Burgdamm. Wer aus einem anderen Land nach Deutschland kommt, hat es hier mitunter schwer. „Wir wollen die Menschen unterstützen, damit sie hier in Bremen Teil unserer Gesellschaft werden“, sagt Serpil Arabaci, Migrationsberaterin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Bremen-Nord. Deshalb hilft sie Migranten etwa bei Behördengängen oder bei der Familienzusammenführung, wenn bereits ein Familienmitglied in Deutschland lebt und etwa die Kinder und die Ehefrau im Heimatland zurückgeblieben sind. „Wenn ich nicht weiterhelfen kann, verweise ich die Migranten an die jeweiligen Fachstellen“, sagt Arabaci.
Die Migrationsberaterin unterstützt Zuwanderer nicht nur bei Formalitäten, sondern auch, wenn sie Angehörige etwa auf der Flucht verloren haben. „Die Suche beginnt hier bei der Migrationsberatung in Burgdamm. Über den Landesverband geht die Anfrage weiter an die Suchdienststellen in Hamburg und München“, sagt Lübbo Roewer, Sprecher des DRK in Bremen. „Die Kollegen dort sind mit dem internationalen Suchdienst verbunden, der beim internationalen Roten Kreuz in Genf angesiedelt ist. Dort kommen alle Informationen aus sämtlichen Ländern der Welt zusammen.“
Wer sich an den Suchdienst wendet, um Familienangehörige wiederzufinden, benötigt nur ein Foto. Dieses Bild wird in das internationale Suchdienstnetz gestellt. Die Kartei kann etwa beim DRK in der Stader Landstraße durchgeschaut werden. Finden die Migranten ihre Familienangehörigen in der Kartei, können sie anschließend wieder mit ihren Verwandten vereint werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Suche ist allerdings, dass sich beide Parteien an den Suchdienst des DRK gewandt haben und dort registriert sind.
„Das ist heute bei den technischen Gegebenheiten sehr viel einfacher als früher“, sagt Roewer. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe es Karteikarten gegeben, auf denen bestimmte Merkmale der Person verzeichnet waren. „Dadurch war es damals deutlich schwieriger, die Menschen wieder zusammenzuführen“, sagt Roewer.
In Bremen-Nord gab es in letzter Zeit keine Fälle, in denen der Suchdienst benötigt wurde. Anders sieht es in der Beratungsstelle im Hulsberg-Viertel aus. „Zu mir sind des Öfteren Afghanen und Schwarzafrikaner gekommen, die ihre Angehörigen suchen“, sagt Nejlâ Özdemir, Migrationsberaterin in Bremen-Mitte. Was aus den Fällen geworden ist, erfährt sie in der Regel aber nicht. „Primär sind die Kollegen im Landesverband mit solchen Fällen betraut, an die ich die Menschen verweise. Danach besteht kein Kontakt mehr zu ihnen“, sagt Özdemir.
Rund 20 Menschen berät Serpil Arabaci pro Woche in ihrem Büro an der Stader Landstraße. Aufmerksam auf die Migrationsberatung werden die Ratsuchenden in vielen Fällen durch Mund-zu-Mund-Propaganda, sagt sie. Das Angebot des DRK richtet sich an Migranten, die einen Aufenthaltsstatus haben und in Bremen leben. Kommt jemand aus dem Umland, wird er aber nicht einfach weggeschickt, wie Arabaci betont. „Ich höre mir die Probleme an und vermittele die Betroffenen zu Beratungsstellen in ihrer Umgebung.“
In vier Sprachen
Serpil Arabaci spricht neben Deutsch auch Türkisch, Englisch sowie Spanisch und berät die Migranten somit in vier Sprachen. Daneben hat sie die Möglichkeit, auf Kollegen zurückzugreifen, die etwa Arabisch sprechen und sie als Dolmetscher bei ihrer Arbeit unterstützen können. „Manchmal kommen die Menschen aber auch zu mir und bringen eine Person, der sie vertrauen, zum Dolmetschen mit“, sagt die Diplom-Sozialpädagogin. Doch häufig ist das gar nicht nötig. „Wenn die Menschen hierhergekommen sind und Deutsch lernen, dann können sie sich auch verständigen, weil ich richtig zuhöre und sie reden lassen“, sagt Arabaci. Wenn es gar nicht anders geht, findet die Verständigung eben mit Händen und Füßen statt.
Auch wenn in den vergangenen Jahren vor allem Menschen aus Syrien, Afghanistan und aus Afrika nach Deutschland gekommen sind, wird die Migrationsberatung in Burgdamm auch von anderen Nationalitäten aufgesucht. „Auch die Bestandsausländer, wie etwa die Gastarbeiter-Generation genannt wird, haben ihre Probleme. Bei denen kommen nun Fragen zu Themen wie Rente oder Pflege auf, und auch dafür bin ich Ansprechpartnerin“, sagt Arabaci.
Besonders häufig wird die Beratungsstelle bei finanziellen Schwierigkeiten aufgesucht. „Zu mir kommen ganz viele Menschen, die hoch verschuldet sind“, sagt Arabaci. Grund dafür seien unter anderem hohe Kosten, die durch die Flucht entstanden sind. Außerdem würden sie Geld in die Heimat schicken und hätten dann selbst keinen Euro mehr zum Leben. Manchmal könnten sie aber auch nur nicht Nein sagen. „Teilweise muss ich die Menschen an die Hand nehmen und ihnen sagen: Du brauchst keine zehn Handy-Verträge. Ab und an bekommen sie aber auch zwischen Tür und Angel Verträge verkauft, von denen sie nichts wissen. Da gibt es viel finanzielles Leid und da muss ich aufklären, wie das hier so mit Verträgen läuft“, so Arabaci.
Sowohl Serpil Arabaci als auch Nejlâ Özdemir sind in ihren Gebieten jeweils die einzigen Mitarbeiter, die beim DRK in der Migrationsberatung tätig sind. Kollegen haben sie nicht. Dennoch blicken sie trotz der aktuellen politischen Ereignisse an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland positiv in die Zukunft. „Wir machen das für das DRK, aber es gibt ja noch andere Mitstreiter, in Bremen-Nord sind das die Awo und die Caritas“, sagt Arabaci. Dadurch würden sich die Ratsuchenden auf die unterschiedlichen Akteure gut verteilen.
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