Vegane Ernährung Handgemachter Tofu aus Hemelingen

Weil ihm der Tofu aus dem Supermarkt nicht schmeckt und zu viel Plastikmüll verursacht, hat Victor Thomas beschlossen, seinen eigenen zu machen. Seit Anfang des Jahres 2020 verkauft er das Sojaprodukt.
01.11.2020, 06:03 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Handgemachter Tofu aus Hemelingen
Von Rebecca Sawicki

Es ist früher Morgen. Draußen ist es noch dunkel, aber in der Großraumküche von Victor Thomas brennt schon Licht. Der gebürtige Elsässer steht hinter der Arbeitsplatte aus Edelstahl und trinkt Schwarztee, um sich auf seinen Produktionstag vorzubereiten. Thomas betreibt eine Tofumanufaktur. Seit Anfang des Jahres macht er nun schon seinen eigenen Tofu, weil ihm der aus dem Supermarkt nicht schmeckt. Er vertreibt ihn in den Unverpacktläden der Bremer Neustsadt und Delmenhorst. Kunden aus anderen Stadtteilen beliefert er.

„Tofu herstellen ist körperlich anstrengend und zeitaufwändig“, sagt Thomas. Deswegen startet er auch so früh am Tag, am Abend liefert er seine Produkte dann aus. Er produziert immer so viel Tofu, wie vorbestellt ist. „Das liegt daran, dass ich meinen Tofu nicht pasteurisiere und ihn verpackungsfrei verkaufe“, sagt er. Dadurch ist das Produkt weniger lang haltbar und sollte zeitnah verzehrt werden. Eigentlich wollte er an diesem Tag zwei Mal produzieren. Es wurde allerdings weniger Ware vorbestellt als erwartet, weshalb sein Arbeitstag kürzer ausfallen wird.

Dass das Produkt irgendwas mit Sojabohnen zu tun hat, wissen die Meisten. Auch, dass es ein Bestandteil fleischloser oder rein pflanzlicher Ernährung ist. Ein gängiges Vorurteil lautet: „Für die Tofuproduktion wird der Regenwald abgeholzt“. Das stimmt so nicht, erklärt Thomas. „Gerade Biotofu, der in den Supermärkten verkauft wird, besteht aus Sojabohnen, die in der EU angebaut werden“, sagt er. Thomas selbst verwendet Bio-Sojabohnen aus Bayern. „Ich habe nach einem Landwirt gesucht, der biologisch produziert und keine festen Verträge mit anderen Tofuherstellern hat“, sagt er.

Um den Tofu herzustellen, weicht Thomas die Sojabohnen zunächst in Wasser ein, ehe er sie mit einer Maschine schrotet und entsaftet. Bei diesem Arbeitsschritt werden, wie wenn Obst entsaftet wird, Flüssigkeit und Pflanzenfasern voneinander getrennt. Die Flüssigkeit wird anschließend erhitzt und mit Nigari versetzt. Nigari ist ein Magnesiumschlorid-Pulver, ähnlich wie grobkörniges Speisesalz und mit einem bitteren Geschmack. Es hilft der Flüssigkeit beim Gerinnen. Die Moleküle der Sojamilch verbinden sich mit dem Nigari und bilden dadurch eine Masse. „Die sieht aus wie Flocken, die in der Sojamilch schwimmen“, sagt Thomas. Diese Masse legt er anschließend in einen Behälter, der siebartige Schlitze hat. Das überschüssige Wasser muss im letzten Schritt aus dem Produkt gepresst werden. Danach kann es in Stücke geschnitten und verkauft werden. Rund sechs Stunden dauert die Herstellung. „Es ist ein Handwerk und es kostet Zeit“, sagt Thomas.

Die Maschine, mit der er die Bohnen schrotet, entsaftet und anschließend die Sojamilch bindet hat er selbst gebaut. „Es gibt keine freiverkäuflichen Lösungen für die Tofuherstellung“, sagt er. Seine Apparatur ist aus Metall und ungefähr 40 Zentimeter hoch. Sie ist verbunden mit einem Kochtopf, an den Kabel angebracht sind. Fotografieren lassen möchte Thomas seine Gerätschaft nicht, damit ihm keiner seine Idee stiehlt.

Er bietet jede Woche drei Produkte an: Naturtofu, den Tofu der Woche und Sojaschrot. Der Schrot ist ein Nebenprodukt bei der Herstellung des Tofu. Beim Entsaften entsteht der Schrot, der voll Nährwerte stecke. „Ich habe eine Kundin, die macht daraus vegane Würstchen oder Kuchen“, sagt Thomas. Den Tofu der Woche würzt Thomas unter anderem mit regionalen Produkten, wie Möhren oder Petersilie von einem Bassumer Biohof. „Bei den anderen Zutaten, wie zum Beispiel Pfeffer achte ich auf Bioqualität“, sagt er, „da kann ich leider nicht auf regionale Produkte setzen. Pfeffer aus Bassum? Gibt es nicht.“

Statt Nigari gebe es auch die Möglichkeit mit Säure zu gären, so beispielsweise mit Apfelessig oder Zitronensaft. „Am leckersten finde ich es aber mit Nigari“, sagt Thomas. Die Tage an denen er Tofu macht, verbindet er vor allem mit viel heben und tragen und mit putzen. Jeder Arbeitsschritt sei entscheidend für die Qualität des Endproduktes.

Sojabohnen beinhalten viel Eiweiß, dadurch sind sie ein guter Nährstofflieferant. Roh allerdings sind sie laut Thomas nicht gesund. „Der Mensch kann rohe Sojabohnen nicht verdauen“, erklärt er,„im Grunde werden sie mit jedem Schritt hin zum Tofu leichter verdaulich.“ Obwohl Thomas alles per Hand macht und ausschließlich Biowaren verwendet, ist sein Betrieb nicht Bio-Zertifiziert. „Das hat damit zu tun, dass sehr viele Kriterien erfüllt sein müssen, um eine solche Zertifizierung zu beantragen“, sagt er.

Die Menge an verkauftem Tofu unterscheidet sich jedes Mal. Dadurch, dass Thomas nur auf Vorbestellungen reagiert, kann es sein, dass er an einem Tag zwei Ladungen Tofu herstellt. Ebenso kann es aber, wie an diesem Tag, auch nur eine sein. Weil er seine Ware selbst zu seinen Kunden fährt, ist er an den Produktionstagen meist von früh morgens bis spät abends unterwegs. Das rechnet sich aktuell noch nicht: Er kann von seinem Business nicht leben. Er arbeitet aber daran, es bald zu können.

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