Gröpelingen. Seit Mai 2019 modernisiert die Vonovia an der Selsinger Straße sechs Gebäudekomplexe mit 152 Wohnungen. Das Gröbste haben die Bewohner dieser viergeschossigen Häuser mittlerweile hinter sich: Auf der Großbaustelle laufen nach der Erneuerung von Fenstern, Türen, Bädern und Elektrik, dem Anbau neuer Balkone und der Gestaltung der Außenanlagen nun die Restarbeiten.
Auf die Mieter kommen mit der Maßnahme ab September Mieterhöhungen zu, einige haben schon entsprechende Schreiben erhalten. Was sie im Gegenzug von der Vonovia erwarten: Dass sie für die Umbaumaßnahme, die sie über viele Monate hinweg stark belastet und ihre Wohnqualität deutlich geschmälert hat, angemessen entschädigt werden.
Ende Januar hatten wie berichtet Anwohner, Vonovia-Mieter aus Nachbarstraßen und Vertreter der Stadtteilgewerkschaft „Solidarisch in Gröpelingen“ ein mit 66 Unterschriften versehenes Schreiben im Büro des Wohnungsunternehmens an Regionalleiter Oliver Seemann übergeben, in dem sie im Zusammenhang mit der Großbaustelle auf diverse Missstände hinwiesen. So berichteten die Mieter in dem Brief unter anderem von schlechter Kommunikation und mangelnder Abstimmung anstehender Baumaßnahmen, von Handwerkern, die zu verabredeten Terminen nicht erschienen oder von monatelang abgeschalteten Klingeln und Flurlampen. „Wir kümmern uns. Es hat noch nicht zu 100 Prozent funktioniert, deshalb haben Sie dieses Schreiben aufgesetzt. Wir nehmen Ihr Anliegen sehr ernst“, hatte Seemann den Mietern damals zugesagt.
Ein für sie zufriedenstellendes Angebot hat es nach Ansicht der Mieter jedoch bis heute nicht gegeben. Einige Anwohner berichten, als Entschädigung für die ihnen entstandenen Unannehmlichkeiten von dem Wohnungsunternehmen eine Pauschale in Höhe von 250 Euro angeboten beziehungsweise bereits ausbezahlt bekommen zu haben.
Sehr hohe Beeinträchtigungen
„Die Mieter wollen aber eine gerechte Entschädigung, die sich an der Dauer der Baumaßnahme und der Einschränkungen orientiert“, sagt Sabine Zimmer von der Initiative „Solidarisch in Gröpelingen“, unter deren Dach sich inzwischen einige Vonovia-Mieter zusammengeschlossen haben. Anfang Juli hatten sie nochmals in einem Brief an das Wohnungsunternehmen eine angemessene Entschädigung gefordert – innerhalb der von ihnen darin gesetzten Zwei-Wochen-Frist jedoch keine Antwort erhalten.
Sie erwägen mittlerweile eine Sammelklage, denn die Beeinträchtigungen waren ihrer Ansicht nach außergewöhnlich hoch. So schmälerten unter anderem Lärm und Baustellenschmutz in Treppenhäusern, Kellern und auf den Dachböden mehr als ein Jahr lang erheblich die Wohnqualität.
Wie sie erzählen, mussten auch mehrfach Mieter wegen anstehender Handwerkertermine mit ganztägigem Zeitfenster tageweise Urlaub nehmen. Mehrere Anwohner berichten außerdem von verschiedenen Schäden, die Handwerker in ihren Wohnungen verursacht haben. Eine Mietpartei gibt an, sie habe ein halbes bis dreiviertel Jahr lang regelmäßig ihre Wäsche zum Waschsalon bringen müssen, um sie dort zu trocknen. In einem anderen Haus wiederum soll es von Oktober bis Anfang Dezember nur lauwarmes Wasser gegeben haben, nachdem dort offenbar Sicherungskästen falsch angebracht worden waren.
Und noch immer läuft nach Ansicht der Anwohner auf der Baustelle nicht alles glatt. Demnach lösen bei Regen in Haus Nummer 23 regelmäßig die Sicherungen aus. Die Ursache dafür sei ein frei liegendes Elektro-Außenkabel, sagt eine Mieterin: „Ein Nachbar, der selbst Elektriker ist, dreht die Sicherung dann jedes Mal wieder rein.“
„Die Handwerker kommen oft nicht. Wir sind selber die Bauleitung“, sagt eine andere Anwohnerin. So habe sie immer wieder große Schwierigkeiten gehabt, überhaupt Termine mit den Handwerkern zu vereinbaren.
Was viele der Mieter nervt, die sich nun noch einmal an den WESER-KURIER gewandt haben: Dass es weiterhin keinen direkten und verhandlungsbefugten Ansprechpartner bei der Vonovia für sie gibt, wie die Gruppe ihn Anfang des Jahres gefordert hatte. Zwar hätten mittlerweile einige Mieter Kontakt mit Quartiersmanager Martin Rohde aufgenommen, dessen Aufgabe es ist, bei sämtlichen Vonovia-Modernisierungsmaßnahmen in Bremen und umzu die betroffenen Bewohner bei Problemen zu unterstützen. Aber, so eine Mieterin: „Eine direkte Antwort von ihm gab es nicht. Man musste sich dahinter klemmen und mehrfach immer wieder bei ihm anrufen.“ Er habe vermutlich einfach zu viele Objekte zu betreuen, glaubt sie.
Vonovia will individuell helfen
Ein ursprünglich für das Frühjahr geplantes Gespräch sei wegen Corona abgesagt worden – die Vonovia habe den Mietern aber am 27. Juli geschrieben, sagt Sprecherin Panagiota-Johanna Alexiou. Das Unternehmen nehme die Anliegen der Mieter ernst und habe Verständnis dafür, dass die Bauarbeiten Stress für sie bedeutet habe: „Auch wir möchten die Unannehmlichkeiten für unsere Mieterinnen und Mieter so gering wie möglich halten. Wir haben daher proaktiv allen eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro ausgezahlt.“
Wer sich darüber hinaus aufgrund weiterer Beeinträchtigungen durch die Baustelle bei der Vonovia gemeldet habe, dem sei über den Quartiersmanager und das Härtefallmanagement individuell weitergeholfen worden. Dies gelte auch weiterhin, so Alexiou: „Sollte es noch offene Themen geben, können sich Mieterinnen und Mieter gerne direkt an unseren Quartiersmanager oder die Bauleiter vor Ort wenden. Wir kümmern uns umgehend.“