Seit mehr als 50 Jahren ist der Schreibwarenladen Kaselow in Horn-Lehe eine Instanz für viele Bewohner des Stadtteils. Inhaber Siegfried Tschorn steht täglich hinter dem Tresen des Geschäfts in der Wilhelm-Röntgen-Straße, aber nicht mehr lange. Am 30. September dieses Jahres schließt Kaselow, da sich kein Nachfolger finden ließ.
Wer den Laden betritt, dem fällt die Vielfalt des Sortiments schnell ins Auge. Von Schreibwaren über Süßigkeiten bis Zeitschriften hat der Einzelhändler einiges zu bieten. Kaselow ist mehr als bloßer Schreibwarenladen. So wie der Inhaber berichtet, lebt der Laden vor allem von Stammkunden, die nicht nur zum Einkaufen kommen, sondern zum Plaudern mit dem Inhaber auch mal kurz bleiben. „Gute Laune hat in diesem Laden die oberste Priorität“, sagt Siegfried Tschorn.
Tschorn übernahm 2003 den Schreibwarenladen von Egon Kaselow, der das Geschäft 1963 eröffnet hatte und nach dem die Firma noch heute benannt ist. Die Entscheidung, einen Einzelhandel zu betreiben, fällte der gelernte Handwerker Tschorn damals spontan. „Ich bin ins kalte Wasser gesprungen und hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen wird“, sagt der 65-Jährige. Nachdem seine Kollegen ihm alles beigebracht hätten, habe er dann die Arbeit im Einzelhandel kennen und lieben gelernt. Besonders der Kontakt zu den Kunden mache ihm dabei Spaß.
Die Zeiten haben sich geändert weiß der Inhaber zu berichten. Mit der Entwicklung im Stadtteil kam schwierige Zeiten auf die Filiale zu. Unter anderem das seit 2014 wachsende Mühlenviertel habe es dem Einzelhandel schwer gemacht mitzuhalten. „Die Konkurrenz macht sich bemerkbar, große Ketten und das Internet sind aufgrund der niedrigeren Preise bei vielen Menschen beliebter“, sagt Tschorn. „Der Einzelhandel ist auf dem absteigenden Ast.“
Es folgt nun die Schließung des Schreibwarenladens. Die Entscheidung, in Rente zu gehen, sei ihm nicht leicht gefallen, sagt Tschorn. Er hätte gerne noch ein paar Jahre länger in dem Laden gestanden.
Dass Horn-Lehe bald ein Traditionsgeschäft weniger hat, bedauern nicht nur viele Stammkunden, sondern auch die Mitarbeiterin Dörte Fladung. Die Schwägerin des Inhabers arbeitet seit 15 Jahren in dem Schreibwarenladen. „Es ist eine wichtige Institution für den Stadtteil, die schließt“, sagt sie. „Die gute Laune und die Kunden werden mir fehlen.“ Mit der Schließung des Ladens verliere der Stadtteil nicht nur einen weiteren Einzelhändler, sondern damit auch etwas sehr authentisches.
Tschorn hätte nach eigenen Angaben gerne einen Nachfolger für den Laden gefunden, um ihn am Leben zu halten. Das Risiko, damit ein Verlustgeschäft zu machen, habe das Angebot jedoch madig gemacht. Der Laden leide an mangelnder Attraktivität. Dazu gehören auch die langen Arbeitszeiten, die die Position des Inhabers mit sich trägt. Er selbst stehe sechs Tage die Woche, zehn Stunden am Tag hinter dem Tresen.
„Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt der 65-Jährige. Es blieben ihm viele Erinnerungen mit den Kunden, die er mitnehmen wird. Eine sei ihm dabei besonders im Gedächtnis geblieben. „Der Laden ist für viele eine Anlaufstelle zum Quatschen“, erzählt Tschorn. „Einmal haben sich drei Frauen mit ihren Kinderwagen satte anderthalb Stunden im Laden unterhalten.“ Sie hätten nichts gekauft, sagt er. „Ich habe denen dann einen Kaffee gekocht, damit sie dabei weiter plaudern können“. Momente wie dieser sind es, die der Ladeninhaber bei der Arbeit im Einzelhandel besonders genossen hat.
Während sich für den Schreibwarenladen Kaselow im September die Türen schließen, sollen sich für Inhaber Tschorn neue öffnen. Trotz seines unfreiwilligen Abgangs freue er sich auf seine Zukunft. Darin will er sich nicht nur wieder seiner ursprünglichen Arbeit als Handwerker widmen, sondern auch der Musik. Tschorn spielt nämlich in einer Band und kann nun mehr Zeit in seine Leidenschaft investieren. „Ich habe eine spannende Zeit vor mir“, sagt er.
Da kein Nachfolger gefunden wurde, der den Laden so übernehmen könnte, sollen die Räumlichkeiten noch im Herbst neu genutzt werden. Wer oder was dort einzieht, ist noch unbekannt.
Weitere Informationen
Siegfried Tschorn, Inhaber des Schreibwarengeschäfts Egon Kaselow, in der Wilhelm-Röntgen-Straße 10, 28357 Bremen ist telefonisch unter 25 88 88 zu erreichen oder per E-Mail an info@kaselow-online.de.
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