Elektroauto der Reihe EQ Mercedes baut neues Elektroauto in Bremen

Betriebsrat und Werksleitung haben sich auf ein neues Zukunftsbild geeinigt: Mercedes will in Bremen ein weiteres E-Auto bauen. Außerdem werden auch die Nachfolger von C-Klasse und SL am Standort gebaut.
15.02.2020, 08:29 Uhr
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Mercedes baut neues Elektroauto in Bremen
Von Lisa Schröder

Es war ein harter Weg – elf Verhandlungsrunden lang. Doch die Einigung für die Belegschaft kommt nun zur rechten Zeit. Gerade erst musste Daimler schlechte Zahlen präsentieren. Und am geplanten Abbau von bis zu 10 000 Stellen im Konzern soll nicht gerüttelt werden. Für Bremen gibt es aber gute Nachrichten: Das neue Zukunftsbild für das Werk von Mercedes steht.

In dieser Woche haben sich der Betriebsrat und die Standortleitung darauf verständigt. Damit steht fest, dass Bremen das Leitwerk für die C-Klasse bleibt: Alle neuen Varianten sollen hier in Zukunft gebaut werden. Das ist laut Michael Peters, Bremer Betriebsratsvorsitzender, nicht selbstverständlich: "Das mag man denken. Diesen Automatismus gibt es aber nicht.“ Immer wieder müsse man ringen, um die Produktion von Fahrzeugen ins Werk zu bekommen und auch dort zu halten. Auch wenn das Selbstbewusstsein der Bremer Belegschaft da sei: "Wo sollen die Autos sonst gebaut werden?"

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Außerdem gibt es eine Zusage: Ein neues Elektroauto der Reihe EQ soll auf jeden Fall in Bremen gebaut werden. Der Start für den EQC, sagt Peters, sei „geräuschlos“ über die Bühne gegangen. „Wir waren damals sehr stolz, dass mit dem EQC das erste Elektrofahrzeug aus Bremen kommt.“ Es sei für die Zukunft sehr wichtig, Elektrofahrzeuge am Standort zu haben – auch wenn keiner ganz genau wisse, wohin es mit der E-Mobilität gehe und wie der Kunde sie annehme. Sollten dann jedoch weniger Verbrenner vom Markt nachgefragt werden, dann ließe sich das ausgleichen. Weil alle Antriebsarten in Bremen auf einer Produktionslinie gebaut werden, egal ob Benziner, Diesel oder E-Auto, kann darauf flexibel reagiert werden.

Raus ist nun, dass in diesem Jahr bereits wesentlich mehr Hybridfahrzeuge gebaut werden sollen und die Produktion des EQC weiter hochgefahren wird. „Da reden wird jetzt auch über ganz andere Stückzahlen. Es geht richtig los.“ Genaue Zahlen nennt Peters nicht – genau wie das Unternehmen. Allerdings: Die niedrigen Zulassungszahlen, über die berichtet wurde, seien nicht richtig. „Wir sind voll im Plan.“

Sicherung der Beschäftigung

Betriebsratschef Peters sieht das neue Zukunftsbild vor allem als Sicherung der Beschäftigung. Von Hunderten Leiharbeitern, die im vergangenen Jahr wegen gesunkener Produktionszahlen gehen mussten, sollen nun viele wieder beschäftigt werden. Und es gibt knapp sechzig Neueinstellungen, wenn auch zunächst befristet. In der Vergangenheit habe man da Leiharbeitskollegen eine Chance gegeben, in die Stammbelegschaft zu wechseln: „Die haben sich das einfach verdient.“

Die Stammbelegschaft liegt seit vielen Jahren bei 12.500 Mitarbeitern. In Bremen sei es gelungen, durch zusätzliche Stückzahlen auszugleichen, dass bei neuen Modellen weniger Personal am Band benötigt werde. Für mehr Arbeit sorgten künftig die Hybride und der EQC, es gebe die Sonderschicht am Sonnabend. Mitarbeiter von anderen Standorten könnten zudem nach Bremen wechseln, weil es noch Luft nach oben gibt: „Das ist ein gutes Signal.“ Das gelte so nicht für jedes Werk. Was nun im Zukunftsbild festgehalten sei, das gehe auf die Leistung aller Kollegen zurück, ob in der Produktion, Verwaltung oder Leitung. Und auch für die Zulieferer sei es eine gute Nachricht: „Da kommt richtig Beschäftigung bei raus.“ Für das Werk sei derweil zweitrangig, ob E-Motor oder Verbrenner eingesetzt werden: Heute brauche man dafür nicht weniger oder mehr Mitarbeiter.

