Herr Muras, die Bürgerstiftung Bremen sammelt jetzt Geld für ein Schwimmbecken, wieso das denn?
Eberhard Muras: Es soll ein transportables Becken aus Folie sein, das auf Kita-Gelände, Schulhöfen oder Sportplätzen stehen könnte. Das Schwimmbad kommt zu den Kindern. Diese Idee haben wir zusammen mit dem Landessportbund Bremen, der DLRG und dem Landesschwimmverband entwickelt. Wir waren alle geschockt nach den vielen tödlichen Badeunfällen im vergangenen Sommer. Die Hälfte der Grundschüler in Bremen kann nicht sicher schwimmen. Deshalb wollten wir als Bürgerstiftung etwas tun und haben den Kontakt gesucht zu den drei Fachverbänden. Die waren begeistert und haben uns von Anfang an unterstützt.
Wobei unterstützt?
Wir haben jetzt drei Projekte entwickelt, für die gespendet werden kann: Schwimmbeutel für Kinder aus einkommensschwachen Familien, damit sie sich eher an Schwimmlernkursen beteiligen. Im Beutel sollen Handtuch, Badehose oder Badeanzug und Duschlotion stecken, Kosten: 30 Euro. Außerdem sind einjährige Kurse für Kinder und Jugendliche (zehn bis 18 Jahre) ohne Vorerfahrung geplant, um sie zu sicheren Schwimmern zu machen. Dafür bräuchte man pro Person etwa 180 Euro. Unser Schwerpunktprojekt ist aber die mobile Schwimmschule.
Eine Schwimmschule im Pool?
Das Becken soll schon etwas größer sein, im Auge haben wir ein knapp acht Meter langes Modell aus Kunststoff, vier Meter breit und 80 Zentimeter tief, das alles in allem 30 000 Euro kostet. Wenn es mit der Finanzierung klappt, sollen darin im Juni die ersten Kinder ans Wasser gewöhnt werden, natürlich unter Aufsicht von Fachpersonal. Wir denken dabei an Kinder, die im letzten Kita-Jahr sind, also Fünf- bis Sechsjährige. Sie sollen den Spaß am Baden entdecken, ihre Ängste verlieren, aber auch lernen, wie gefährlich Wasser sein kann und dass sie nicht allein hineingehen dürfen.
Wassergewöhnung ist kein Schwimmkursus.
Nein, das soll ein allererster Schritt sein zum sicheren Schwimmen. Unser Plan ist, die Kita-Kinder zwei Wochen lang im Becken mit dem Element Wasser vertraut zu machen und dann zweimal mit ihnen ins Schwimmbad zu gehen. Nach diesen vier Wochen könnten sie das Seepferdchen-Abzeichen bekommen, was aber nur ein Anfang ist. Erst das Bronze- oder Goldabzeichen macht Kinder zu sicheren Schwimmern.
Welche Kita-Kinder sollen am Projekt teilnehmen?
Wir wollen die Kinder nicht aussortieren. Ob sie aus einkommensschwachen Familien kommen oder nicht, spielt keine Rolle. Alle Kinder im letzten Jahr der jeweiligen Kita sollen mitmachen können. Das ist auch die Position des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder in Bremen, der Verband mit seinen 65 Kitas will sich am Projekt beteiligen und hat dafür 10 000 Euro gespendet. Im Huchtinger Kindergarten St. Georg soll das Becken erst einmal stehen. Das ist unser Pilotprojekt. Auch Kinder aus anderen Kitas in der Nähe könnten es eventuell nutzen. Wir planen, in vier Wochen 60 bis 72 Kinder zur Seepferdchen-Reife zu bringen.
Der Auf- und Abbau oder auch der Transport ist kein Problem?
Wir sind mit Logistikfirmen im Gespräch, auch das THW will uns unterstützen. Das ist so fantastisch am Projekt „Schwimm mit uns! – Bremen gemeinsam bewegen“: Es hat uns noch keiner weggeschickt, überall stoßen wir auf Interesse und Unterstützung.
Aber es fehlt noch viel Geld?
Deshalb laden wir zur Benefizveranstaltung am 12. März, 17 Uhr, ein – an einem tollen Ort, dem Goldenen Saal des Atlantic Grand Hotels, mit toller Musik von Schubert bis Piazzolla für ein tolles Projekt. Es gibt noch Karten. Wer will, kann auch direkt auf der Internetseite der Bürgerstiftung spenden. Wir freuen uns über jeden Euro. Mein Traum ist ja, dass jeder Bremer einmal im Jahr einen Euro spendet. Mit dem Geld könnten wir so viel machen. In dieser Stadt dürfen wir uns gegenseitig nicht vergessen, das ist unser Leitmotiv. Keiner darf verloren gehen.
Mit Ihren Schwimmprojekten entlasten Sie die Stadtgemeinde, die offenbar zu wenig unternimmt. Sie springen für sie in die Bresche?
Nein, wir wollen die Stadt nicht entlasten, sie muss mehr tun. Aber wir wollen uns jetzt erst einmal um die Kinder kümmern, besonders in finanziell schwächeren Stadtteilen. Dass die Stadt ihrer Aufgabe nachkommen muss, mehr und früheren Schwimmunterricht zu ermöglichen, steht außer Frage. Da wollen wir schon den Finger in die Wunde legen.
Was kritisieren Sie besonders?
Wir haben in Bremen zu wenig Bäder, der Eintritt ist teuer, besonders für Familien, und das Angebot an Schwimmkursen ist knapp. Auch wenn Schwimmunterricht ab zweiter Klasse kommen sollte, wird der nicht für Kinder reichen, die bis dahin kaum Wasserkontakt hatten.
Müssen nicht auch Eltern in die Pflicht genommen werden?
Vorwürfe bringen nichts. Manche haben das Schwimmen nie gelernt, wissen auch nicht, wie wichtig es für die Gesundheit und soziale Kontakte ihrer Kinder ist. Deshalb müssen wir mit den Eltern zusammenarbeiten und sie für das Thema sensibilisieren. Mein Traum ist, dass 2025 jedes Bremer Kita-Kind das Seepferdchen-Abzeichen hat.
Die Fragen stellte Elke Hoesmann.
Eberhard Muras ist Vorsitzender der Bürgerstiftung Bremen. 2002 ins Leben gerufen, initiiert und fördert die Stiftung unter dem Motto „Bremen gemeinsam bewegen“ viele Projekte und verleiht jährlich den Hilde-Adolf-Preis.