In Zukunft könnte der Arbeitstag im Büro für viele Menschen ein bisschen anders beginnen. Denn es gibt einen Trend – weg von festen Schreibtischen. Gerade dort, wo neue Büroformen erprobt werden, ist er zu beobachten. Die Suche nach einem Arbeitsplatz wird auch für die Mieter in Bremens neustem Coworking-Büro Alltag sein.
Sein „Handtuch auf einen Stuhl“ zu werfen wie deutsche Touristen im Urlaub, darum gehe es hier eben nicht, sagt René Weber vom Büroentwickler BKE Fislage aus Ritterhude. Zusammen mit Christo Papanouskas von der Agentur Assassin Design hat er das Konzept für die Räume im Kontorhaus in der Langenstraße entwickelt. Am Mittwoch ist dort das Büro „Work 15“ eröffnet worden.
Auswahl an Arbeitsplätzen gibt es genug: Gruppentische, gemütliche Sessel oder Schreibtische hinter Sichtschutzwänden. Wer sich ganz zurückziehen möchte, der kann sich in einem kleinen roten Häuschen auf einen Sitzsack fallen lassen. „Ich muss mich aktiv für einen Platz entscheiden“, erklärt Papanouskas den Ansatz. Im Büro mit betont lässiger Atmosphäre sei allerdings nicht nur das gemeinsame Vernetzen der Mieter wichtig – ein Teil der Philosophie von Coworking. Zudem gehe es darum, etwas über die Arbeitsformen der Zukunft zu verstehen. „Das ist eine Art Labor“, sagt Papanouskas.
Papanouskas hofft auf eine „wilde Mischung“, damit sich Mieter aus verschiedenen Branchen und mit verschiedenen Fähigkeiten treffen. Seine Agentur aus Hamburg bringt Unternehmen neue Arbeitsmethoden bei. Für Mercedes hat Papanouskas aber auch ein Innovationslabor in Bremen aufgebaut.
Im Monat kostet der Arbeitsplatz im neuen Büro 150 Euro, am Tag 15 Euro. Aus diesem Preismodell ist der Name „Work 15“ entstanden. Zwölf Coworker finden hier Platz. Damit ist das Büro überschaubar. Größere Flächen bieten dagegen die Konkurrenten von Rent24 und Spaces. Sowieso gibt es in Bremen bereits ein buntes Angebot an Coworking.
Im Kontorhaus soll vor allem alles im Fluss bleiben. Die Menschen sollen miteinander ins Gespräch gebracht und dafür alles immer wieder umgebaut werden. „Wenn es gut läuft, wird es sich ständig verändern“, sagt René Weber. Allerdings gibt er zu, dass für sein Unternehmen schon die Zusammenarbeit mit Assassin Design ein kleines Abenteuer war. Dabei seien zwei Welten aufeinander getroffen: Intuition hier, Vorbereitung dort. Das sei spannend gewesen zu beobachten: „Oh mein Gott! Die haben gar keinen Plan!“
„Wie tickt der Betrieb?“
Als Experte für Gestaltung begleitet BKE Fislage seit 1997 Unternehmen. Um die Arbeit auch in Bremen zu zeigen, gab es bereits die Idee für einen Showroom. „Das ist aber viel besser“, sagt Tim Baltruschat zum Gemeinschaftsprojekt mit Assassin Design. Während Konzerne es schon länger verstanden hätten, komme es auch im Mittelstand langsam an, dass die Gestaltung der Büros wichtig sei. Für ihn und seine Kollegen gehe es zum Auftakt darum, zu verstehen, was die DNA eines Unternehmens ist: „Wie tickt der Betrieb?“
Für Baltruschat ist klar, dass sich der Blick auf die Arbeit insgesamt verändern muss. Denn die passiere entgegen der Vorstellung vieler Menschen nicht nur am Schreibtisch: Mitarbeiter könnten oft viel effizienter sein, wenn sie zwischendrin aufstehen und sich austauschen. „Wir müssen immer schneller werden mit dem digitalen Wandel. Kommunikation ist da das A und O.“
In Ritterhude beschäftigt BKE Fislage 30 Mitarbeiter. Im neuen Büro in der Bremer Innenstadt soll es ebenfalls einen Platz für Mitarbeiter geben. „Die Arbeit der Zukunft ist dezentral“, sagt Baltruschat. „Wir glauben ganz fest daran. Büros hören nicht auf zu existieren, aber sie werden anders aussehen.“
In diesem Fall verhängen im „Work 15“ Tücher die Decke, um Büchsen und Löcher zu kaschieren und ein angenehmes Licht zu schaffen. Es steht ein Schreibtischstuhl mit dem Aufdruck „Superheld“ herum, im Schaufenster kleben bunte Post-it-Zettel, es reihen sich dicke Bildbände über Künstler und Design („Wie Architekten wohnen“) aneinander.
Das Experiment ist zunächst begrenzt. Schließlich gibt es für das von Christian Jacobs erworbene Kontorhaus bereits Pläne. Wenn das Projekt erfolgreich ist, könnte es dennoch weiter gehen – wenn nicht hier, vielleicht anderswo. Wieder geht es auf die Suche.