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Das Nachfolgemodell des SL wird ebenfalls in Bremen gebaut, was bislang auf der Kippe stand. Es werde eben auch immer geprüft, ob es externe Dienstleister gebe, die so ein Fahrzeug bauen könnten. Das Massenfahrzeug sei die C-Klasse, es sei aber eine Auszeichnung, eine solche „Ikone“ zu halten. Am SL, seit 1989 in Bremen gebaut, hinge „Herzblut“. Ob der Flitzer ein Auto der Zukunft sei? Peters glaubt das. Es seien Emotionen, die Kunden packten und zum Kauf eines Mercedes bewegten: über Leistung und Design.

Im Zukunftsbild haben Betriebsrat und Standortleiter Markus Keicher einen weiteren Punkt verankert: Wie gelingt es, flexibleres Arbeiten am Band zu ermöglichen? Für Angestellte im Büro gebe es bereits Lösungen – etwa die Option, mobil zu arbeiten. Für die Produktion sei es dagegen eine riesige Herausforderung, neue Angebote zu schaffen. Dabei sei der Wunsch nach mehr Freizeit und Flexibilität bei jüngeren und älteren Kollegen groß, es gehe weniger ums „reine Schichtenkloppen und viel Geld verdienen“. Der Schichtwechsel verlaufe schon lange fließend: Die Mitarbeiter schwimmen in die Produktion in einem Zeitfenster rein und raus, und dadurch gibt es Spielraum. Doch darüber hinaus? „Das ist nicht ganz einfach. Natürlich kann man sich fragen: Wer hat eigentlich entschieden, dass eine Frühschicht um sechs Uhr beginnt? Passt das noch?“

Geschäftszahlen für 2019 vor Ort ein Thema

Insgesamt spielt das Werk im Konzern für Peters eine Sonderrolle – auch, weil die Modellvielfalt besonders sei. Gerade gebe es viele negative Nachrichten. „Wer das draußen liest, der hat das Gefühl, beim Daimler gehen die Lichter aus.“ Dagegen sei die Stimmung der Belegschaft eine andere angesichts der Auslastung. Sicher seien die Geschäftszahlen für 2019 vor Ort Thema. Allein schon, weil die Beteiligung der Mitarbeiter am Gewinn wesentlich geringer ausgefallen sei.

Angst vor Stellenstreichungen müsse sich aber niemand machen. Es gebe keine vereinbarte Abbauzahl zwischen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Unternehmen. Grundsätzlich gelten die Abfindungsprogramme für jeden Standort. Michael Peters ist jedoch zuversichtlich: „Wir brauchen hier jeden Kollegen und jede Kollegin, um die geplanten Stückzahlen auf den Markt zu bringen.“

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Zur Sache

Großer Rückruf wegen Brandgefahr

Daimler ruft weltweit fast 300 000 Autos von Mercedes-Benz wegen Brandgefahr zurück. Betroffen sind laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bestimmte E-Klasse- sowie CLS-Modelle, allesamt Diesel aus den Baujahren 2015 bis 2019. Zuvor hatte das Portal „kfz-rueckrufe.de“ darüber berichtet. Nach KBA-Angaben sind von den weltweit rund 298.000 betroffenen Fahrzeugen gut 105.000 in Deutschland unterwegs.

Daimler bestätigte den Rückruf. Im Falle eines Feuchtigkeitseintritts könnten durch elektrochemische Vorgänge leitfähige Verbindungen zwischen einzelnen Leitungen in der Stromschiene im Motorraum entstehen, erklärte ein Sprecher. Vorsorglich werde daher in der Werkstatt die Stromschiene modifiziert und eine separate elektrische Leitung verlegt, was etwa eine Stunde in Anspruch nehme.

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