Erstmals seit Jahren hat die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) auf glyphosathaltige Unkrautvernichter verzichtet. Stattdessen kam das Herbizid Katana aufs Schotterbett. Knapp drei Kilogramm des Pflanzengifts mit dem Wirkstoff Flazasulfuron ließ die BSAG im Frühjahr verteilen, um die Gleisanlagen von Bewuchs zu befreien.
Freiwillig aber hat sie nicht umgesattelt. Es war vielmehr der Pflanzenschutzdienst des Landes, der einen BSAG-Antrag auf Ausbringen von Glyphosat ablehnte. Begründet wurde dies mit einem neuen Bürgerschaftsbeschluss. SPD, Grüne und Linke im Landesparlament hatten der BSAG vergangenen Dezember einen Denkzettel verpasst.
Das kommunale Verkehrsunternehmen soll keine Produkte mit Glyphosat mehr verwenden, wurde beschlossen. Außerdem sollen für diese Mittel keine weiteren Nutzungsgenehmigungen in Bremen ausgestellt werden. Kurz vor dem Votum hatte der WESER-KURIER berichtet, dass die BSAG zweimal jährlich glyphosathaltige Unkrautvernichter aufs Gleisbett bringt – insgesamt knapp 120 Liter auf zwölf Hektar.
Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen, die Umwelt zu belasten und indirekt zum Artensterben beizutragen. Das ist aber strittig; die EU-Kommission beispielsweise verlängerte Ende 2017 die Zulassung des Totalherbizids um fünf Jahre. Dass die BSAG nun auf das Pflanzenschutzmittel Katana ausweicht, löst bei Umweltschützern wenig Begeisterung aus.
Katana ist für alle Wasserorganismen giftig, Reste des Wirkstoffs dürfen nicht in die Kanalisation und die Gewässer gelangen. Es sei der falsche Ansatz, jetzt andere chemische Mittel als Glyphosat zu nutzen, kritisiert auf Nachfrage eine Sprecherin des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN) in Hamburg. PAN wie auch der Umweltverband BUND empfehlen mechanische oder thermische Methoden zur Unkrautbekämpfung.
"Allerdings besteht hier noch Forschungsbedarf", räumt Katrin Wenz ein, Sprecherin für Argrarpolitik beim BUND-Bundesverband in Berlin. Das sieht die Deutsche Bahn ähnlich. Sie ist mit Abstand der größte Glyphosat-Nutzer in Bremen wie auch bundesweit; bei der DB wird Flazasulfuron in Kombination mit Glyphosat eingesetzt.
Unklar, wie es im Herbst weitergeht
Derzeit seien weder thermische noch mechanische Verfahren eine Alternative, betont eine DB-Sprecherin auf Anfrage. Es seien bereits verschiedene nicht-chemische Verfahren getestet worden, etwa mit flüssigem Stickstoff, Heißdampf, Mikrowellen, Hochfrequenzenergie und elektrischen Energiefeldern. Die Ergebnisse gefielen der Bahn nicht: Die Verfahren dauerten deutlich länger, "und die Energiebilanz ist schlechter", so die Sprecherin.
Auch aus Sicht des Bremer Pflanzenschutzdienstes fehlen noch "zumutbare nicht-chemische Bekämpfungsmethoden". Deshalb, so das zuständige Gesundheitsressort, habe der Dienst der BSAG den Einsatz anderer chemischer Unkrautvernichter genehmigt. Der Landesdienst muss immer eingeschaltet werden, wenn es um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf sogenanntem Nichtkulturland geht.
Er erteilt dann gegebenenfalls Ausnahmegenehmigungen. Für die DB-Strecken in Bremen ist er jedoch nicht zuständig, sondern das Eisenbahnbundesamt Noch ist unklar, womit die BSAG im Herbst das Unkraut killen wird. "Wir sind derzeit in der Abstimmung mit dem Pflanzenschutzdienst", sagt Andreas Holling, Pressesprecher des kommunalen Verkehrsunternehmens.
Holling betont, die BSAG verwende chemische Mittel nur dort, wo es absolut notwendig sei. Würde auf diese Unkrautvernichter auf den Schotterstrecken verzichtet, wären die Stabilität der Anlagen und damit die Verkehrssicherheit in Gefahr. Ein externer Dienstleister übernimmt für die BSAG den Einsatz. Mit einem Unimog befahren die Spezialisten dann das Gleis.
Die Substanz werde direkt auf das Schotterbett verteilt, erläutert Holling, so gebe es keinen Sprühnebel. Etwa eine Woche später welken die Pflanzen und sterben ab. Der Dienstleister protokolliert den Einsatz, der Pflanzenschutzdienst erhält die Aufzeichnungen. Laut Gesundheitsbehörde nahm der Dienst sogar eine Bodenprobe, um zu überprüfen, dass kein Glyphosat im Spiel war.
Kampf gegen Wildwuchs ohne Chemie – in kleinerem Umfang wird das in Bremen schon seit Längerem praktiziert. Auf Glyphosat und andere Pflanzenschutzmittel verzichten zum Beispiel der Umweltbetrieb oder Werder Bremen. Und bereits seit etlichen Jahren wird am Flughafen das Unkraut mit heißem Schaum oder heißem Wasser niedergemacht. Auch Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) will nun den Glyphosat-Einsatz erheblich einschränken – aber wohl nicht im Gleisbereich: Ihre für nächstes Jahr geplante Verordnung soll kein Anwendungsverbot für die Deutsche Bahn enthalten.