geht oder das geht nicht.“ Es werde jedoch bereits über die Pläne verhandelt. Das Bau-Ressort habe letztendlich „die Aufgabe, alles zusammenzuführen“. Die Borgfelder Beiräte wollen um eine bestmögliche Lösung ringen. Bis Ende März muss ihr Vorschlag stehen.
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